45 junge Geflüchtete hatten an der Würzburger Franz-Oberthür-SchuleZeugnistag. Sie alle haben eine zweijährige Ausbildung in Berufsintegrationsklassen absolviert. Unter ihnen waren Menschen wie Isa Daham aus Syrien, der berichtete, er sei zuvor nie in einer Schule gewesen.
Traten bei der Abschlussfeier in der Aula Lehrer ans Rednerpult, brandete Beifall auf; selbst die notorischen Schwätzer in der letzten Reihe waren kurz ruhig und applaudierten. Fünf Schüler sprachen zur Feier, drei programmgemäß, zwei außer der Reihe, manche in schlechtem Deutsch, manche fast fließend, alle mit nachdrücklichem und herzlichem Dank an die Lehrer.
Das erste Schuljahr verbrachten die 45 Geflüchteten, verteilt auf drei Klassen, komplett in der Franz-Oberthür-Schule, das zweite Schuljahr zur Hälfte auch in der Handwerkskammer (HWK). 15 von ihnen schafften den Qualifizierenden Mittelschulabschluss.
Bei fünf Schülern ist unklar, wie es weitergeht
Laut Daniela Fritz von der HWK Service GmbH beginnen 18 Absolventen eine betriebliche Ausbildung, drei eine schulische. Zwei haben einen Vertrag für eine Arbeitsstelle, sieben haben sich an der Fachoberschule angemeldet.
Einige, so Fritz, warten auf Entscheidungen der Zentralen Ausländerbehörde. Mindestens einem der jungen Leute drohe die Abschiebung, weil er, so berichtet eine Betreuerin, Probleme habe, seine Herkunft mit Papieren nachzuweisen. Bei fünf Schülern ist laut Fritz nicht klar, wie es weitergeht.
Die Geflüchteten haben Deutsch gelernt, Unterricht in Ethik, Sozialkunde und Mathematik besucht und Praktika absolviert, um erste Erfahrungen im Beruf zu machen. Auf dem Unterrichtsplan standen auch gesellschaftliches Miteinander, Lernen aus der Geschichte, Leben im Staat, Werteverständnis und kulturelle Vielfalt, Rechte und Pflichten.
Verständnis für andere Kulturen und Traditionen
Schulleiter Gerhard Schenkel berichtete von Klassen mit Schülern aus bis zu acht Nationen und unterschiedlichen Konfessionen. Sie hätten mitbekommen, was "von grundlegender Bedeutung ist: mit Vielfalt umzugehen". Schenkel weiter: "Hier ist man neugierig aufeinander und hat Verständnis für andere Kulturen und Traditionen." Diese Haltung, der Respekt voreinander, sei das, "was wir in unserer Gesellschaft brauchen, was wir immer wieder vermitteln und einüben müssen". Er rief auf, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit "immer aufs Neue" zu bewahren und zu verteidigen.
Einfach scheinen die vergangenen zwei Jahre für Lehrende und Lernende nicht gewesen zu sein. "Manchmal haben wir uns wie kleine Kinder unartig aufgeführt", bekannte der Schüler Ruben Margaryan, aber die Lehrerinnen und Lehrer hätten große Geduld gezeigt, "wie Eltern". Fritz berichtete, sie hätten "nicht immer verstanden, dass wir großen Wert auf Pünktlichkeit und ein zuverlässiges Erscheinen legen".
Franz-Oberthür-Schule als Modellschule
Isa aus Syrien, der als Analphabet kam, erzählte, das erste Jahr sei für ihn nicht gut gewesen. Er habe viel Hilfe gebraucht, es dann aber geschafft. "Schon anstrengend" sei das gewesen, "das war sehr viel Arbeit, auch für die Lehrerinnen und Lehrer."
Ralf Geisler, stellvertretender Schulleiter und Koordinator der Integrationsklassen, beschrieb das Lehrpersonal folgendermaßen: Es habe "Herz und Verstand am rechten Fleck", sei interkulturell kompetent, mutig und entschlossen. Lehrplan gebe es keinen, außerdem kaum rechtliche Vorgaben; die Rahmenbedingungen seien vage. Die Franz-Oberthür-Schule habe das Konzept der Beschulung von Geflüchteten weiterentwickelt und sei Modellschule geworden. Das Ergebnis könne sich sehen lassen.