zurück
Würzburg
Massenentlassungen beim Versandhandel  Gebrüder Götz: In Würzburg wird die Logistik stillgelegt
Drastische Umsatzeinbußen in der Branche sind wohl der Grund für zahlreiche Kündigungen beim Versandhandel des einstigen Traditionsunternehmens. Was bleibt am Standort Würzburg übrig?
Der Versandhandel des Würzburger Unternehmens Gebrüder Götz hat zahlreiche Entlassungen vorgenommen. Schon länger kämpfte das Unternehmen mit existenziellen Problemen.
Foto: Benjamin Brückner | Der Versandhandel des Würzburger Unternehmens Gebrüder Götz hat zahlreiche Entlassungen vorgenommen. Schon länger kämpfte das Unternehmen mit existenziellen Problemen.
Katja Glatzer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:27 Uhr

Der Versuch, den Versandhandel des traditionsreichen Würzburger Modeunternehmens Gebrüder Götz zu retten, scheint sich schwieriger zu gestalten als gedacht. Der Redaktion liegen Dokumente eines Arbeitnehmers vor, in denen es heißt, "dass eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen betriebsbedingt gekündigt werden muss".  Eine erneute "Restrukturierung der Gebrüder Götz GmbH im Rahmen der Eigenverwaltung inklusive der Stilllegung der gesamten Logistik und weiterer Bereiche" sei erforderlich.

Es sei dem Unternehmen, so heißt es in dem Schreiben, "sehr daran gelegen, die Umsetzung der Restrukturierung ordnungsgemäß abzuwickeln". Dazu sei die "Mitarbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtig". Die Arbeitsverhältnisse würden "nach Maßgaben des Interessensausgleichs betriebsbedingt gekündigt". Die "engagierte Mitarbeit" wolle das Unternehmen mit Halte- und Anwesenheitsprämien belohnen.  

Gewerkschaft Verdi spricht von "Massenentlassungen"

Einem Mitarbeiter des Versandhandels zufolge gingen die Kündigungen zum 31. März ein. Das Arbeitsverhältnis zahlreicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Versandhandels im Gewerbegebiet am Neuen Hafen wird demnach zum 30. Juni dieses Jahres aufgelöst.     

Verdi-Gewerkschaftssekretär Peter König, zuständig für das Gebiet Würzburg-Aschaffenburg, spricht von "Massenentlassungen" durch das Unternehmen. Die Kündigungen seien - wie bei Entlassungen in hoher Anzahl gesetzlich verpflichtend - bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet worden. Man spreche hier von sogenannten "anzeigepflichtigen Entlassungen", sagt König. "Wir haben natürlich auch Mitglieder, die betroffen sind, sich an uns wenden und auch rechtlich beraten werden." 

Geschäftsführung des Versandhandels äußert sich zum Stellenabbau

Auf Nachfrage bei der Geschäftsführung des Versandhandels verweist der Kaufmännische Leiter zunächst auf das laufende Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Auf erneute Bitte um eine Stellungnahme bestätigt Geschäftsführer Steffen Liebich: Ja, es seien 80 bis 90 Arbeitsplätze gekündigt worden. Der Logistik-Bereich werde in Würzburg stillgelegt, von nun an werde sich ein externer Dienstleister mit Sitz in Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern) um die logistischen Belange kümmern.

Das heißt auch: Der Versandhandel selbst wird weiterlaufen. Laut Liebich bleiben in Würzburg  Bereiche wie Marketing, Verkauf oder operatives Management "mit zwischen 20 bis 30 Mitarbeitern erhalten". Dazu sei man gerade in Verhandlungen für eine geeignete Immobilie, sagt Liebich, der im Sommer 2022 als Investor in das Unternehmen eingestiegen ist. Er ist unter anderem Inhaber der Schuhkette Leiser, Anika Schuh und Schuhkay.

