Vor fast drei Wochen zog der Zyklon "Idai" über Südostafrika hinweg und richtete in Mosambik sowie in Teilen Malawis und Simbabwes verheerende Schäden an. Allein in Mosambik gab es nach UN-Angaben rund 600 Tote und 1,8 Millionen Betroffene. Rund eine Woche danach kam Dr. Oliver Hoffmann (49) zu einem Hilfseinsatz im Krisengebiet an. Der Arzt ist in Würzburg aufgewachsen und hat sein Abitur am Wirsberg-Gymnasium in seiner Heimatstadt gemacht. Von dort aus ging es für ihn raus in die Welt. Er war unter anderem acht Jahre in Afrika und zwei Jahre an einer der weltweit größten Universitäten für Tropenmedizin in London. Mittlerweile lebt er in Berlin und ist in der Zentrale der Johanniter als Fachberater für öffentliches Gesundheitswesen tätig. Er berät dabei in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Hygiene. Ähnliche Einsätze wie in Mosambik hatte er bereits im Südsudan sowie in Haiti. Laut Hoffmann haben die Johanniter im ersten Schritt 200 000 Euro für die Mosambik-Hilfe bereitgestellt, für das Soforthilfeteam werden nochmals neue Mittel benötigt. "Je mehr Spenden wir kriegen, desto mehr Dächer können wir kurzfristig mit Planen wieder decken", sagt Hoffmann.
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Frage: Herr Hoffmann, was war Ihre Aufgabe im Krisengebiet?
Hoffmann: Ich selbst habe dort den Bedarf in einem Johanniter-Erkundungsteam erhoben. Ich habe verschiedene Krankenhäuser besucht und geprüft, wie die Lage ist. Hauptkrankheiten sind Malaria, verschiedene Durchfallerkrankungen, Cholera und obere Atemwegsinfekte. Außer Cholera sind das alles Krankheiten, die ambulant behandelt werden können, aber die Krankenhäuser vor Ort sind total überlastet. Deshalb habe wir jetzt unser Team losgeschickt.
Frage: Wie wird das organisiert und wer gehört dem Team an?
Oliver Hoffmann: Nach der Rückkehr aus Mosambik war ich kurz in meiner Heimat Würzburg und habe dann in Frankfurt mitgeholfen, das Soforthilfeteam der Johanniter vorzubereiten. Das ist ein sogenanntes Notfallmedizinteam mit insgesamt 16 Personen, darunter Ärzte, Krankenschwestern, Rettungssanitäter und Logistiker. Sie können sich selbst versorgen und haben ambulante Behandlungszelte dabei. Zusätzlich schicken wir Medikamente für bis zu 10 000 Leute für bis zu drei Monate. Das Team ist mittlerweile in Mosambik gelandet und soll am Freitag im Einsatzort in Metuchira ankommen. Dort leben knapp 38 000 Betroffene, davon sind sind rund 7400 Menschen ohne Dach über dem Kopf.
Frage: Welche Gebiete haben Sie besucht?
Hoffmann: Ich bin in der Hafenstadt Beira angekommen. Das ist die am schlimmsten betroffene Stadt. Von da aus sind wir dann, als die Straße offen war, als erste internationale Hilfsorganisation nach Nhamatanda gefahren und haben dort mit dem Gesundheitsminister des Distrikts gesprochen und uns ein Krankenhaus angeschaut. Außerdem waren wir in Metuchira und mit dem Helikopter in Guara-Guara.
Frage: Wie gehen die Menschen mit der Situation um?
Hoffmann: Es fiel auf, dass die Menschen selbst anpacken. Keiner hat auf externe Hilfe gewartet, sie haben selbst versucht, ihre Stadt wieder aufzubauen. In dem angesprochenen Krankenhaus bemühte sich das Personal unter Mithilfe des Militärs, die umgeknickten Bäume zu beseitigen und die Schäden an der Klinik zu beheben. Viele Stationen dort waren geschlossen. Auf der anderen Seite herrscht natürlich Trauer. Ich habe Lkw mit Särgen gesehen und die Zahl der Toten ist hoch. Aber generell spürt man die Einstellung, dass die Menschen anpacken und wieder aufstehen. Das hat mich sehr beeindruckt.
Frage: Wie waren Sie untergebracht?
Hoffmann: Ich bin nachts angekommen. Der Anflug war schon sehr speziell, weil man eigentlich nur fünf Straßen, beziehungsweise die Scheinwerfer der Autos gesehen hat. Der Rest der Stadt war dunkel. Ich bin dann in einem Hotel untergekommen. Allerdings gab es dort nur zeitweise Strom über einen Generator und kein fließend Wasser.
Frage: Wie sind die hygienischen Bedingungen?
Hoffmann: Für mich war die berühmte Eimer-Dusche angesagt, die man in Afrika ja häufiger hat. Die Situation war damit ja noch gut, denn die meisten Menschen dort hatten kein Dach mehr über dem Kopf. Auf den Straßen lag unglaublich viel Schutt und es hat auch immer wieder stark nachgeregnet. Prekär ist die Toilettensituation. Es gibt unheimlich viele Toiletten, die nicht sicher sind und wo eine Infektionsübertragung möglich ist.
Frage: Über die Cholera-Fälle wird bisher in Deutschland am meisten berichtet. Ist das das größte Problem in Mosambik?
Hoffmann: Ich denke, dass Malaria das größere Problem ist, weil es viele stehende Gewässer gibt und die Mücken sich rasant vermehren. Ich bin der Meinung, dass daran viel mehr Leute sterben werden, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden. Das Thema kommt auf jeden Fall etwas zu kurz. Eine zusätzliche Ration von Malaria-Medikamenten wäre deshalb auch sehr hilfreich, um die Krankheit in den Griff zu kriegen. Längerfristig wird auf jeden Fall das Thema Ernährung noch ein großes Problem werden.
Frage: Weshalb?
Hoffmann: Ein Großteil der Ernten wurde durch das Wasser zerstört. Die vergangenen Jahre hatten Mosambik und die Nachbarländer bereits Dürren erlebt, weshalb die Lager sicherlich nicht gefüllt waren. Was es gab, ist nun vom Wasser zerstört worden. Das wird eine Herausforderung.
Frage: Das sieht nach einem längerfristigen Einsatz der Johanniter aus.
Hoffmann: Richtig. Wir planen, dort längerfristig zu bleiben und nicht nur Soforthilfe zu leisten, sondern auch Übergangshilfe. In den meisten Ländern, in denen wir tätig sind, folgen anschließend integrierte Projekte. Das heißt, dass wir uns um Gesundheit, Ernährung, Wasser, Sanitär und Hygiene kümmern. Das streben wir in Mosambik auch an.
Die Johanniter-Unfall-Hilfe und „Aktion Deutschland Hilft“ rufen zu Spenden für die Betroffenen von Zyklon Idai auf:
Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., Stichwort: "Zyklon Idai", IBAN: DE94370205000433043300 (Bank für Sozialwirtschaft)
"Aktion Deutschland Hilft", Stichwort "Zyklon Idai", IBAN: DE62 3702 0500 0000 10 20 30 (Bank für Sozialwirtschaft).