Umsatzeinbruch, der Abbau von 3600 der einst konzernweit rund 8200 Arbeitsplätze, die Werkschließung in Trennfeld (Lkr. Main-Spessart): Die Nachrichten, die zuletzt von KBA kamen, waren keine guten. Die Produktion von Zeitungsrotationsanlagen, die früher nahezu hundert Prozent des Geschäfts ausmachte, sorge heute nur noch für 15 Prozent des Umsatzes, sagt KBA-Vorstandsvorsitzender Claus Bolza-Schünemann. Insofern ist die Entwicklung neuer Geschäftsfelder überlebenswichtig. Die Neuausrichtung läuft, KBA stellt sich schon länger breiter auf und hat unter anderem Maschinen zum Bedrucken von Gläsern, Blech, Keramik, Plastik und anderen Kunststoffen entwickelt.
Gleichwohl setzt die jetzt vorgestellte Innovation einen besonderen Meilenstein. Vorstand Christoph Müller gelang es, mit HP einen Global Player in Sachen Digitaldruck für eine Kooperation zu gewinnen. In knapp zwei Jahren wurde eine Maschine marktreif entwickelt und produziert, mit der Wellpappen-Verpackungen digital bedruckt werden können. Anders als beim analogen Druck, wo lediglich ein Design und eine Verpackungsgröße gedruckt werden können, schafft es die neue Maschine, innerhalb kürzester Zeit unterschiedliche Druckaufträge für verschiedene Kartongrößen und Auflagenhöhen zu erledigen.
Die „T1100S“ hat nichts von einem klassischen HP-Drucker, wie ihn Otto Normalverbraucher auf seinem Schreibtisch stehen hat. Die Anlage ist fünf Meter hoch, über drei Meter breit und, je nach Konfiguration, zwischen 20 und 30 Meter lang. Neu ist unter anderem, dass sie Papierbahnen von bis zu 2,80 Meter Breite verarbeiten kann. Weitere technische Daten stehen für Superlative: 30 000 Quadratmeter kann die Anlage pro Stunde bedrucken, „das entspricht einer Fläche von vier Fußballfeldern“ (Müller).
Bis zu ein Terabyte Daten werden in der Sekunde verarbeitet, so beschreibt HP-Manager Mike Salfity die Leistungsfähigkeit der „Inkjet-Rotation“.
Zum Einsatz kommen soll die Maschine in der Verpackungsindustrie. Zwei Milliarden Pakete werden pro Jahr allein in Deutschland verschickt. Der Markt wächst, vor allem dank E-Commerce. Amazon, Zalando und Co. lassen grüßen, der Bedarf an bedruckten Wellpappe-Verpackungen steigt ständig. Schließlich lassen sich über die Paketoberflächen unter anderem auch Werbebotschaften versenden. „Das Paket wird mehr und mehr zum Kommunikationsmedium“, sagt KBA-Marketingdirektor Klaus Schmidt.
Das erste Exemplar der neuen Maschine geht an den britischen Verpackungshersteller DS Smith. „Und der hat allein 250 Werke weltweit“, sagt Müller und hofft auf entsprechende Nachfrage. Abhängig von der Ausstattung koste eine „T1100S“ bis zu 10 Millionen US-Dollar, erläutert Salfity. HP wird die Anlage mit all seiner Marketing-Power weltweit vertreiben, KBA kümmert sich um die Montage vor Ort, die Inbetriebnahme und den Service.
„Diese Kooperation ist perfekt“, unterstreicht KBA-Chef Bolza-Schünemann. Sei HP auf anderen Geschäftsfeldern, etwa bei Buch-Druckmaschinen, auch Wettbewerber, ergebe sich beim Thema Verpackungsdruck eine „Win-win-Situation für beide Seiten“. So ergänzten sich das Wissen um das digitale Drucken (Inkjet) von HP und das Knowhow von KBA im klassischen Rollendruck „auf ideale Weise“. Weitere gemeinsame Projekte seien denkbar, stimmen Salfity und Bolza-Schünemann überein. Eine gute Nachricht nicht zuletzt für die 4600 verbliebenen KBA'ler, davon 1700 an den unterfränkischen Standorten Würzburg und Veitshöchheim.