
Die Kontrahenten treffen sich in der Marktgarage an den beiden öffentlichen Elektro-Ladesäulen der Stadtverkehrsgesellschaft (SVG). Zum Praxistest sind angetreten: Andreas Eder, Parkkunde und E-Mobilbesitzer, Daniel Schüßler-Spitzhüttl, SVG-Abteilungsleiter und Yusuf Akdeniz, von der Firma chargeIT mobility aus Kitzingen.
Ist das Laden jetzt teurer?
Es geht um die Frage, ob die Tarifumstellung des Tochterunternehmens der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) das Laden der E-Autos verteuert oder nicht?
Eder ist ziemlich sauer. Er wettert gleich los: „Wer sich die Förderung von E-Mobilität auf die Fahnen schreibt als Energiekonzern, der kann doch die Tarife nicht so erhöhen.“
Der E-Mobilfahrer aus Überzeugung hat einen Renault Zoe angeschafft, um etwas für die Umwelt zu tun. Für ihn sei das Fahrzeug auf städtischen Kurzstrecken ideal.
Bisher zahlte er für zwei Stunden Ladeleistung bei 22 Kilowatt Leistung in der Markgarage vier Euro. Für ihn war der Aufenthalt dort praktisch. „Auto lädt, du erledigst Deine Termine.“
Doch nach der Umstellung der Tarife und der Technik an den Ladesäulen sind es stolze zehn Euro. allerdings ein rein theoretischer Rechenwert, wie der SVG-Mann gleich relativiert. Er erläutert später noch warum. Natürlich müssen E-Autofahrer noch die Parkgebühren obendrauf legen.
Wie wollen sich Schüßler-Spitzhüttl und Akdeniz verteidigen?
Keine feste Marktstruktur
„Es gibt noch zu wenige Standards und keine feste Marktstruktur. Die Herausforderung liegt darin, verschiedene Autorisierungs- und Bezahlmedien (SMS, Ladekarte, App, PayPal) und vor allem verschiedene Kundengruppen und Fahrzeugtypen mit unterschiedlichem Ladeverhalten unter einen Hut zu bringen“, sagt Akdeniz.
So gebe es Autos, die mit einer Phase laden und andere, die mehrphasig Energie aufnehmen können, wie eben der Renault von Andreas Eder.
„Bei AC-Ladungen, also mit Wechselstrom, befindet sich das Ladegerät im Fahrzeug. Daher gibt es je nach Fahrzeughersteller Unterschiede im Ladeverlauf. Temperatureinflüsse, das verwendete Ladekabel, die verfügbare Ladeleistung am Standort sind ebenfalls relevante Faktoren, die dem Nutzer in einem betrachteten Zeitraum mehr oder eben weniger Strom ins Auto ziehen lassen. Daher war eine Differenzierung nach Leistungsklassen notwendig" erklärt Akdeniz.
Weg von der pauschalen Abrechnung
Das neue Tarifmodell der SVG sieht nun so aus, erläutert Schüßler-Spitzhüttl: „Wir sind weg von der pauschalen Abrechnung der Ladedienstleistung pro angefangene Stunde. Jetzt rechnen wir in 15-Minuten-Intervallen ab. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Ladeleistung je Intervall.“
Nach Rückmeldungen von Nutzern und nach Auswertungen der Statistiken der SVG-Ladesäulen habe man versucht, auch die Kurz oder Zwischenlader, die Langsamlader und die tatsächlich bezogene Ladeleistung zu berücksichtigen.
15-Minuten-Intervall
Der Tarif werde dann anhand des Durchschnitts-Ladewertes innerhalb des 15-Minuten-Intervalles festgelegt. So sei es nun möglich, ein ausgewogenes Abrechnungsverhältnis zwischen einer intelligenten Steuerung der Ladeleistung, Fixkosten für das Vorhalten der Infrastruktur und Abrechnung für die Blockierung eines Ladepunktes, obwohl keine Energie mehr abgegeben wird, zu erreichen. Eine komplizierte Materie eben.
