Janik Möser ist Eishockey-Profi. Er spielt bei den Grizzlys Wolfsburg in der DEL, der höchsten nationalen Liga in Deutschland. Zum Glück, muss man im Nachhinein sagen. Denn Medienberichten zufolge, stellte der Mannschaftsarzt der Grizzlys bei Möser Unregelmäßigkeiten beim Belastungs-EKG fest. Und das, obwohl der Sportler topfit ist und eine Corona-Infektion ohne Symptome überstanden hatte. Also schickte der Verein seinen Spieler nach Berlin in die Charité. Die Ärzte diagnostizieren eine Herzmuskel-Entzündung, eine Erkrankung die tödlich enden kann, auch bei jungen Sporttreibenden.
Menschen, die körperlich fit sind, erleiden oft weniger schwere Verläufe, wenn sie sich mit dem Coronavirus infizieren. Doch die Langzeitfolgen sind noch lange nicht erforscht. Und es mehren sich die Fälle, in denen Leistungssportler teilweise Monate später eine Herzmuskelentzündung oder eine andere Schädigung der Lungengesundheit erleiden. Deshalb stellen sich Wissenschaftler die Frage: Welche Langzeitfolgen verursacht eine Covid-19-Infektion bei Sportlern? Kann eine zu früh erfolgte Rückkehr in den Trainingsbetrieb und vor allen Dingen Spielbetrieb diese Schäden verursachen und wie lässt sich das verhindern? Und außerdem: Welche Schlüsse lassen sich daraus für den Breitensport ziehen? Es sind Beispiele, wie die von Janik Möser, die Dr. Kai Fehske aufschrecken lassen.
Experten unterscheiden vier verschiedene Verläufe
Der Sportwissenschaftler und Oberarzt in der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Uniklinikum Würzburg setzt in seiner Funktion als Teamarzt bei s.Oliver Würzburg das Konzept um, das die Rückkehr von Leistungssportlern in den Trainingsbetrieb regelt. Diese Regelungen ließen sich auch auf Hobby-Sportler im Alltag übertragen, sagt er.
Die Empfehlungen beruhen weitgehend auf einer Veröffentlichung des Wissenschaftsrats der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) und der medizinischen Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Darin unterscheiden die Mediziner vier verschiedene Verläufe einer Corona-Infektion.
Fall 1: Der Sportler wird positiv auf das Coronavirus getestet, hat jedoch keinerlei Symptome. Die Ärzte verordnen zwei Wochen ohne intensive Belastungen. Dann folgt eine Untersuchung durch den Teamarzt, bestehend aus Anamnese-Gespräch, bei dem der Arzt die Vorgeschichte des Patienten, den Krankheitsverlauf und die erfolgte oder aktuelle Einnahme von Medikamenten abfragt. Der zweite Teil der Untersuchung ist die körperliche Untersuchung, bei der die Überprüfung des Lymphknotenstatus, des Blutdrucks oder der Lungenfunktion durchgeführt werden. Da nicht jeder Hobbysportler in diesem Fall bei einem Facharzt vorstellig werden kann, empfiehlt Dr. Christian Pfeiffer, unterfränkischer Bezirksvorsitzender im Hausärzteverband, bei Problemen wie Atemnot oder fehlender Fitness, den zuständigen Hausarzt zu konsultieren.
Fall 2: Der Sportler wird positiv getestet, hat Symptome wie Fieber mit Temperaturen über 38 Grad, Husten, Muskel- und Gliederschmerzen, Kopfschmerzen, Geschmacks- und Riechstörungen, jedoch keine Anzeichen einer Lungenentzündung. Die Ärzte empfehlen zwei bis vier Wochen Sportpause, je nach klinischem Verlauf, also nach Ausprägung der Symptome. Sobald es bei einem Test oder der Wiederaufnahme des Trainings Auffälligkeiten gibt, muss das Training wieder reduziert werden. Im Regelfall wird hier ein Kardiologe oder Lungenfacharzt hinzugezogen. Im Anschluss müssen eine Anamnese und eine körperliche Untersuchung erfolgen, ergänzt durch ein Ruhe oder Belastungs-EKG bei dem die Sauerstoff-Sättigung gemessen wird. Außerdem verlangen die Ärzte eine Ultraschall-Untersuchung des Herzens (Echokardiographie) und eine Spirometrie. Dabei wird die Lungenfunktion überprüft, indem die Luftmenge und -geschwindigkeit beim Atmen gemessen wird. Nur wenn diese Untersuchungen unauffällig sind, attestieren die Ärzte volle Sporttauglichkeit. Falls nicht, bedarf es weiterer Untersuchungen, gegebenenfalls muss ein Facharzt hinzugezogen werden.
Fall 3: Der Sportler wird positiv getestet, hat die oben erwähnten Symptome und eine Lungenentzündung. Diese Diagnose bedeutet mindestens vier Wochen Pause. Zu den anschließenden Untersuchungen aus Fall 2 kommt dann noch eine Spiroergometriemessung (wie Spirometrie nur unter Belastung) mit einer Analyse der arteriellen Blutgase. Sind alle Untersuchungen unauffällig, attestieren die Ärzte volle Sporttauglichkeit, falls nicht, gilt das gleiche wie in Fall 2.
Fall 4: Der Sportler wird positiv getestet und erleidet eine Herz-Muskel-Entzündung. Es ist der schwerste Verlauf, den die Ärzte für Leistungssportler annehmen. Mindestens drei Monate Pause. Dann empfehlen die Ärzte, analog dem Protokoll eines Patienten mit Herz-Muskel-Entzündung zu folgen.
Fehske betont, dass eine Corona-Erkrankung nicht mit einer klassischen Sportverletzung oder bekannten Erkrankungen zu vergleichen sei. "Die Problematik ist, dass es sehr verschiedene Verläufe gibt, von positiv ohne Symptome, das aber wochenlang, bis zu schweren Verläufen mit einer Herz-Muskel-Entzündung", so Fehske. Da sei es wichtig, jeden Sportler einzeln zu bewerten.
Hobbysportlern empfiehlt er, wenn nach einer positiven Testung schon bei kurzen Distanzen Probleme auftreten, den Besuch beim Hausarzt. "Wenn man bemerkt, dass man beispielsweise nicht so schnell zum Bus laufen kann oder mehrere Treppen Probleme machen, sollte man zum Arzt", erklärt Fehske. Dieser könne dann, falls nötig, an einen Facharzt weitervermitteln. Die Benutzung einer Pulsuhr beim Joggen sei vor allem dann sinnvoll, wenn Vergleichswerte vorliegen, also schon vor der Erkrankung Werte beim Freizeitsport gemessen wurden.