Im Oktober 2015 hat der mittlerweile emeritierte Bischof Friedhelm Hofmann den Prozess gestartet. Seither sorgt die „Pastoral der Zukunft“ überall in der Diözese Würzburg immer wieder für kontrovers geführte Diskussionen.
Ein Kritikpunkt, der zur Sprache kommt, ist ein zeitloser: Es geht um „oben“ und „unten“ beziehungsweise um „von oben beschlossen“, wonach sich „unten“ richten muss – also um Macht und Teilhabe. Es geht um die Zuständigkeiten von Hauptamtlichen und Laien – den geweihten Priestern und dem Kirchenvolk – und den ihm zugestandenen Möglichkeiten der Mitwirkung.
Strukturelle Veränderungen
Und es geht um strukturelle Veränderungen, um größer werdende Pastoralräume, um deren Leitung und Gestaltung – und vor allem darum, wie trotzdem „die Kirche im Ort“ bleiben kann. Dies hat jüngst der Gerolzhöfer Pfarrer Stefan Mai in seinem Vortrag bei der Diözesanversammlung des Katholischen Senioren-Forums Würzburg in Retzbach angesprochen.
Pfarrer Mai sieht laut der Mitteilung des Forums die Überlegungen des Allgemeinen Geistlichen Rates (der engste Beraterkreis des Bischofs, momentan in der Zeit der Vakanz der Diözesanadministratoren) kritisch. Danach sollen, wie bereits mehrfach berichtet, die Pfarreiengemeinschaften, die erst und zum Teil mühsam in den vergangenen Jahren gegründet worden sind, erneut vergrößert werden in pastorale Räume: rund 40 für die gesamte Diözese.
Föderatives Modell
Der Gerolzhöfer Geistliche möchte den Angaben zufolge lieber ein „föderatives Modell“, in dem die jetzigen Pfarreiengemeinschaften bestehen bleiben und in den Großräumen enger zusammenarbeiten, sich vernetzen und Absprachen treffen. Durch die räumliche Nähe gebe es einen Bezug, eine Identifikation, so Pfarrer Mai.
Er habe neben dem „schönen Schein“ wie den Kirchenfesten im Dorf, auch den „garstigen“ Hintergrund angesprochen: leerer werdende Kirchen, immer weniger Priester, Kirchenaustritte, Verlust des Glaubenswissens. Laut Versammlungsbericht sei laut Mai ein Bröckeln hinter der schönen Fassade bei genauerem Hinsehen nicht zu leugnen.
Bericht zur Lage
Einige Monate vor dem Treffen des Senioren-Forums, am 14. Oktober beim Zukunftsforum in Würzburg, gab es sogar „dicke Luft zum Auftakt“. So lautete die Überschrift einer Zusammenfassung der Bistums-Pressestelle. Und in der Herbstvollversammlung des Diözesanrats, die einen Tag zuvor stattfand, monierte der Vorsitzende Karl-Peter Büttner in seinem „Bericht zur Lage“, dass beim Prozess „Pastoral der Zukunft“ in der Entwicklung derzeit keine Ehrenamtlichen und deren Gremien mehr vertreten seien.
Auch diese Sätze fielen den Angaben zufolge in dieser Versammlung: „Wir Ehrenamtlichen sind allen Anschein nach nicht gefragt. Die Verwaltung entscheidet, ohne dass das Volk Gottes beteiligt wird.“ Ein langjähriger Pfarrgemeinderat fühlte sich „ausgebootet“. Eine Delegierte meinte: „Wir sind als kostenlose Arbeitskräfte gefragt, aber nicht als Propheten willkommen.“
Außerordentliche Versammlung
Wie sieht es jetzt, am Jahresende aus? Diözesanratsvorsitzender Büttner fasst auf Nachfrage den Stand der Dinge mit folgenden Worten zusammen: „Es gab Störungen in der Kommunikation.“ Einige seien in der Zwischenzeit durch Gespräche aus dem Weg geräumt worden. Endgültig beseitigt werden sollen sie in einer außerordentlichen Versammlung am 13. Januar 2018.
