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Würzburg
Autsch, Rückenschmerzen! Würzburger Orthopäde gibt Tipps, wie Eltern Kinder leichter heben und tragen
Das Problem kennen Mütter und Väter: Kind kann laufen, will aber nicht. Tragen, auch wenn's ins Kreuz geht? Mediziner Jonas Limmer erklärt, wie man Schmerzen vermeidet.
Dr. Jonas Limmer, Assistenzarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie an der Klinik König-Ludwig-Haus in Würzburg, erklärt, wie Eltern ihren Rücken im Alltag mit Kindern schonen können.
Foto: Silvia Gralla | Dr. Jonas Limmer, Assistenzarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie an der Klinik König-Ludwig-Haus in Würzburg, erklärt, wie Eltern ihren Rücken im Alltag mit Kindern schonen können.
Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 20:50 Uhr

Ein Berg Spielzeug muss mit, Wechselkleidung auch. Dazu noch Proviant, das Dreirad und der Lieblingsteddy. Und das Kind kann, aber will nicht laufen. Also trägt eben Mama oder Papa – und der Rücken ächzt. Was lässt sich dagegen tun? Wie können Eltern ihren Rücken schonen? Dr. Jonas Limmer, Assistenzarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie an der Klinik König-Ludwig-Haus in Würzburg, erklärt, ob das Tragen auf dem Bauch oder Rücken gesünder ist. Und er sagt, was er von Joggen mit Kinderwagen hält und wie man mit drei einfachen Übungen Schmerzen vorbeugen kann.

Frage: Wie trägt man Kinder rückenschonend?

Dr. Jonas Limmer: Das kommt prinzipiell auf das Alter und das Gewicht des Kindes an. Generell ist es wichtig, dass man die Trageposition regelmäßig wechselt, gerade wenn man das Kind länger trägt. Im Idealfall sollte man mal vorne auf dem Bauch, mal auf dem Rücken oder auch mal seitlich auf dem Beckenkamm tragen.

Es gibt dafür diverse Tragesysteme. Ist es gesünder, Kinder vorne auf dem Bauch oder auf dem Rücken zu tragen?

Limmer: Auch das hängt vom Alter des Kindes ab und von der körperlichen Konstitution der Eltern. Die Tragesysteme sind abgestuft und an die Entwicklung der Kinder angepasst: Das erste halbe Jahr werden Kinder meist auf dem Bauch getragen, weil sie noch nicht die erforderliche Stabilität und Kontrolle über Rumpf und Kopf haben. Später ändert sich das auf natürliche Weise. Voraussetzung ist immer, dass das Tragesystem korrekt angelegt ist. Ab etwa zehn Kilogramm Gewicht ist das Tragen auf dem Rücken für die Eltern sicher rückenschonender.

Auf dem Bauch oder Rücken: Wie tragen Eltern ihre Kinder am gesündesten?
Foto: Getty Images | Auf dem Bauch oder Rücken: Wie tragen Eltern ihre Kinder am gesündesten?
Und welche Trageposition ist für das Kind besser?

Limmer: Für das Kind ist es ab einem Alter von einem halben Jahr relativ egal. Dann richtet sich die Wirbelsäule des Kindes mehr und mehr auf und die Trageposition hat keinen negativen Einfluss. Aber auch das ist individuell an die Kindesentwicklung anzupassen.

Welche Muskelgruppen werden beim Tragen und Heben vor allem beansprucht?

Limmer: Wichtig ist die Stabilität der Körpermitte, denn belastet werden vor allem die Bauchmuskeln, die Rückenstrecker und auch die hinteren Oberschenkelmuskeln. Auch der Beckenboden ist ein Stabilisator. Wenn man also beim Heben und Tragen den Bauch anspannt und die Gesäßmuskulatur zusammenzieht, ergibt das schon einmal ein relativ festes Grundgerüst.

Wer rückenkrank war, lernt rückenschonendes Heben. Funktioniert das mit Kindern?

