Sich unbemerkt an das Ochsenfurter Freibad anzupirschen, ist für Günther Rapsch quasi unmöglich. Sobald er vor Ort ist, muss er Fragen beantworten, denn Rapsch ist im Kommunalunternehmen der Stadt Ochsenfurt (KSO) für den Betrieb des Maininselbades zuständig. Und Fragen gibt es immer, seit das Bad unter Corona-Bedingungen wieder für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Fast immer geht es um das Online-Buchungssystem, das meistens, aber eben nicht immer, zur Zufriedenheit der Badegäste funktioniert.
Dieses Buchungssystem ist ein zentraler Faktor beim Betrieb unter den besonderen Voraussetzungen, die die Pandemie erfordert. Denn erstens erhält das Personal damit einen Überblick über den Füllstand des Bades, der aktuell 1200 Personen nicht überschreiten darf, und zweitens verringert die Vorab-Bezahlung Schlangenbildung an der Kasse.
Tatsächlich wandern an diesem sommerlichen Nachmittag die ankommenden Badegäste zügig durch die Kasse. Den Andrang würde Günther Rapsch allerdings höchstens als "moderat" bezeichnen. Wie es am Eingang aussehen wird, wenn erst die Sommerferien begonnen haben und das Wetter heiß ist, werde sich noch zeigen müssen, meint Rapsch. "Anfangs hatten wir einen Sicherheitsdienst an der Kasse, der hätte eingreifen können, wenn es zu langen Schlangen ohne Mindestabstand zwischen den Leuten gekommen wäre". Weil die Leute sich vernünftig verhielten, sei diese Person aktuell nicht vonnöten. Bei Bedarf werde sie ihren Posten aber wieder einnehmen.
Auf dem Weg von der Kasse bis zum Liegebereich heißt es erst einmal gefilterte Luft atmen, denn auf dem "Brückengebäude" genannten überdachten Bereich mit den WCs, Duschen und Umkleiden herrscht Maskenpflicht. Dort ist gerade die Reinigungsdame mit ihrem Desinfektionsmittel samt Putztuch im Einsatz. Den ganzen Tag über säubert sie die Flächen, die von vielen Menschen berührt werden: Türklinken und Handläufe vor allem, immer wieder. Anstrengend sei das, sagt sie. Wegen der Maske, die auch sie die ganze Zeit tragen muss.
Das Freibad erinnert entfernt an einen Parcours, auf dem Schulkinder Verkehrsregeln und Fahrradfahren lernen. Blaue Pfeile und rote Balken deuten an, dass nur auf einer Seite in eine bestimmte Richtung gegangen werden darf, und zurück auf der anderen. Mit diesen groben Richtungsvorgaben will das Freibad-Team erreichen, dass sich die Badegäste möglichst wenig begegnen. Das ist das Ziel aller Bemühungen. Denn das Coronavirus, weiß Günther Rapsch, wird hauptsächlich per Tröpfcheninfektion und Aerosole über die Luft von einer Person zur nächsten weiter getragen.
Immerhin beim vorinstallierten Fön und den Steckdosen haben die Verantwortlichen die ursprünglichen Regelungen etwas gelockert. Haare trocknen sei jetzt möglich, sagt Rapsch, denn viel Frischluft durchströme diesen Bereich und zerstreue hoffentlich auch etwaige Coronaviren zügig. Der Schilderwald setzt sich vor dem Kiosk fort, wo Badegäste um einen Imbiss anstehen - mit Abstand und Maske, versteht sich. Günther Rapsch ist ein großer Freund der Schilder. Man müsse, sagt er, den Badegästen eben immer und immer wieder die geltenden Regeln in Erinnerung rufen.
Auf der Liegewiese hat die Gesichtsmaske erst einmal Pause. Die Beschilderung nicht. Richtungspfeile weisen auch an den Duschen vor den Beckenbereichen, die derzeit als einzige nutzbar sind, auf die gewünschte Laufrichtung hin. In den Umkleide-Häuschen, die sich über die Liegewiese verteilen, sind Desinfektionsmittelspender angebracht. Einer davon sei offenbar kürzlich von Unbekannten demoliert worden, grollt Rapsch. Wenn so jemand erwischt werde, dürfe er sich nicht wundern, wenn er für den Rest der Saison vom Schwimmbadbesuch ausgeschlossen würde.
Sinnlose Zerstörungswut ist aber zum Glück die Ausnahme im Ochsenfurter Freibad. An diesem Nachmittag ist die Liegewiese hauptsächlich von Familien besetzt, die in angemessenem Abstand voneinander ihre Decken ausgebreitet haben und das schöne Wetter genießen. Wären die Schilder nicht, sähe es hier aus wie in jedem anderen Sommer.
Der Andrang in den Schwimmbecken hält sich ebenfalls in Grenzen. Dass dort alles glatt läuft, dafür sind Siegfried Pregitzer und Bernd Viertel zuständig. Das Hauptaugenmerk der beiden Bademeister liegt, wie vor der Coronakrise, auf der Sicherheit der Badegäste. Wenn sich beispielsweise unsichere Schwimmer, meist sind das Kinder, im tiefen Becken ängstlich am Rand entlang hangeln, schauen sie besonders aufmerksam hin und unterbinden solche Versuche.
Chlorwasser tötet die Viren
Daneben müssen sie aber auch darauf achten, dass sich die Leute im Wasser nicht zu nahe kommen. Das sei nicht immer einfach, sagt Bernd Viertel. Denn oft handle es sich um Leute aus einer Familie, die keinen Abstand voneinander einhalten müssen. Nur kann der Bademeister das im Einzelfall nicht wissen. Trotzdem, sagt Viertel, reagierten die meisten Badbesucher auf Ermahnungen und Hinweise mit Verständnis.
Zum Glück, erklärt Günther Rapsch, mache das Chlorwasser den Coronaviren das Leben ziemlich schwer. Sobald etwa ausgeatmete Viren die Wasseroberfläche erreichten, sei es aus mit ihnen. Das hat Rapsch bei einer speziellen Schulung erfahren. Obwohl auch für die einzelnen Becken eine Höchstgrenze für Badende gilt, zählen die Bademeister nicht den ganzen Tag Köpfe. Wenn sie allerdings den Eindruck haben, das sich zu viele im Wasser tummeln, greifen sie schon mal zum Megafon und machen eine Durchsage.
Natürlich haben sie auch immer einen Blick auf Sprungtürme und Rutsche, damit dort nicht zu viele Leute anstehen. "Wir wollen Normalität versuchen", erklärt Rapsch die Entscheidung des KSO, diese Einrichtungen ebenfalls zu öffnen. Und so lange sich alle an die Regeln halten und Gedränge ausbleibt, soll das auch so bleiben.