Der Verdacht wiegt schwer, der Fall ist monströs: Ein weithin geschätzter Therapeut soll kleine Buben mit Behinderung für den Dreh von Kinderpornografie sexuell missbraucht haben. Tatorte waren unter anderem zwei Würzburger Kindertagesstätten. Ein Alptraum für die Kinder, die Eltern, die Betreuer – und die Behörden. Während die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den beschuldigten Logopäden kurz vor dem Abschluss stehen, kämpfen die Einrichtungen um ihren Ruf und um neues Vertrauen. Derweil versucht die Stadt Würzburg durch verschärfte Auflagen die Kinder in den Tagesstätten, für die sie die Rechtsaufsicht hat, besser zu schützen.
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Bereits kurz nach der Festnahme des Logopäden Ende März hat das zuständige Jugendamt den Verantwortlichen der knapp 70 Krippen und Kindergärten im Stadtgebiet geschrieben und "Empfehlungen" für mehr Kinderschutz gegeben. Dazu gehört laut Sozialreferentin Hülya Düber unter anderem: Mitarbeiter sollen private Handys während der Arbeit wegschließen, die Internet-Zugänge an den Dienst-Computern müssen personalisiert sein, das Fotografieren und Filmen bei Festen und Veranstaltungen in der Kita soll grundsätzlich überdacht werden. Das Beschwerdemanagement, wenn Eltern oder Kollegen den Verdacht haben, das Wohl eines Kindes ist in Gefahr, müsse jede Kita für sich klar regeln und transparent machen. Das Prinzip offener Türen, das schon immer gilt, bedarf konsequenter Beachtung.
Das Einzeltherapie-Verbot ist umstritten
Schwierig sei der Umgang mit externen Mitarbeitern und Besuchern: Vom Installateur, der die Toilette repariert, könne man schon verlangen, das Handy abzugeben, sagt Düber. Von ehrenamtlichen Helfern wie Lesepaten sollte man sich ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen lassen. Ebenso von Therapeuten und Musiklehrern, die nicht in der Einrichtung angestellt sind, hier aber regelmäßig Gruppenstunden abhalten. Diese Therapeuten dürfen nur noch "alltagsorientiert im Gruppengeschehen arbeiten". Eins-zu-eins-Therapie ist in den Einrichtungen verboten. Das gelte für Logopädie oder Ergotherapie genauso wie für Einzel-Musikunterricht, wie er bislang auch in Würzburger Einrichtungen angeboten wurde.
Dieses Einzeltherapie-Verbot ist umstritten. Anke Penkwitz und Armin Höfig, Vertrauensleute im Kita-Ausschuss der Kirchengemeinde Gethsemane, der den integrativen Kindergarten Vogelshof im Stadtteil Heuchelhof seit der Gründung vor über 30 Jahren berät und unterstützt, fürchten, dass es die Geschäftsgrundlage für die viel gelobte Modelleinrichtung in Sachen Inklusion gefährden könnte. Und das in Zeiten, in denen der Vogelshof, einer der Tatorte im Kinderporno-Fall, sowieso schon um seinen Ruf kämpfen muss. Dabei könne man den Verantwortlichen der Einrichtung keine Vorwürfe machen, sagt Höfig. "Da hat ein Mensch mit großer krimineller Energie das Vertrauen von Kindern, Eltern und Betreuern missbraucht."
In Kitas außerhalb von Würzburg gibt es solche Auflagen nicht
Die Möglichkeit, Logopädie oder Ergotherapie während der Kita-Zeit bei Externen zu buchen, sei gerade für Eltern von Kindern mit Behinderung "eine große Hilfestellung", betont Höfig, der selbst lange Jahre einen Förderkindergarten geleitet hat. Für viele Familien, allen voran für Alleinerziehende, sei es nur unter größtem Aufwand möglich, diese Einzeltherapie außerhalb der Einrichtung zu organisieren. "Häufig wird dann drauf verzichtet. Leidtragende sind die Kinder", sagt Höfig. Er wünscht sich, dass die Stadt die Auflagen, die sie nach Bekanntwerden des Kinderporno-Falls erlassen hat, überdenkt. Zumal es ähnliche Beschränkungen anderswo, so auch im benachbarten Landkreis Würzburg, nicht gebe.
Im Sozialreferat der Stadt sieht man sich derweil auf der sicheren Seite. Die Regierung von Unterfranken hat das Vorgehen ausdrücklich gebilligt. Mittlerweile gibt es sogar Überlegungen im bayerischen Sozialministerium, die Kinderschutz-Empfehlungen der Stadt Würzburg, also auch die Therapie-Auflagen, in eine bayernweite Regelung zu überführen. Das Ministerium sei bereits "initiativ" geworden, heißt es auf Anfrage in München, und habe eine Arbeitsgruppe zusammengestellt, "die ein Rahmenkonzept für die Erstellung von Schutzkonzepten einschließlich Präventionsmaßnahmen als Empfehlung für alle bayerischen Kindertagseinrichtungen erstellen soll". In Kürze werde die Gruppe die Arbeit aufnehmen.
Gründung eines Unterstützerkreises am 10. Oktober
Armin Höfig und Anke Penkwitz wollen derweil den zuletzt schwer verunsicherten Mitarbeitern und Eltern im Vogelshof unter die Arme greifen. In der Kita werde Inklusion schließlich mit viel "Engagement und Herzblut" gelebt. Diese Arbeit, "getragen von großem Idealismus" gelte es einer breiteren Öffentlichkeit transparent zu machen. Deshalb lade man Interessierte für Donnerstag, 10. Oktober, um 19.30 Uhr in die Gethsemanekirche im Stadtteil Heuchelhof zur Gründung eines "Unterstützerkreises für die integrative Kindertagesstätte Vogelshof" ein.
"In eigener Sache" ist ja wohl ein Witz. Immerhin haben Sie den Stadtteil der Einrichtung genannt, und inhaltlich auch schon beschrieben, was die Besonderheiten dieser Einrichtung sind (integrativ). Und dass die Evang. Kirche der Betreiber ist. Darüber hinaus haben Sie mehrfach Fotos der Einrichtung gezeigt.
Dann hätten Sie die Einrichtung auch früher gleich beim Namen nennen können. Oder glabuen Sie, Ihre Leser könnten nicht 2+2 zusammen zählen?