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Ochsenfurt
"Kontakt-Raum" in Ochsenfurt: Wie die Pfarrei St. Andreas soziale Probleme angeht
Der "Kontakt-Raum" im Ochsenfurter Mesnerhaus ist eine Anlaufstelle für Menschen in Not. Ehrenamtliche und Fachkräfte arbeiten Hand in Hand für eine bessere Teilhabe.
Im 'Kontakt-Raum' im Ochsenfurter Mesnerhaus finden Menschen mit gesundheitlichen oder sozialen Problemen Unterstützung. Im Bild (von links) Teilhabeberaterin Barbara Noll mit Blindenführhund Otto, Annette Häusler vom offenen Gesprächsangebot und Reinhild Fegelein vom Team der ehrenamtlichen Sozialberatung.
Foto: Gerhard Meißner | Im "Kontakt-Raum" im Ochsenfurter Mesnerhaus finden Menschen mit gesundheitlichen oder sozialen Problemen Unterstützung.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 18.02.2025 02:37 Uhr

Zielsicher findet Schäferhund Otto den Weg, wenn Barbara Noll ihren Arbeitsplatz im "Kontakt-Raum" im ehemaligen Mesnerhaus in der Ochsenfurter Pfarrgasse ansteuert. "Ich bin blind und immer mit meinem Blindenführhund unterwegs", sagt die Sozialarbeiterin. Sie weiß deshalb aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, auf Unterstützung angewiesen zu sein, und wie schwierig es sein kann, diese Unterstützung auch zu bekommen. Sie weiß aber auch, was Menschen mit Behinderung leisten können. Als Mitarbeiterin in der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) gibt sie diese Erfahrung an Ratsuchende weiter.

Auch Reinhild Fegelein kommt regelmäßig in das kleine Büro im Mesnerhaus. Zusammen mit vier Kolleginnen und Kollegen leistet sie ehrenamtliche Sozialberatung und bahnt dabei nicht selten ihren Klienten einen Weg durch den Dschungel der Bürokratie. Wer stattdessen einfach nur mal jemandem zum Reden braucht, der ist bei Annette Häußler in besten Händen. Wie ihre vier ehrenamtlichen Kollegen nimmt sie sich Zeit zum Zuhören, egal, welche Sorgen ihre Gesprächspartner belasten. Seit das alte Mesnerhaus vor drei Jahren umfassend renoviert wurde, hat sich dort mit dem "Kontakt-Raum" eine für die Region Ochsenfurt einzigartige Anlaufstelle etabliert, die vielen Ratsuchenden Hilfe und Beistand gewährt.

Angebot für Menschen, die jemanden zum Reden und Zuhören brauchen

"Bei uns geht es um die alltäglichen Probleme", sagt Annette Häußler. Seien es Sorgen in der Partnerschaft oder der Kindererziehung, die Trauer um einen lieben Menschen oder die Überforderung im Alltag. "Ich stelle fest, dass es den Leuten, die zu uns kommen, guttut, sich endlich einmal alles von der Seele reden zu können", sagt Annette Häußler. "Und auch mir tut es gut, ihnen helfen zu können."

Das offene Gesprächsangebot wurde 2022 gemeinsam mit der ehrenamtlichen Sozialberatung eingerichtet. Beide Angebote werden von der Pfarrei St. Andreas getragen. Die Caritas unterstützt durch die Schulung der Mitarbeitenden. Barbara Noll kam im vergangenen Herbst dazu, nachdem sie vorher ein Jahr lang ihr Büro im Feuerwehrhaus an der Pestalozzistraße hatte. "Hier ist es viel zentraler", sagt sie, "und es ist gut zu wissen, dass hier andere Menschen an ähnlichen Themen arbeiten."

Die Teilhabeberatung berät Menschen mit Behinderung kostenlos

Doch was verbirgt sich hinter der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung? Das Beratungsangebot wurde 2018 geschaffen und im Sozialgesetzbuch 9 verankert. "Ziel ist es, Menschen mit Behinderung oder solche, die von einer Behinderung bedroht sind, unabhängig zu beraten", sagt Beraterin Barbara Noll. Unabhängig deshalb, weil etwa bei der Beratung keine wirtschaftlichen Interessen mitspielen oder etwa eine Mitgliedschaft nötig wäre. "Ich vertrete keine Interessen", so Noll, "unser Angebot ist niederschwellig, kostenlos und im Zweifel sogar anonym."

Dabei setzt die Teilhabeberatung bewusst auf Mitarbeitende, die selbst von einer Behinderung betroffen sind. "Wir haben so einen ganz anderen Zugang zu unseren Klienten", sagt Barbara Noll, "wir können auch vom eigenen Werdegang erzählen und können sagen: Schau, es kann klappen, auch wenn man betroffen ist. Die Probleme, mit denen Barbara Noll dabei konfrontiert wird, reichen vom Ausfüllen eines Antrags zur Feststellung des Grads der Behinderung über die Bewilligung von Hilfsmitteln bis hin zur Vermittlung weiterer Unterstützung, etwa durch den sozialpsychiatrischen Dienst.

Die Pfarrei St. Andreas möchte ihr soziales Angebot weiter ausbauen

Auch für Reinhild Fegelein ist jede Stunde in der ehrenamtlichen Sozialberatung ein Gang ins Ungewisse. "Man weiß nie, wer reinkommt und welches Problem er hat", sagt sie, "gerade das macht die Arbeit so interessant." Häufig geht es dabei um Behördenpost. "Das geht vom Antrag auf Bürgergeld bis zur Post von der Krankenkasse. Viele ihrer Klienten seien der deutschen Sprache nicht mächtig. Umso mehr freut es Fegelein, dass eine ihrer Kolleginnen Russisch spricht und so beispielsweise Geflüchteten aus der Ukraine weiterhelfen kann.

Monika Albert, Pastoralreferentin im pastoralen Raum Ochsenfurt, freut sich, dass das Mesnerhaus zu einer Anlaufstelle für verschiedene soziale Fragen geworden ist. "Als Kirche haben wir Interesse daran, das weiter auszubauen", sagt sie. "Es muss sich nur noch mehr rumsprechen", ergänzt Annette Häußler.

Sprechzeiten der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung sind jeweils mittwochs, donnerstags und freitags von 10 bis 15 Uhr nach telefonischer Vereinbarung, Tel. 0171 7955 759.  Die ehrenamtliche Sozialberatung hat mittwochs von 18 bis 19 Uhr und donnerstags von 9 bis 10 Uhr geöffnet. "Zeit für Gespräche" ist an jedem ersten und dritten Dienstag im Monat von 17 bis 18 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung, Tel. (0 93 31) 80 25 83.

 
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