Wer kein absoluter Opernfan ist, sucht sich für seine sporadischen Besuche im Musiktheater zumeist bekannte Werke raus. Die Mozart-Oper "La clemenza di Tito" (zu Deutsch: "Die Milde des Tito"), deren Libretto Caterino Mazzolà aus dem ursprünglichen Drei- zum Zweiakter gestrafft hat, gehört eher nicht dazu; selbst auf "Best of"-CDs sucht man wohl vergeblich Gesangsstücke aus dem 1791 als Festbeitrag zur Krönung Kaiser Leopolds II. zum König in Prag aufgeführten Werk.
Wer sich als Bewunderer des großen Wolfgang Amadeus Mozart trotzdem auf dieses Spätwerk des Komponisten einlässt, kann im Ausweichquartier des Mainfranken Theaters, in der Theaterfabrik Blaue Halle, einen "Politthriller" in italienischer Sprache (mit deutschen Untertiteln) erleben.
Publikum ruft Bravo und stampft mit den Füßen
Mitwirkende an dieser bis zur letzten Minute fesselnde Inszenierung (Regie Clara Kalus) sind neben begeisternden Solisten der Opernchor des Mainfranken Theaters und das Philharmonische Orchester. Die musikalische Leitung hat Gábor Hontvári, das beeindruckende Bühnenbild verantwortet Dieter Richter, das Kostümbild Katharina Weissenborn. Sie alle zusammen boten eine Premiere, der das Publikum – zu Recht - langanhaltenden Applaus, Bravo-Rufe und Fußstampfen zollte.
Die Geschichte von Macht, Liebe, Freundschaft und Verrat, von Verzicht, Wahrhaftigkeit, Reue, vor allem aber von Milde spielt im antiken Rom am Hof des Herrschers Titus (in der Titelrolle: Roberto Ortiz). Vitellia (Silke Evers), Tochter des gestürzten Kaisers Vitellius, hofft auf eine Heirat mit ihm, um somit als Frau des neuen Kaisers den ihr zustehenden Platz auf dem Thron einzunehmen. Titus, der seine persönlichen Neigungen der Staatsräson unterordnet, übergeht sie jedoch bei seinen Heiratsplänen. Daher stiftet sie seinen Freund, den ihr willenlos ergebenen Sextus (in der Hosenrolle: Vero Miller) zur Verschwörung gegen den Herrscher an.
Zwischenzeitlich nimmt die Verschwörung ihren Lauf
An Sextus tritt zudem sein Freund Annio (Barbara Schöller) mit der Bitte heran, bei Titus die Vermählung mit Sextus Schwester Servilia (Akiho Tsujii) zu befürworten. Zu spät, denn die Ereignisse überschlagen sich: Titus selbst verkündet öffentlich die Heirat mit Servilia. Nicht Sextus, nicht der aus Loyalität zum Herrscher zum Verzicht auf seine Liebe bereite Annio, erst Servilia wagt Titus über ihre Gefühle aufzuklären.
Zwischenzeitlich nimmt die Verschwörung trotz Sextus Zögern, den Freundesmord auszuführen, ihren Lauf. Das Kapitol brennt, die Nachricht vom Tod des Kaisers verbreitet sich. Ein Trugschluss, der im zweiten Akt aufgeklärt wird.
Sextus, von Reue geplagt, wird als Täter entlarvt, verrät aber selbst angesichts des Todesurteils nicht Vitellias Anstiftung. Doch Titus zögert, seine Unterschrift unter das Urteil zu setzen, zeigt sich, dem Operntitel gemäß, als Ausbund an Güte und Milde.
Energie und Bühnenpräsenz
Was konnte man als Opern-Laie heraushören, welche Eindrücke aus der Premiere mitnehmen? Allen Solisten voran begeisterten Silke Evers mit ihrem großen, kraftvollen Sopran und leidenschaftlichen Spiel und – als neues Mitglied des Würzburger Opernensembles - die Mezzosopranistin Vero Miller.
Die Hosenrolle schien wie für sie gemacht, sie sprühte vor Energie, zeigte viel Bühnenpräsenz. Roberto Ortiz in der Titelpartie erfüllte nicht ganz die in ihn gesetzte Erwartung eines strahlenden Tenors, steigerte sich jedoch im zweiten Akt. Auch Barbara Schöllers Mezzosopran gewann nach der Pause. In den weiteren Nebenrollen glänzen Akiho Tsujii und Ihor Tsarkov als Publius.
Wunderbare, teils mit Szenenapplaus bedachte Arien Duette und Terzette sowie die Auftritte des Chors, die teilweise für Gänsehaut sorgten, machten den Opernbesuch zu einem wirklich hörens- und sehenswerten Erlebnis.
Die nächste Vorstellung ist am Dienstag, 31. Januar. Auf dem Spielplan des Mainfranken Theaters steht die Oper bis zum 18. März.