Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Bayern hat einen neuen Bezirksvorsitzenden. Bei der Wahl am Freitag in Würzburg setzte sich Bernhard Stiedl, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Ingolstadt, in einer Kampfabstimmung gegen Dominik Schirmer durch. Stiedl erhielt 62,2 Prozent der Stimmen, 37,8 Prozent der Delegierten votierten für Verdi-Mann Schirmer, dessen Wahl zuvor sowohl der Bezirks- als auch der Bundesvorstand des DGB empfohlen hatten. Regionsgeschäftsführer für Unterfranken bleibt Frank Firsching aus Schweinfurt. Der 57-Jährige, der das Amt seit 2014 innehat, kam auf 87,6 Prozent Zustimmung.
Stiedl hatte in seiner kämpferischen Bewerbungsrede Stärke und Selbstbewusstsein des DGB Bayern beschworen. Dieser müsse angesichts seiner Mitgliederzahl von rund 800 000 Frauen und Männern "ebenbürtig mit der Staatskanzlei" agieren. Der 52-Jährige kritisierte, dass Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nur eine Video-Botschaft zum DGB-Treffen in Würzburg geschickt hatte, statt den Gewerkschaftern persönlich Rede und Antwort zu stehen. Allerdings waren auch die meisten der hundert DGB-Delegierten coronabedingt der Tagung im Vogel Convention Center nur digital zugeschaltet.
Forderung: Tariftreuegesetz für Bayern
Der neue DGB-Chef, der die Nachfolge des verstorbenen Matthias Jena antritt, beklagte eine mangelnde Gerechtigkeit in der Gesellschaft. Er forderte die Rücknahme von Hartz IV und mehr Umverteilung von Reichtum in Deutschland. Die bayerische Staatsregierung forderte Stiedl auf, endlich, wie andere Landesregierungen, ein Tariftreuegesetz auf den Weg zu bringen. Dieses soll sicherstellen, dass öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden dürfen, die Tariflöhne bezahlen.
Auch der scheidende DGB-Bundesvorsitzende Reiner Hoffmann sieht im Freistaat viel Handlungsbedarf für die Gewerkschaften. Dass weniger als 30 Prozent der Betriebe tarifgebunden seien, sei ein "Skandal", den man nicht länger zulassen dürfe. Auch bei den Beteiligungsrechten für die Belegschaft sei Bayern Schlusslicht. Von den zwölf der insgesamt 40 DAX-Unternehmen, bei denen die Arbeitnehmer-Mitbestimmung "durch europäisches Gesellschaftsrecht" umgangen werde, kämen elf aus dem Freistaat.
98 000 DGB-Mitglieder in Unterfranken
Zufrieden zeigte sich Hoffmann mit einigen Vorhaben der neuen Bundesregierung, allen voran mit der Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro. Zu begrüßen sei auch die Absicht, die Behinderung von Betriebsratsarbeit künftig stärker strafrechtlich zu verfolgen. Der DGB-Chef kritisierte, dass sich die Ampel-Koalition die Gewerkschaftsforderung nach einer Abschaffung sozialversicherungsfreier Minijobs nicht in ihr Regierungsprogramm aufgenommen habe.
Besonderes Augenmerk der Gewerkschaften gilt in den kommenden Wochen den Betriebsrats- und Personalratswahlen. Allein in Unterfranken, wo der DGB rund 98 000 Mitglieder zählt, stellen die acht Einzelgewerkschaften derzeit in 1000 Betrieben über 4000 Betriebs- und Personalräte. Diese Position soll noch ausgebaut werden.
"Die AfD ist keine Alternative für Beschäftigte"
Allerdings fürchtet man im Zuge der Corona-Krise, dass Feinde der Demokratie, Rechtsextremisten und Antisemiten versuchen könnten, sich mit Corona-Leugnern und Kritikern der Maßnahmen zu verbinden, um in den Betrieben an Einfluss zu gewinnen. Dagegen müssten sich die Gewerkschaften mit aller Kraft wehren, sagte die wiedergewählte stellvertretende bayerische DGB-Vorsitzende, Verena Di Pasquale: "Die AfD ist keine Alternative für Beschäftigte."