Es ist aber nicht aufgeräumt“, warnt Paul Hofmann, bevor er das eiserne Portal am Eingang zu seinem Bierkeller öffnet. Etwa 20 Leute verschwinden einer nach dem anderen in dem feuchten, dusteren Gang, den Hofmann mit ein paar Scheinwerfern ausgeleuchtet hat. Der Goßmannsdorfer interessiert sich für den im Entstehen begriffenen gemeindeübergreifenden Kulturweg über Sommerhausen, Winterhausen und Goßmannsdorf, ein Projekt der Allianz Maindreieck. In gut einem Jahr, am 3. Oktober 2019, soll die offizielle Eröffnung sein, und dafür werden interessante Örtlichkeiten gesucht.
40 Meter in den Berg gegraben
Sein Bierkeller, glaubt Hofmann, wäre genau das Richtige, wenn die Gäste bei der Eröffnungswanderung in Goßmannsdorf Station machen. Und tatsächlich zeigen sich die meisten Besucher beeindruckt, der Koordinator des Projektes eingeschlossen. Gerrit Himmelsbach begleitet den Entstehungsprozess des Kulturwegs von Anfang an. Der Geschäftsführer des Archäologischen Spessartprojekts ist ein Kenner der Materie und hat bereits um die 100 Kulturwege ans Licht der Welt befördert.
Mit den anderen Teilnehmern des Arbeitskreises verschwindet auch Himmelsbach unter der Erde. 40 Meter in den Berg erstreckt sich der ebenerdige Bierkeller, der ganz in der Nähe des TSV-Vereinsheims waagrecht in den Boden getrieben wurde. Fünf bis sechs Meter Erdboden befinden sich über den Gewölben. Drinnen ist es feucht, es riecht vorwiegend nach Äpfeln.
„Meine Eltern lagerten hier Obst und Gemüse“, erläutert Paul Hofmann. Mittlerweile nutzen nur noch einige Fledermäuse die steinernen Gewölbe. Vor dem Zweiten Weltkrieg, weiß Hofmann, lagerte das Goßmannsdorfer Wirtshaus „Zum Weißen Ross“ sein selbst gebrautes Bier hier unten. Vor Jahrzehnten hatte dann Hofmanns Familie den Bierkeller erworben.
Erinnerungen an Kriegszeiten
Nach dem Ende der Hausbrauerei, bis in die 1950er Jahre hinein, kam das Bier übrigens von der Brauerei Oechsner. In den Decken sind noch die Öffnungen zu sehen, durch die das zur Kühlung des Gerstensaftes benötigte Eis in die Keller eingefüllt wurde. Doch nachdem bequeme, saubere und beleuchtete Kühlräume Standard wurden, hatten die finsteren Katakomben ausgedient.
Es gibt noch einige Einheimische, die sich aus früheren Zeiten an diesen Bierkeller erinnern. Genauer gesagt an den Zweiten Weltkrieg, als Dorfbewohner vor möglichen Bombenangriffen dort Schutz suchten. Und an den Tag, als die Amerikaner nach Goßmannsdorf kamen. Eine Gruppe von Dorfbewohnern hatte sich im Keller vor den mit Panzern vorrückenden Soldaten versteckt.
Besucherandrang wird erwartet
Paul Hofmann möchte, dass auch die Öffentlichkeit die weitläufigen Räume bestaunen kann, in denen sogar noch die Fasslager für die Bierfässer zu sehen sind. Derzeit befinden sich dort allerdings nur noch die traurigen Gerippe einiger Weinfässer. Hofmann weiß, dass er vor der Eröffnungswanderung noch aufräumen muss. Aber wie kann der erwartete Besucherandrang am Eröffnungstag durch den Keller geschleust werden, ohne dass sich die Leute gegenseitig auf die Füße treten? Darüber diskutierte der Arbeitskreis im Anschluss an die Besichtigung.
Zeit, um im Keller ausführliche Vorträge zu halten, werde es wohl nicht geben, prophezeite Gerrit Himmelsbach aufgrund seiner vielfältigen Erfahrungen. Vielmehr ist geplant, dass die Wanderer, um die der TSV sich kümmern möchte, zur Mittagsrast in Goßmannsdorf eintreffen. Dann könnten die Teilnehmer gruppenweise durch den Bierkeller gehen, denn Himmelsbach rechnet mit etwa 150 Teilnehmern.
Sechs Infotafeln für die drei Orte
In der Arbeitskreissitzung ging es aber auch noch um andere Themen, insbesondere um die Standorte der sechs großen Infotafeln, die in den drei Orten aufgestellt werden sollen. Am unproblematischsten sei das in Goßmannsdorf, sagte Himmelsbach, da es dort noch keine Infrastruktur mit bestehenden Tafeln gebe, die mit bedacht werden müsse. Die Tafeln sollen im Altort am Bach und auf der Höhe bei der Kantine der früheren Steinbrüche aufgestellt werden.
Schwieriger wird es in Winterhausen, wo es bereits eine touristische Beschilderung und Flyer gibt. Gerrit Himmelsbach schlägt vor, an der Mainlände eine Tafel aufzustellen, die sich mit Themen befasst, die die vorhandenen Flyer nicht behandeln: etwa der Zerstörung der Brücke im Krieg. Eine zweite Tafel soll nahe der Figur der „Mondguckerin“ platziert werden und sich dem Thema Kulturlandschaft widmen. Etliche Winterhäuser wünschen sich darüber hinaus noch weitere Info-Tafeln.
De Burschenverein soll Thema werden
In Sommerhausen hält Himmelsbach das Schloss für einen idealen Standpunkt. Die dortige Tafel soll sich unter anderem mit dem Burschenverein befassen, einer Vereinigung, die Himmelsbach in dieser Form noch nirgends begegnet ist. Die zweite Tafel soll sich auf der Höhe in der Nähe des Geotops befinden, damit auch dieses lange Wegstück zwischen Goßmannsdorf und Sommerhausen mit Informationen bestückt ist. Bis zur nächsten Arbeitskreissitzung will Gerrit Himmelsbach die Tafeln vorbereiten. In Stein gemeißelt sei aber noch nichts, sagte er.