
Dieser Fall beginnt vor gut zehn Jahren. Damals hätte er mit großer Wahrscheinlichkeit leichter aufgeklärt und damit der weitere Verlauf verhindert werden können. Doch der Vermerk über eine ungewöhnliche Nähe eines Kaplans zu einer minderjährigen Ministrantin wurde zu den Akten gelegt. Der Fall erzählt somit exemplarisch auch etwas über versäumte Präventionsarbeit in der katholischen Kirche.
Heute ist klar: 2011, als der Hinweis die Bistumsleitung in Würzburg erreichte, hätte umfassender nachgeforscht werden sollen - und müssen. Doch es blieb beim Gespräch mit dem Geistlichen, der mittlerweile eine Pfarreiengemeinschaft leitete. Er solle dem Mädchen einen Brief schreiben und den Kontakt abbrechen. Weitere Konsequenzen gab es offenbar nicht.
Am rechtskräftigen Urteil kommt niemand vorbei
Erst als Jahre später die Autoren der 2018 veröffentlichten Missbrauchsstudie den Vermerk entdeckten, nahmen polizeiliche Ermittlungen ihren Lauf. Das Mädchen war inzwischen erwachsen, der Pfarrer beliebt. Die Wahrheitsfindung, räumte der Richter im vergangenen Sommer im Prozess gegen den Geistlichen ein, war schwierig.
Jetzt gibt ein rechtskräftiges Urteil, daran kommt niemand vorbei. Nicht die Gemeinde, nicht der Bischof von Würzburg. Seine Stellungnahme zu dem Fall und dem Richterspruch ist deutlich. Alles andere würde ihn auch zum Ziel berechtigter Anschuldigungen machen.
Auch die Gemeinde braucht Unterstützung
Was dieser Fall aber auch zeigt: Dass hier nicht nur eine Betroffene Unterstützung braucht. Auch die Gemeinde ist ein Opfer. Bereits die Nachricht über die Vorwürfe gegen ihren Pfarrer ließ die Gemeinde verstört und irritiert zurück. Sie hätte unterstützt werden müssen. Kommunikation, Austausch, Begleitung wären auch im Corona-Jahr möglich gewesen. Wenigstens die Beantwortung von Briefen, die nach Würzburg geschickt wurden. So aber fühlen sich Gemeindemitglieder alleine gelassen.
"Bemühen" um Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs ist mehr als notwendig
Der Würzburger Bischof betont jetzt den durch die Unterstützeraktionen verursachten "schwersten Schaden für Pfarrei, Bistum und Kirche insgesamt". Doch was verursachte diesen Schaden? Dass nicht umfassend reagiert wurde, als frühzeitig ein Verdachtsmoment im Raum stand, macht jetzt das "Bemühen" um Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs mehr als notwendig. Damit es nicht erneut zu bizarren und skandalösen Folgen für Schutzbefohlene kommt.
Der Pfarrer, die Gemeinde - alle sind so "arm" dran und hätten Unterstützung gebraucht. Nur das eigentliche Opfer wird anscheinend vergessen.