
Und wohin geht's? Die Corona-Pandemie hat das Reiseverhalten stark verändert: Urlaub in Deutschland und Ferien zuhause zählen in diesem Sommer zu den größten Trends. Statt wie sonst die Koffer zu packen und zum Flughafen zu fahren, heißt es für viele jetzt: Mainfranken statt Mallorca! Besonders hoch im Kurs stehen dabei Radtouren durch die Region.
Es gibt zwar noch keine belastbaren Zahlen, wie viele Menschen in diesem Jahr bedingt durch die Corona-Pandemie Radurlaub machen. "Aber die Tendenz ist steigend", sagt Laura Ganswindt, Sprecherin beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) in München. In ganz Bayern, auch in Mainfranken, ließen sich immer mehr Hotels und Gasthöfe vom ADFC als "besonders Fahrrad freundlich" oder als "Bed + Bike"-Unterkünfte zertifizieren. "Besonders Tagestouren mit dem Rad liegen im Trend", sagt Ganswindt.
Wellness-Reise mit Radausflügen
Seit mehr als 20 Jahren befragt der ADFC Radreisende zu ihrem Urlaubsverhalten. Wie lange sind sie unterwegs, wo geht die Reise hin? Und wo im In- und Ausland gefällt es ihnen besonders gut? Laut der aktuellen ADFC-Radreiseanalyse 2020, einer repräsentativen Onlinebefragung unter rund 8100 Bundesbürgern, haben sich auch die Fahrradfahrer verändert: Vor zehn Jahren seien vor allem Männer mittleren Alters mit technisch gut ausgestatteten Rädern auf langen Strecken unterwegs gewesen, sagt Ganswindt. "Heute ist das Bild diverser, die Arten der Radreisen sind vielfältiger." Da gebe es den mehrwöchigen Urlaub auf dem Rad, die Wellness-Reise mit Fahrradausflügen, spontane Kurztrips mit Städtebesuch, Sterntouren mit einer festen Unterkunft - oder die "aktive Auszeit" in der Nähe des Wohnortes.
"Radreisende geben 70 bis 100 Euro pro Tag aus und sind ein Konjunkturprogramm für die ganze Republik“, sagt Ganswindt. In diesem Jahr würden viele Urlauber auch gleich drei und mehr Übernachtungen buchen. Zur Freude der örtlichen Hotel- und Gastronomiebetriebe, wie Michael Schwägerl, Bezirksgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (DeHoGa), bestätigt. Vor allem am Wochenende seien die Unterkünfte an der Mainschleife, im Spessart, in der Rhön und auch in den Haßbergen meist gut gebucht.

Gute Nachricht für alle, die für die Sommerferien nichts reserviert hatten: Man bekomme in Unterfranken auch kurzfristig noch eine Unterkunft, sagt Schwägerl: "Viele wollen nicht langfristig planen und buchen erst kurz vor Abreise." Gerade in den Städten Aschaffenburg, Schweinfurt und Würzburg gebe es noch genügend freie Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen – vor allem, weil die Tagungsgäste im Corona-Jahr fehlten. Der DeHoGA-Bezirksgeschäftsführer hofft, dass das Geschäft auch im Herbst weiter gut läuft. "Im September und Oktober, also zur Weinlese, ist in Mainfranken eigentlich Hauptsaison."
Im Trend: Mountainbike-Trails
Besonders beliebt bei den Radlern sind die bekannten Radwege wie der MainRadweg oder der Radweg "Liebliches Taubertal", der in diesem Jahr seinen 40. Geburtstag feiert. Die rund 100 Kilometer lange Strecke, die von Rothenburg ob der Tauber in Mittelfranken bis nach Wertheim (Main-Tauber-Kreis) führt, zählt sogar zu den ältesten Radwegen in Deutschland. Aber auch Mountainbike-Trails werden verstärkt nachgefragt, sagt Jörg Hentschel, Sprecher des Tourismusverbands Franken., dem Dachverband für die Tourismusbranche der Region Franken. Es gebe immer mehr Service-Angebote für Urlauber, die mit dem Fahrrad unterwegs sind: fahrradfreundliche Unterkünfte, Radpauschalen, Gepäcktransfer von einem Hotel zum nächsten und Reparatur- und Vermietstationen.
Auch der Trend zum Elektrofahrrad setze sich laut der ADFC-Radreiseanalyse fort: 29 Prozent der Radreisenden nutzen ein Elektrorad, im Vorjahr waren es 23 Prozent. Damit können Radfahrer aller Altersklassen auch die Anstiege der landschaftlich reizvollen Mittelgebirgslandschaften bequem meistern. Ein Grund vielleicht, warum auch im Naturpark Haßberge das Radfahren seit Jahren immer beliebter wird: "Gerade in den letzten Monaten war die Nachfrage auf die Radbroschüren und Zugriffe auf die Touren auf der Internetseite enorm hoch", sagt Ina Heupt von Haßberge Tourismus. Der Naturpark Haßberge bis in den nördlichen Steigerwald sei bei Radlern auch deshalb so beliebt, weil hier Natur und Kultur auf insgesamt 725 Kilometern gut ausgeschilderten Themenrouten "perfekt zusammenspielen".
Zur Vorbereitung der Reise und unterwegs sind Apps zunehmend beliebt: Die Hälfte der Radurlauber nutzt die digitalen Angebote inzwischen, so die ADFC-Radreiseanalyse 2020. Besonders beliebt ist dabei die Bayernnetz für Radler App, auf der man sich auch über Routen in Mainfranken informieren kann.

Auch der Freistaat Bayern hat den Trend zum Radtourismus erkannt und investiert in die Infrastruktur für Radfahrer. Die Staatsregierung hat für die kommenden fünf Jahre 200 Millionen Euro an Bundes- und Landesmitteln angekündigt, mit denen voraussichtlich rund 400 Kilometer Radwege an Bundes- und Staatsstraßen neu gebaut werden sollen. Damit, so Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU), wolle man "Lücken im Radwegenetz schließen und Radfahren attraktiver und sicherer machen". Gerade in Zeiten von Corona hätten viele Menschen das Fahrrad auch im Alltag für sich entdeckt, so Schreyer.
Damit Menschen aufs Rad umsteigen, braucht es also ein durchgängiges attraktives Radwegenetz, so Ganswindt vom ADFC. Davon sei das selbsternannte "Radlland Bayern“ allerdings noch weit entfernt: "An 54 Prozent der Bundesstraßen gibt es noch keine Radwege, bei den Staatsstraßen fehlen sogar an 72 Prozent Radwege." Sie hofft deshalb, dass das Geld ausgeschöpft wird, neue Radwege entstehen und dass beim künftigen Bau Qualitätsstandards, wie sie der ADFC erarbeitet hat, beachtet werden.