Normalerweise gibt es nur zwei Treffen des Diözesanrats im Jahr. Dass jetzt eine zusätzliche Versammlung angesetzt wurde, zeigt, wie groß das Informations- und Gesprächsbedürfnis bei den Mitgliedern des Diözesanrats ist.
Problem „Prozessarchitektur“
Hauptproblem sei die „Prozessarchitektur“, sagt Karl-Peter Büttner. Sie habe sich immer wieder geändert. „Wer ist für was zuständig, welche Teilprojektgruppen gibt es?“ Dies sei für diejenigen, die nicht direkt im Prozess direkt beteiligt sind, nicht leicht zu verstehen. Deshalb gebe es die Unzufriedenheit im Laiengremium.
„Unsere Vorstellung war, dass wir beim Zukunftsforum nicht nur über-, sondern miteinander reden“, so Büttner. Dies hätten die Vertreter des Diözesanrats im Vorfeld angesprochen, aber es habe sich nichts verändert. „Deshalb hat man sich nicht ernst genommen gefühlt, und die Emotionen sind hochgekocht. Wir waren enttäuscht, weil die Kommunikation nicht geklappt hat.“ Damit soll dann nach dem Treffen am 13. Januar Schluss sein, so die Hoffnung des Diözesanratsvorsitzenden Büttner, denn der Prozess heißt ja nicht nur „Pastoral der Zukunft“, sondern auch „Gemeinsam Kirche sein“.
Eingeladen dazu sind die Mitglieder des Diözesanrats, der Projektkoordinator Thomas Wolf sowie der Diözesanadministrator Weihbischof Ulrich Boom und sein Stellvertreter Thomas Keßler. Boom und Keßler leiten die Diözese, bis ein neuer Bischof im Amt ist.
Als geistlicher Assistent des Diözesanrats wird Domkapitular Christoph Warmuth dabei sein, der innerhalb der Hauptabteilung Seelsorge für die Gemeindeentwicklung und Pastorale Konzeption zuständig ist. Erwünscht ist auch die Anwesenheit der externen Berater der „Trialog“-Gruppe. Dazu gehören der Theologie- und Soziologie-Professor Michael N. Ebertz, der Professor für Qualitätsmanagement und Organisationsentwicklung Thomas Schmidt sowie die Pädagogin, Sozialarbeiterin und Lehrbeauftragte Lucia Segler (alle Katholische Hochschule Freiburg).
Rolle der externen Berater
Gerade die nicht genau definierte Rolle der externen Berater hat laut Büttner bei manchen Mitgliedern des Diözesanrats für Verwirrung und Ärger gesorgt. „Wir haben den Eindruck, dass sie die diejenigen sind, die den eigentlichen Prozess steuern.“ Projektleiter Thomas Keßler habe aber versprochen, noch vor der außerordentlichen Diözesanratsversammlung am 13. Januar schriftlich vorzulegen, „wer an welcher Stelle und in welcher Rolle im Prozess beteiligt ist“, so Karl-Peter Büttner.
Eines ist jedoch klar. Was von den in einzelnen Gruppen erarbeiteten Vorschlägen für die „Pastoral der Zukunft“ umgesetzt wird, entscheidet der nächste Bischof von Würzburg. Er kann das, muss es aber nicht übernehmen.
Karl-Peter Büttner: „Kirche mit Gesicht und vor Ort“
Dazu gehört auch der Plan der Projektleitung, in der Diözese, etwa 40 Großräume einzurichten. „Das kann als Verwaltungsstruktur funktionieren, aber für die Pastoral sind noch weitere Kriterien zu berücksichtigen“, sagt Büttner. „Uns ist gerade der pastorale Raum wichtig als Voraussetzung für eine lebendige Kirche mit Gesicht und vor Ort.“