
Zweiter Durchgang im Prozess um einen lebensgefährlichen Machetenangriff in der Würzburger Innenstadt: Die 8. Strafkammer des Landgerichts Würzburg muss erneut über die blutige Tat verhandeln, weil der Bundesgerichtshof (BGH) nach erfolgreichen Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung das Ersturteil der 1. Strafkammer vom September 2019 aufgehoben hat.
Als Haupttäter sitzt ein heute 29-jähriger Mann aus dem Kreis Bamberg auf der Anklagebank. Er soll einen Würzburger nach einem Diskotheken-Streit auf offener Straße mit einer Machete angegriffen haben. Ein Cousin des Würzburgers war dazwischengegangen und im Gerangel von dem Angeklagten mit der Machete schwer verletzt worden: Einer der insgesamt sieben Stiche traf einen Lungenflügel, eine Notoperation rettete den Verletzten. Der Mann, dem der Angriff eigentlich gegolten hatte, erlitt durch einen Schlag mit der Machete eine schwere Knieverletzung.
Die 1. Strafkammer wertete das Geschehen nach einer ausführlichen Beweisaufnahme im Herbst 2019 mit zahlreichen Zeugen als versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung und verurteilte den 29-Jährigen zu fünfeinhalb Jahren Haft. Sein fünf Jahre jüngerer Bruder, der sich mit einem Teleskop-Schlagstock an dem Angriff auf die beiden Cousins beteiligt haben soll, erhielt eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten auf Bewährung.
Bundesgerichtshof: Begründung der Verurteilung fehlerhaft
Die Begründung der Verurteilung hält der 6. Strafsenat des BGH bei beiden Angeklagten für fehlerhaft. Bei dem versuchten Mord habe das Landgericht "einen strafbefreienden Rücktritt unzureichend geprüft", heißt es im BGH-Urteil vom 15. Juli 2020. Das bedeutet: Wenn der 29-jährige Angeklagte die Attacke auf sein ursprüngliches Opfer von sich aus beendet hat, obwohl er hätte weitermachen können, kann er nicht wegen versuchten Mordes bestraft werden.
"Ich wollte ihn zu keinem Zeitpunkt töten", betonte der 29-Jährige an diesem Donnerstag zu Beginn des zweiten Prozesses deshalb in einer von seinem Verteidiger Jochen Kaller verlesenen Erklärung. Auch nach dem Schlag gegen das Bein seines Opfers habe er die Gelegenheit gehabt, mit der Machete zuzustechen: "Das habe ich aber nicht gemacht."
Anders als im ersten Prozess rückte der Angeklagte auch von der Version ab, er und sein Bruder seien von den Cousins und weiteren Männern in der dunklen Gasse angegriffen worden und hätten sich nur gewehrt: "Das habe ich damals gesagt, weil ich mich vor meiner Familie geschämt habe."
Sein Motiv: Er habe dem Würzburger nach der Auseinandersetzung in der Diskothek mit der Machete "die größtmögliche Angst machen" wollen. Zu der Prügelei mit den schweren Verletzungsfolgen sei es nur gekommen, weil der Cousin sofort eingriffen und ihn mit einem Faustschlag zu Boden gestreckt habe, so seine neue Aussage.
Beihilfe zum versuchte Mord oder gefährliche Körperverletzung?
Beim jüngeren der beiden angeklagten Brüder bemängelte der BGH eine "lückenhafte Beweiswürdigung" durch die 1. Strafkammer. Die Staatsanwaltschaft hatte für ihn im ersten Prozess eine Verurteilung wegen Beihilfe zum versuchten Mord gefordert. Das Gericht verurteilte ihn aber lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung, weil ihm der Tatvorsatz seines älteren Bruders nicht zuzurechnen sei.
"Da mein Bruder vorher nie in Schlägereien verwickelt war und ein friedlicher Mensch ist, bin ich davon ausgegangen, dass er ihm nur Angst einjagen wollte", ließ der heute 24-Jährige seinen Verteidiger Norman Jacob Junior zum Auftakt der zweiten Auflage vortragen.
Der Prozess wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt, die 8. Strafkammer hat insgesamt 13 Verhandlungstage bis Ende März terminiert.