Als ihm Ende Juni erstmals das Auto zerkratzt wird, ahnt Hermann U. (Name von der Redaktion geändert) nicht, was ihn erwartet. Es geschieht vor einem Supermarkt, fühlt sich irritierend an. Dann Ende Juli die nächsten Kratzer am Fahrzeug – diesmal vor seiner Arbeitsstelle, dem Rathaus in Kleinrinderfeld. Wenige Tage später kommt ein Brief ins Rathaus, er ist an U. adressiert: "Wir werden dich kriegen", steht dort sinngemäß. Dazu eine Patrone. Für U. ist klar: Jemand trachtet ihm nach dem Leben.
"In Kleinrinderfeld fühle ich mich aktuell nicht sicher", sagt der Verwaltungsbeamte. Seit der Tat begleite ihn ein "beklemmendes Gefühl des Unwohlseins", er habe Magenkrämpfe und schlafe schlecht. "Was mir psychisch zu schaffen macht, ist die diffuse Bedrohungslage." Um nicht hilflos zu sein, sucht er nun die Öffentlichkeit. Vielleicht hat jemand aus der Gemeinde etwas mitbekommen?
Einen konkreten Verdacht, wer ihn bedroht haben könnte, hat Hermann U. nicht. Er arbeite im Hintergrund, habe im vergangenen Jahr keine kontroversen beruflichen Entscheidungen getroffen. Nur diese eine Sache sei da: Im Kommunalwahlkampf 2020 sei in Kleinrinderfeld fälschlicherweise geraunt worden, dass U. bei seiner Verwaltungsarbeit Werbung für die SPD mache. U. erstattete Anzeige gegen unbekannt, die Gerüchte verstummten.
Gemeinde Kleinrinderfeld steht geschlossen hinter Hermann U.
Dann kam der Wechsel im Rathaus: Harald Engbrecht von der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) löste die bisherige Bürgermeisterin Eva Maria Linsenbreder (SPD) ab, die nicht mehr zur Wahl angetreten war. Hermann U. blieb und vermutet: "Vielleicht hat das jemandem nicht gepasst, der nun versucht, mich auf anderem Wege loszuwerden." Auch Linsenbreder war am Ende ihrer Amtszeit vermehrt angefeindet worden.
Das Kleinrinderfelder Rathaus steht laut Bürgermeister Engbrecht geschlossen hinter dem Verwaltungsbeamten. "Am Montag haben wir in unserer Gemeinde ein neues Kapitel unsäglicher Schäbigkeit und menschenverachtenden Verhaltens aufgeschlagen", zeigt sich Engbrecht entsetzt. Alle Fraktionen im Gemeinderat hätten U. ihre uneingeschränkte Unterstützung zugesagt. Niemand könne sich den Anlass für das Drohschreiben erklären:
"Seit meinem Amtsantritt hat sich das Opfer weitestgehend aus dem politischen Geschäft in der Gemeinde Kleinrinderfeld zurückgezogen und sich auf die administrativen Aufgaben beschränkt. Hier sind die Ermittlungsbehörden gefordert", schreibt Bürgermeister Engbrecht an die Redaktion.
Kriminalpolizei Unterfranken ermittelt forensisch und im Umfeld
"Der Vorfall ist der unterfränkischen Polizei bekannt. Die Ermittlungen unserer Kriminalpolizei zu den Hintergründen laufen", schreibt das Polizeipräsidium Unterfranken auf Anfrage der Redaktion. Ermittelt würde sowohl im sozialen Umfeld des Betroffenen als auch im forensischen Bereich – Drohschreiben und Patrone werden aktuell auf Spuren untersucht.
"Das Phänomen, dass Drohschreiben mit der Beigabe von Patronen versandt werden, ist nicht neu", so das Präsidium weiter. Aktuell gebe es entsprechende Verfahren etwa in München gegen eine Rechtsextremistin und in Stuttgart gegen Personen aus dem linken Spektrum. "In Unterfranken gab es dagegen in den vergangenen Jahren keinen gleichgelagerten Fall."
Landratsamt Würzburg: Vereinzelte Drohungen, aber kein Anstieg
Auch im Landratsamt Würzburg sind solche Fälle alles andere als Routine. Vereinzelt gebe es ernstzunehmende Bedrohungen gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (meist im Jobcenter), heißt es dort auf Anfrage. "Ein signifikanter Anstieg ist aber nicht zu verzeichnen." Betroffene könnten im Falle des Falles auf die Unterstützung von Fachpersonal zurückgreifen.
Auch Hermann U. wird aktuell professionell betreut, das helfe ihm, die Drohung zu verarbeiten, sagt er. Besonders hoffe er jedoch auf Hinweise aus der Bevölkerung, die zur Ergreifung des Täters oder der Täterin führen. Erst dann könne er sich in Kleinrinderfeld wieder wirklich sicher fühlen.
Hinweis der Redaktion: Nach Rücksprache mit der Polizei hat die Redaktion entschieden, die Gemeinde, nicht jedoch den Namen des Betroffenen zu nennen. So wird die Identität geschützt, Hinweise aus der Bevölkerung sind jedoch möglich. In einer früheren Version des Beitrags war zudem die Rede von einem "Baumarkt", vor dem das erste Mal das Fahrzeug zerkratzt wurde. Es war jedoch ein Supermarkt. Wir haben den Fehler korrigiert.
Kleinrinderfeld wieder mal ein heißes Pflaster....
Wo steht, dass der Beamte mit dem "politischen Geschäft" etwas zu tun hatte? Es wurde "geraunt", mehr auch nicht.
Wollen Sie etwas unterstellen smutje?
Zitat:
"Seit meinem Amtsantritt hat sich das Opfer weitestgehend aus dem politischen Geschäft in der Gemeinde Kleinrinderfeld zurückgezogen und sich auf die administrativen Aufgaben beschränkt. Hier sind die Ermittlungsbehörden gefordert", schreibt Bürgermeister Engbrecht an die Redaktion.