Strahlender Sonnenschein trifft auf die heißen Funken, die beim Abreißen der Mauern entstehen. Ein Bagger greift mit seinem Arm an die Mauer und reißt sie Stück für Stück herunter. Es ist das Aus für den hinteren Teil des Bestandsgebäudes des Mainfranken Theaters. Der statische Abriss, der seit einigen Wochen läuft, nimmt die gesamte gemauerte Bausubstanz weg. Doch nicht für immer: Ist erst einmal alles weg, wird es nach und nach wieder neu aufgebaut. Die Sanierung des Bestandsgebäudes ist im vollen Gange. Davon machten sich Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Kulturreferent Achim Könneke nun ein Bild. Dirk Terwey, der Leitende Direktor des Mainfranken Theaters, und Intendant Markus Trabusch führten über die Baustelle und zeigten die ganze Wucht der Bauarbeiten des künftigen Staatstheaters.
Theater wird verlängert und aufgestockt
"Heute gehen wir mal so richtig in den Dreck!" Mit diesen Worten startet der mit Schutzhelm und Mund-Nase-Maske ausgestattete Dirk Terwey den Rundgang durch das Bestandsgebäude. Und er verspricht nicht zu wenig: Staub wirbelt auf bei den Schritten durch die Gänge, Kabel und Rohre ragen aus den Wänden, Böden und Decken heraus und ab und an muss man sich auch mal ducken, um sich nicht an herunterragenden Baustellenteilen zu stoßen. Es geht ganz nach unten, dort, wo sonst die Autos der Theaterbesucher standen, erinnern nur noch die Zahlen an den Säulen an die Parkplätze.
Arbeiter schweißen, hämmern und schrauben. Hier entsteht derzeit ein neues Tragefundament für das Bestandsgebäude. "Hier sieht man, wo das ganze Geld hingeht", sagt Terwey und zeigt auf die dicken Stahlträger. Der statische Abriss im hinteren Gebäudeteil ist notwendig, da das Theater zur Tiefgarage verlängert und gleichzeitig aufgestockt wird. Zuvor muss die alte Bausubstanz weichen. Künftig wird ein zeitgemäßer Orchesterprobenraum auf dem Gebäude positioniert sein, und es werden neue Werkstattbereiche für die Kostümabteilung durch Aufstockungen des jetzigen Gebäudes geschaffen.
Alle Theaterfunktionen unter einem Dach
Weiter geht der Rundgang nach oben durch ehemalige Büros, wo die Reste der abgerissenen Wände noch auf dem Boden liegen. Auch das Büro des Intendanten hat sich noch bis vor Kurzem dort befunden. Zukünftig soll unter anderem die Maske dort ihre Räumlichkeit finden. Alle Theaterfunktionen werden durch Erweiterungen im Neu- und Altbau unter einem Dach organisiert sein. Kurze Wege und effiziente Produktionsstrukturen sollen so gesichert und geschaffen werden.
"Derzeit ist hier alles noch ein kleines Labyrinth", sagt Terwey und führt wieder die Treppe nach unten in Richtung Hauptbühne und Orchestergraben. Dort, wo normalerweise die 56 Mitglieder des Philharmonischen Orchesters sitzen, schauen sich nun der Oberbürgermeister und Kulturreferent staunend um. Das alte Dirigentenpult des Generalmusikdirektors Enrico Calesso steht noch verlassen in einer Ecke. Der Orchestergraben soll erweitert werden, sodass zukünftig eine weitere Sitzreihe Platz hat. Zudem äußert OB Schuchardt den Wunsch, elektronische Notenbücher für die Musiker einzuführen, sodass jedes Orchestermitglied auf spontane Wünsche und Vorgaben des Generalmusikdirektors eingehen kann. "Will Calesso, dass beispielsweise die Oboen lauter spielen, notiert er das und die Musiker sehen es in ihren Notenbüchern", so der Oberbürgermeister.
Die Hauptbühne des Großen Hauses ist derzeit kaum zu erkennen. Müllberge stapeln sich - jedoch legen die Bauarbeiter großen Wert auf Müllsortierung. Ein Haufen für Stein, ein Haufen für Holz, ein Haufen für Metall. Die fehlende Freifläche vor dem Theater macht die Mülllagerung auf der Bühne unausweichlich, macht Markus Trabusch deutlich. Und Dirk Terwey fügt hinzu: "Die Traglast der Bühne macht möglich, dass hier auch mal der Schutt von mehreren Wohnhäusern liegen kann."
Terwey: Corona mache es schwieriger, im Takt zu bleiben
Während Terwey im Mai 2020 noch berichtete, dass es keinerlei Einschränkungen am Bau durch Corona gibt, hat sich dies nun ein Stück weit geändert. Man merke, dass neben den organisatorischen Themen auch viele Firmen auf unterschiedliche Art und Weise von Corona betroffen seien, teilte Terwey in einem Interview vor wenigen Wochen dieser Redaktion mit. "So waren einige Arbeiter in Quarantäne. Lieferketten funktionieren nicht wie gewohnt. Es wird zäher und schwieriger, so dauern auch Abstimmungsprozesse wesentlich länger." Grundsätzlich staune er aber, wie professionell und konsequent auf der Baustelle weiter gearbeitet werde, auch wenn es schwieriger geworden sei, im Takt zu bleiben. Die Kosten haben sich hierdurch jedoch nicht weiter erhöht. Stand jetzt soll die Sanierung und Erweiterung des Theaters 85 Millionen Euro kosten.
Während die Arbeiten am Bestandsgebäude nach Stand der jetzigen Planungen bis zur Spielzeit 2022/23 abgeschlossen sein sollen, soll der Erweiterungsbau bereits im Herbst dieses Jahres eröffnen. Kaum zu glauben, wenn man auf die eingerüsteten Außenwände des Baus blickt. "Ein Theater ist neben einer Gebäudehülle auch immer eine komplexe Maschine", sagt Markus Trabusch. So laufen derzeit unter anderem die Vorbereitungen und Einbauten für die komplexe Theater-Technik wie Beleuchtungs- und Tontechnik oder einem Bühnenboden. All das sieht man von außen zwar nicht, doch schon bald wird der Neubau gerüstfrei sein, verspricht der Intendant. "Und dann wird auch die charakteristische Fassade mit den großen Fenstern und Natursteinfliesen zu sehen sein."