In Deutschland werden jährlich 2,7 Millionen Plasmaspenden benötigt, 16 000 Menschen können hierzulande nur mittels Medikamenten überleben, die aus dem flüssigen Anteil des Blutes, dem Plasma, gewonnen werden. Diese Zahlen nannte Franz Weinauer, Ärztlicher Geschäftsführer des Blutspendedienstes des Bayerischen Roten Kreuzes (BKR). Um den Bedarf zu decken, soll auch das neue Plasmazentrum in Würzburg helfen, für Regierungspräsident Paul Beinhofer eine Einrichtung für die gesamte Region und „über die Grenzen hinaus“. Er erwartet, dass zahlreiche neue Spender „und damit zugleich Lebensretter“ gewonnen werden können.
480 Spender in der Woche
Nach neun Monaten ist Herstellungsleiterin Helene Butsch zwar zufrieden mit dem Zulauf, rund 480 Spender sind es durchschnittlich in der Woche. Sie verhehlt aber nicht, dass am neuen und modernen Standort in der Würzburger Virchowstraße noch mehr Kapazitäten verfügbar seien. „Im Bewusstsein der Bevölkerung ist es noch nicht so verankert, wie wichtig Plasmaspenden sind“, sagt Butsch. Im Gegensatz zur Blutspende wird beim Plasma nur der flüssige Teil des Blutes entnommen, die zellulären Bestandteil werden sofort wieder an den Spender zurückgegeben.
Zum Einsatz kommt das Plasma in der Intensivmedizin bei Patienten mit schweren Verbrennungen oder bei hohen Blutverlusten. Ein Teil wird zur Herstellung von Medikamenten benötigt – etwa bei Präparaten gegen Immunschwäche oder Infektionskrankheiten.
Dreiviertel der Spenden gehen an Krankenhäuser
Laut BRK-Sprecherin Stefanie Sklarzik richtet sich die Abgabe von Plasma an die Kliniken zur Patientenbehandlung nach dem angeforderten Bedarf. Ist dieser schwach, „ist ein Verwurf ethisch nicht vertretbar. Um Plasmaüberschüsse nicht vernichten zu müssen, werden diese zur Herstellung von Arzneimitteln an die industriellen Arzneimittelhersteller abgeben“, so Sklarzik. Dreiviertel der Spenden gehen an die Krankenhäuser, der Rest in die Medikamentenherstellung.
Thomas Lurz als Mitinitiator
In Bayern liegt der Bedarf jährlich zwischen 150 000 und 200 000 therapeutischen Spenden, so das BRK auf Anfrage. „Viele Patienten sind auf Plasma angewiesen“, sagt Helene Butsch. Deshalb freute sie sich, dass mit dem Rottendorfer Modekonzern s. Oliver erstmals in Unterfranken eine Firma ihre Mitarbeiter zu einer Plasmaspendenaktion aufgerufen hat.
Mitinitiator war Thomas Lurz, Business Developer und Sportbotschafter bei s. Oliver. Der Rekordweltmeister im Freiwasserschwimmen gehörte selbst zu den ersten Spendern im Herbst und wirbt als Testimonial für die Aktion.
Die Voruntersuchung führten die Mitarbeiter des Plasmazentrums in der Firmenzentrale in Rottendorf (Lkr. Würzburg) durch. Knapp 30 kamen dann letztlich zum Spendetermin, darunter etwa die 20-jährige Auszubildende Juliane Simonis. „Ich hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt“, sagte sie, „der Aufruf im Firmenintranet war dann der entscheidende Impuls“.
Spender erstmals oft mit Skepsis
Max Kümmet (20), Student und Passformmodell bei s. Oliver, spendet häufiger. Er lobt die Vorbildfunktion der Aktion, die auch Ingmar Müller klasse findet. „Das ist eine tolle Möglichkeit, als Belegschaft gemeinsam etwas Gutes zu tun“, sagt der Student der Zahnmedizin, der am Plasmazentrum mitarbeitet und den Spendern beispielsweise die Kanülen legt. Müller berichtet auch von der Skepsis, die mancher Spender mitbringt: Oft kämen Fragen nach der gesundheitlichen Gefahr für den Spender. Manche hätten moralische Bedenken, weil der Handel mit Plasma auch ein Geschäft sei.
Nachahmer gesucht
Am Ende des Aktionstages zog Herstellungsleiterin Helene Butsch ein positives Fazit, ebenso wie Thomas Lurz von s.Oliver, der sich über das Engagement der Mitarbeiter freute: „Toll wäre es, wenn wir bei anderen Firmen in Mainfranken Nachahmer der Aktion finden würden.“
Plasmaspende
Spenden kann jeder Gesunde zwischen dem 18. und 69. Geburtstag. Voraussetzung für eine Spende ist eine ärztliche Untersuchung. Je nach Körpergewicht können zwischen 600 bis 850 Milliliter Blutplasma entnommen werden.
Die Plasmapherese, die Abnahme, dauert zwischen 30 und 50 Minuten. Entnommen wird nur die flüssige Substanz, die eine gelbliche Farbe besitzt. Die Blutzellen bekommt der Spender zurück. Das Plasma besteht zu 90 Prozent aus Wasser und zu zehn Prozent aus hauptsächlich aus besonderen Proteinen. Blutplasma lässt sich nicht künstlich herstellen.
Die Belastung für den Organismus des Spenders, so das BRK, sei gering, das entnommene Blutplasma erneuert sich bereits nach 48 Stunden. Theoretisch könnte ein Spender 45 mal im Jahr spenden, so das BRK. Für die Spender gibt es eine geringe Aufwandsentschädigung. ach