
Regelmäßige Besucher der Volksfeste auf der Talavera in Würzburg kennen ihn, den Mann mit der weißen Kochjacke. Man sieht ihn oft durchs Festzelt streifen, hier einen alten Bekannten begrüßen, dort einen prüfenden Blick auf die Tische werfen. Der Mann heißt Philipp Keller und ist Küchen- und Gastronomieleiter im Festzelt der Familie Hahn. So auch derzeit auf Kiliani. Wie kommt ein Mann, der im Münchner Sterne-Restaurant, im Buckingham Palace in London und auf einem Kreuzfahrtschiff der Luxusklasse auf der halben Welt gekocht hat, Olympiasieger mit der deutschen Koch-Nationalmannschaft wurde, zu Hähnchen, Schäufele und Haxe im Kiliani-Festzelt auf der Würzburger Talavera?
Der Vorteil: Kurze Wege in der Hierarchie und schnelle Entscheidungen
"Als mich der Michael Hahn, den ich von früher kannte, gefragt hat, habe ich mir gedacht, eine Saison kannst Du Dir das ja mal anschauen", erzählt Keller und grinst. "Das war vor zehn Jahren." Was ist passiert? "Mich hat das Festzelt-Virus infiziert", erklärt er. "Wir haben ein tolles Team, mit dem ich fast mehr Zeit verbringe, als mit der Familie, wir haben kurze Wege in der Hierarchie und entscheiden schnell. Und es gibt ja auch den Ausdruck der Kiliani-Familie hier in Würzburg, da freue ich mich schon darauf, alte Bekannte wieder zu treffen. Das macht den Beruf so reizvoll", sagt Keller.
17 Tage dauert das Kiliani-Fest, Keller ist für die Abläufe im Zelt zuständig. "Die müssen passen", sagt er. Das reicht von der Dienstplanerstellung bis hin zu der Bestellung der Ware. Über genaue Mengen spricht er nicht gern, das tut man nie in der Branche, aber im Verlauf des Festes gehen einige tausend Hähnchen und Haxen über den Tresen an die hungrigen Gäste. "Dabei bereiten wir alles, was auf den Tisch kommt, hier frisch im Zelt zu. Nichts wird fertig angeliefert. Da brodelt der Soßentopf schon mal rund um die Uhr, um die Knochen auszukochen", erzählt er. "Und alle Zutaten kommen hier aus unserer tollen Region", fährt Keller fort. Eine gewisse Bodenständigkeit spürt man da auch.

Aufgewachsen ist er im 3000-Seelen-Ort Burgbernheim im Landkreis Neustadt an der Aisch
Denn geboren und aufgewachsen ist er im 3000-Seelen-Ort Burgbernheim im Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim. Sein Fachabitur hat er in Ansbach gemacht. "Meine Eltern sind früh gestorben und mein Großonkel hatte eine großen Landgasthof, da habe ich geholfen und schon früh meine Leidenschaft für Lebensmittel entdeckt", erinnert er sich. "So ist der Gedanke entstanden, eine Kochausbildung zu machen."
In München schnupperte er im "Aquarello" seine erste Sterneluft
Nach der Ausbildung im Hotel Eisenhut in Rothenburg ob der Tauber zog es ihn nach München ins Sterne-Restaurant Aquarello. "Da habe ich meine erste Sterneluft geschnuppert", berichtet Keller. Der Chef dort hatte gute Kontakte nach London zu Anton Mosimann. "Das ist ein Schweizer Koch, der als erster auf der Insel zwei Sterne bekommen hat." Und so zog Keller nach eineinhalb Jahren weiter auf die Insel.
"Der Mosimann ist auch Royal Caterer, darf also für die Königliche Familie kochen, was er zuletzt auch bei den Hochzeiten von Harry und William getan hat", weiß Keller. "Die Königliche Familie kam aber auch oft in unseren Dining Club zum Essen. Ebenso wie Elton John, Rod Stewart oder Alice Cooper", zählt er bekannte Namen auf. "Alice Cooper kam mit zwei Frauen zu uns in die Küche, die eine war seine Partnerin, wie sich heraus stellte, und die andere seine Tochter. Aber ich glaube, die gingen in die selbe Klasse", sagt Keller ganz trocken.
"Und der Uri Geller hat vor meinen Augen in der Küche einen Löffel verbogen, da weiß ich bis heute nicht, wie er das gemacht hat." Auch im Buckingham Palace hat Keller gekocht. Aber: "Was im Palast passiert, bleibt im Palast", sagt er, lächelt und schweigt.
Die nächste Station: Die MS Europa, ein großes Kreuzfahrtschiff der Reederei Hapag Lloyd
Aber auch hier hielt es ihn nur eineinhalb Jahre. Die nächste Station: Die MS Europa, ein großes Kreuzfahrtschiff der Hamburger Reederei Hapag Lloyd. "Ein 7-Sterne-plus-Schiff", sagt Keller stolz. "Wir waren 450 Mann Besatzung für 500 Passagiere. Da habe ich nochmal gelernt, höchste Qualität in großen Mengen zu produzieren. Mit der Europa bin ich um die halbe Welt, von Hamburg bis nach Melbourne gefahren, das war auch privat sehr interessant", sagt er.

Vom Schiff ging es dann weiter ins oberfränkische Kulmbach
Vom Schiff ging's dann ins oberfränkische Kulmbach. "Das war ein leichter Kontrast", sagt er lächelnd. "Ursprünglich wollte ich meinen Meister machen, der ging mir aber zu wenig ins Detail. Also ging ich dort an die Fachschule für Lebensmitteltechniker mit einer zweijährigen Vollzeitausbildung zum staatlich geprüften Lebensmittelverarbeitungstechniker."
Weil er da an den Wochenenden frei hatte, begann er auch noch mit der Nationalmannschaft der Köche für die Olympiade der Köche in Erfurt 2008 zu "trainieren". "56 Nationen traten an und wir haben mit unserem Team aus sechs Köchinnen und Köchen in drei Kategorien Gold gewonnen", berichtet Keller.
"Das wird jetzt kernsaniert, da wird es sehr spannend, was da alles zutage tritt."
Und wie kam er dann ins Bierzelt? "Eigentlich wollte ich dann in die Produktentwicklung. Da traf ich zufällig den Michael Hahn wieder, und der fragte mich, ob ich nicht mal Interesse hätte, für ihn zu arbeiten". Das Ergebnis ist bekannt.
Wie sieht nun seine Zukunft aus? Den Volksfest-Gästen wird er wohl erhalten bleiben, gerade hat der inzwischen 43-Jährige mit seiner Frau zusammen ein altes Haus in seinem Heimatort Burgbernheim gekauft, erzählt er. "Das wird jetzt kernsaniert, da wird es sehr spannend, was da alles zutage tritt." Den Stammgästen im Zelt wird er es dann wohl erzählen.