Unternehmen Gebrüder Götz hatte seit 2019 immer wieder existenzielle Probleme

Das 1939 gegründete Unternehmen Gebrüder Götz war als klassischer Katalogversandhändler weit über die Region hinaus bekannt geworden, vor allem für Schuhe. Im Fokus der vergangenen Jahre stand der Ausbau und die Weiterentwicklung des Online-Geschäfts des Unternehmens. Schon seit 2019 hatte das Würzburger Modehaus aber immer wieder existenzielle Probleme. Für den Versandhandel sollte eine zunächst auf zwei Jahre angelegte Sanierung die Krise entschärfen und eine Insolvenz verhindern.

Im März 2022 wurde dann doch ein Insolvenzverfahren eröffnet: Das Unternehmen reichte beim Amtsgericht Würzburg einen Antrag ein, um sich in Eigenverwaltung bis zum Sommer zu sanieren. Als Grund nannte die Geschäftsführung in einer Pressemitteilung die im ersten Quartal 2022 "deutlich spürbare Zurückhaltung beim Kaufverhalten der Kunden aufgrund der zunehmenden wirtschaftlichen Unsicherheit, die zuletzt durch die Ukraine-Krise noch einmal verschärft wurden".

Der stationäre Handel sei vom Insolvenzverfahren ausgeschlossen, erklärte der Rechtsanwalt und damalige Sachverwalter des Verfahrens, Matthias Reinel, damals auf Nachfrage. Die Gebrüder Götz GmbH & Co. KG hatten ihr Modehaus im Würzburger Stadtteil Zellerau bereits Ende 2020 an die Walter-Gruppe aus Westerheim bei Ulm verkauft.  

Nach erstem Insolvenzverfahren: Hoffnung durch neuen Investor

Hoffnung für den Versandhandel brachte im Sommer 2022 eben der neue Investor. Doch schon im Oktober, nur wenige Monate nach Abschluss des ersten Insolvenzverfahrens, wurde laut des Nachrichtenportals "Textil-Wirtschaft" zum zweiten Mal in 2022 ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Von etwa 160 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen war da die Rede, die für den Betrieb arbeiten.

Geschäftsführer: drastische wirtschaftliche Entwicklung "in dieser Schnelligkeit" nicht erwartet

Als Begründung für die Entscheidung, den logistischen Bereich auszugliedern, gibt Geschäftsführer Liebich jetzt die drastische wirtschaftliche Entwicklung in der Branche an: "Dass es so rasant bergab geht, habe ich in dieser Schnelligkeit nicht kommen sehen." Verbraucher und Verbraucherinnen seien wegen der starken Inflation verunsichert und kauften zurückhaltender, sagt Liebich. Er und sein Leitungsteam hätten sich gezwungen gesehen, die Unternehmensplanungen "deutlich anzupassen".

Mit der Familie Götz, Eigentümer der Räume am Neuen Hafen, sei vereinbart, den Mietvertrag nicht zu verlängern. Durch den Dienstleister in Neustrelitz, der zu Liebichs eigenen Unternehmen gehört, sei man flexibler und könne sich der Umsatzentwicklung des Versandhandels besser anpassen.        

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Unterdürrbach
Zellerau
Katja Glatzer
Amtsgericht Würzburg
Bundesagentur für Arbeit
Entlassungen
Massenentlassungen
Modehäuser
Versandhandel
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • luherold@kabelmail.de
    Man wundert sich schon über die im Bericht gemachten Aussagen zum Aus der GG-Logistik in Würzburg, wenn man gleichzeitig auch die Begründungen kennt, die den GG-Beschäftigten in einer Betriebsversammlung vom März mitgeteilt wurden.
    Dort begründete man das Aus der Logistik mit der mangelnden Bereitschaft der Eigentümerfamilie des Grundstückes und des Gebäudes für eine Verlängerung des Mietvertrages zum 31.12.2023 hinaus, da eine Verkaufsabsicht im Raume stehe. Auch wurde den GG-Beschäftigten der Logistik noch Anfang des Jahres mitgeteilt, dass die Beschäftigungsverhältnisse sicher seien. Mittlerweile wurde allen Beschäftigten der Logistik zum 30.06.2023 gekündigt. Man fragt sich, wem oder was man hier noch glauben kann.
    Interessant wäre es auch zu erfahren, wie es mit dem Grundstück und dem Gebäude in der Otto-Hahn-Str. weiter geht. Gab oder gibt es wirklich einen Kaufinteressenten, oder ist das Grundstück bereits verkauft?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • wasisnlosda21
    Ich schließe aus dem Kommentar von „PKD“ zu dem jetzigen Eigner des Versandhandels nichts Gutes für die Mitarbeiter.
    Wo nichts ist, kann auch nichts kommen -oder?