Limmer: Grundsätzlich muss man sagen: Es ist nicht nachgewiesen, dass Heben aus einer gebückten Haltung zu Rückenschmerzen führt. Allerdings weiß man, dass sich dabei die Last auf die Bandscheiben um ein Vielfaches multipliziert. Deshalb ist es sicher besser, große Lasten mit geradem Rücken zu heben, in die Knie zu gehen und aus den Oberschenkeln die Kraft zu ziehen. Auch sollte man versuchen, den Hebel zu verkürzen und nicht mit ausgestreckten, sondern mit angewinkelten Armen dicht am Körper das Kind hochzuheben.

Häufig die Trageposition zu wechseln, kann den Rücken schonen.
Foto: Getty Images | Häufig die Trageposition zu wechseln, kann den Rücken schonen.
Wie realistisch ist das im Umgang mit Kindern? Wenn das Kleine mit voller Wucht angerannt kommt, kann man doch schlecht sagen, warte, ich muss auf meinen Rücken achten?

Limmer: Das stimmt und es nicht möglich, alles mit geradem Rücken zu heben. Sofern man einen gesunden Rücken hat, ist Heben und Tragen auch unproblematisch. Statistisch gesehen werden mehr als zwei Drittel aller Menschen einmal im Leben von Rückenschmerzen geplagt – der Großteil davon ist unspezifisch und verschwindet wieder von selbst. Das heißt, man muss nicht sofort in Panik geraten, wenn etwas zwickt. Häufig lassen sich Beschwerden mit konservativen Möglichkeiten gut behandeln.

Und wie schafft man es, die Spielstunde auf dem Boden kniend und kauernd ohne Schmerzen zu überstehen?

Limmer: Da sollte man versuchen, nicht zu lange in derselben Position zu verharren. Mal sitzen, mal hocken, mal knien. Und am besten zwischendurch immer wieder den Rücken entlasten, indem man kurz aufsteht oder sich etwas aufrichtet. Bewegung hilft eigentlich fast immer.

Viele junge Eltern joggen deshalb zum Ausgleich mit Kinderwagen – ist das gesund?

Limmer: Prinzipiell ist Joggen eine gesunde Tätigkeit für den Rücken, weil die rhythmische Belastung die Ernährung der Bandscheibe unterstützt. Beim Joggen mit Kinderwagen muss man jedoch einhändig schieben, man hat ein zusätzliches Gewicht und läuft leicht seitlich versetzt. Für den ungeübten Läufer sind das Komponenten, die den normalen Rhythmus erschweren und das kann zu einer einseitigen oder falschen Belastung führen. Wer vorher nicht viel gelaufen ist, sollte sich das deshalb genau überlegen. Geübte Läufer aber können sich so gut fit halten – wichtig ist, dass sie die Hände beim Schieben regelmäßig wechseln.

Das Problem ist, dass Eltern oft die Zeit für den Sport fehlt. Mit welchen drei Übungen kann man ohne großen Aufwand seinen Rücken kräftigen?

Limmer: Eine super Übung ist der Unterarmstütz oder "Plank". Dabei bildet man auf Fußspitzen und Unterarmen eine waagrechte Position und hält diese beispielsweise 30 bis 60 Sekunden. Das kräftigt die Bauchmuskeln und die Gesäßmuskulatur. Eine zweite Übung nennt sich "Bird & Dog": Man führt hier im Vierfüßlerstand die gegenüberliegenden Arme und Beine in die Waagrechte und wieder unter dem Rumpf zusammen, je Seite etwa eine halbe Minute lang. Wichtig dabei ist ein gerader Rücken.

Und die dritte Übung?

Limmer: Da empfehle ich "Hip Raises": Dabei drückt man aus der Rückenlage mit angewinkelten Beinen das Becken immer wieder nach oben, um es dann wieder abzusenken. Zum Beispiel 30 Mal pro Satz. So trainiert man die gesamte Muskulatur der Lendenwirbelsäule, Gesäß- und Bauchmuskulatur. Ich würde zwei bis drei Mal pro Woche drei Sätze dieser drei Übungen empfehlen.

 
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