„Warum sollen die Stadtwerke etwas herschenken?“
Der Techniker der Kitzinger Firma versteht den Ärger von Andreas Eder nicht ganz: „Für alle den gleichen Preis im Stundentakt zu verlangen war einfach nicht fair. Wir haben neben dem Renault Zoe mit seiner Ladekapazität von 22 Kilowatt auch jede Menge Wagen als 2,3, 3,7, 4,6 oder 7,2-Kilowatt-Lader. Vorher war das Laden des Zoe preismäßig sehr gut, aber Sie können nicht verlangen, dass es immer so weiter geht. Warum sollten die Stadtwerke denn etwas herschenken?“ Für ihn ist der Preis von fünf Euro für eine Stunde mit einer Leistung von 22 Kilowatt im öffentlichen Raum absolut in Ordnung.
WVV-Sprecher Jürgen Dornberger hatte in einer schriftlichen Mitteilung weitere Gründe für die Tarifumstellung genannt. Die SVG ist darauf bedacht, ihre Ladetarife mindestens kostendeckend zu gestalten.
Allerdings sei der Aufbau und Betrieb von öffentlichen Ladesäulen für Anbieter eine defizitäres Geschäft. Man habe sich bei der Tarifgestaltung auch an anderen Städten wie Schweinfurt orientiert.
Kunde ist nicht überzeugt
Eder ist überhaupt nicht überzeugt. Für ihn stehen die nackten Zahlen und damit sein Preissprung von vier auf zehn Euro für zwei Stunden. Auch die Rechenbeispiele überzeugen ihn nicht, wenn ein E-Auto nach einer bestimmten Ladezeit von der Säule auf einen günstigeren Tarif umgestellt wird, weil das Fahrzeug weniger Leistung einfordert.
Akdeniz hat jedoch einen Vorschlag für ein anderes Modell, das andere Stadtwerke schon eingeführt haben: „Für Bestandskunden, also solche, die sich vertraglich an die Säulen der Betreiber binden, gebe es bessere Kunden-Tarife. Und Schüßler Spitzhüttl setzt hinzu, dass so etwas schon bei der WVV in der Planung ist.
Vielleicht eine Sonderlösung?
Für die Übergangszeit bietet er Andreas Eder eine Sonderlösung für die hohe Ladeleistung des Renault Zoe an. Ob der Main-Post-Leser dann auch noch bei seiner Meinung bleibt: „Hier lade ich nicht mehr“, bleibt abzuwarten.
In Würzburg gibt es beispielsweise beim Möbelriesen Ikea auf der Mainfrankenhöhe und bei Expert Beck im Gewerbegebiet Ost kostenfreie Ladesäulen. In der Marktgarage laden derzeit etwa zwei Kunden pro Tag ihren Wagen. Noch mehr Beschwerden zur Tarifumstellung sind bei der SVG nicht eingegangen.
Was mich aber mehr stört, ist die das fast arrogante Eigenlob der WVV. Im Vergleich zu anderen Stadtwerken haben die so gut wie nix auf die Reihe gebracht, stellen sich aber als die Grössten dar.
Beispiel gefällig ? Während die ncht einmal halb so grosse Stadt Schweinfurt mit den Stadtwerken mittlerweile 6 Ladestationen flächendeckend installiert hat, schafft die WVV immerhin 2 Ladestationen. Naja, wenigstens genau soviele wie in Lohr oder Wertheim....
der hat einfach zu viel Geld...
Sparen wird er die nächsten Jahre damit sicher nix.
Hierzu gibt es Berichte im größten deutschsprachigen EMobil Forum 'www.goingelectric.de'.
Ein Betroffener schildert, dass er in der Theatergarage bezahlen musste, obwohl kein Strom geflossen ist:
https://www.goingelectric.de/forum/betreiber-roaming-abrechnung/preisexplosion-bei-belectric-t21858-10.html?hilit=belectric#p472630
Am Beispiel der Ladesäulenthematik zeigt sich aber vor allem das fehlende Know How der WVV im Bereich Elektromobilität.
Wie Ernst kann man dann den kürzlich veröffentlichten Vergleich der WVV von Diesel -, Hybrid-, Gas oder Elektrobussen und die damit einhergehende Abwertung der Elektrobusse nehmen?