    Halteprämien ???
    Vertrauen geht für mich anders
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • 91189
    Es heißt Sachwalter und nicht Sachverwalter.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • roswitha.oehrlein@aol.com
    Oder meinten Sie Sackhalter?🤷‍♂️
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ralfestenfeld@aol.com
    Es glaubt doch kein Mensch, dass die Verlagerung des Logistikbereichs nicht schon vor längerer Zeit im Kopf des neuen Geschäftsführers war. Wetten? (= Chance größer 6er im Lotto!)
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • clubfan2@gmx.de
    Das war doch schon lange vorher zu sehen.
    Schade das man die Mitarbeiter wieder übers Ohr gehauen hat...
    Die sollen verzichten...Das es weiter geht..
    BlaBla...
    Ihren Job sind die ja jetzt trotzdem los...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • familie.diener@gmx.net
    Hört sich wirklich nicht sehr gut an traurig
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • jebusara@web.de
    Die Logistik sucht Hände ringend Mitarbeiter. Es dürfte somit kein Problem sein, einen neuen Job zu finden!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Ich hab mal in die Bilanzen von Leiser, Anika Schuh und Schuhkay geschaut.
    Leiser ist seit 2017 nach Insolvenz nicht mehr real existent, ist wie Schuhkay eine Handelsmarke der Anika Schuh.
    Anika Schuh machte 2018 3,1 Millionen Euro Verlust, ging schon 2017 in Insolvenz. 2020 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben. Neu Geschäftszahlen sind noch nicht veröffentlicht.
    So viel zu der Hoffnung auf Besserung für die verbliebenen Götz Mitarbeiter.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • luherold@kabelmail.de
    Hallo @winnem, solch aufbauende Worte sind genau das, was die Beschäftigten jetzt brauchen.
    Vielleicht lieber einmal mehr Gehirn einschalten und auf manchen Kommentar verzichten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • info@softrie.de
    Also ist Götz in drei Jahren allerspätestens Tod
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • steffen.cyran@freenet.de
    Sie meinen wohl "tot". Nein, so lange dauert das nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • bobmannschaft@t-online.de
    Ich denke Götz ist seit Jahren am sterben, aber Tod werden sie erst noch sein.

    Wieviele Insolvenzen soll das Traditionsunternehmen noch überleben?

    Sehr schade, wirklich sehr schade. Hoffentlich bleibt das Hauptgeschäft in der Zellerau bestehen, wobei die ja dieses sicher schon immer vom Versandhandel quer subventioniert wurde.

    Gebrüder Götz GmbH, Würzburg befindet sich wie beschrieben in der Insolvenz in Eigenverantwortung von Steffen Liebig, der ist der GF von zig “Kairoxxxx”-Unternehmen, nachzusehen bei www.northdata.de

    Die Österreicher sollen in solchen Dingen ja sehr findig sein. Das wäre wohl die letzte Rettung.
    So hatte ja auch der XXXL Neubert gestartet…. Viele Entlassungen….und jeder rennt hin und das in ganz Deutschland.

    Viel Glück auch an die Mitarbeiter bei Leoni.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • bobmannschaft@t-online.de
    Kommentar wurde bereits veröffentlicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten