
Welche Strafen erwarten jugendliche Straftäter? Wir sprachen mit Peter Wohlfahrt, der seit mehr als 14 Jahren als Jugendrichter in Würzburg arbeitet. Der stellvertretende Amtsgerichtsdirektor war in seiner über 30-jährigen Laufbahn unter anderem 13 Jahre Familienrichter und hat einen guten Einblick in die Lebensumstände vieler junger Straftäter.
Peter Wohlfahrt: In Deutschland gelten Kinder erst mit dem 14. Geburtstag als Jugendliche und demnach als strafmündig.
Wohlfahrt: Diebstahl, Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, Körperverletzung und Betrügereien. Beispielsweise werden EC-Karten gestohlen, Konten überzogen oder bei Ebay Dinge angeboten, die nicht existieren.
Wohlfahrt: Ja, durch die neuen Medien. Betrug bei Online-Käufen, ebenso wie Bedrohung oder Beleidigung übers Internet hat es früher nicht gegeben. War man sauer auf jemanden, musste man seine Wut mit nach Hause nehmen und einen Brief schreiben. Bis dahin war die Wut meist verflogen. Heute hat man, oft schneller als man denken kann, irgendeinen Blödsinn bei Facebook veröffentlicht.
Die neuen Medien tragen aber auch erheblich zur Aufklärung von Straftaten bei. Polizei und Gerichte fischen dort alles ab, womit sie eine Straftat nachweisen können.
Welche sind die häufigsten Jugendstrafen?
Wohlfahrt: Das kommt darauf an. Jugendstrafrecht ist Erziehungsstrafrecht. Bei uns geht es nicht darum, den Jugendlichen nach der Tat zu bestrafen. Vielmehr geht es darum, den jungen Mann oder die junge Frau zu erziehen, künftig keine Straftaten mehr zu begehen. Da kommt es darauf an, in welchem Entwicklungszustand er oder sie sich befindet. Hier ist die Jugendgerichtshilfe gefragt. Die Sanktionen richten sich nach der Persönlichkeit des Jugendlichen, ob er schon vorbestraft ist, in welchen Verhältnissen er lebt etc.
Wohlfahrt: Wir sprechen unheimlich viele Weisungen aus: die Weisung, eine Schule zu besuchen, eine Ausbildung oder Arbeit aufzunehmen, eine Geldstrafe zu zahlen, soziale Trainingskurse zu besuchen, Alkohol- und Drogenverbote einzuhalten usw.. Das Jugendstrafrecht bietet viele Möglichkeiten.
Wohlfahrt: Es ist sehr erschreckend, in was für katastrophalen Lebensbedingungen manche Kinder aufwachsen müssen und wie viele Waisen es gibt, deren Eltern schon relativ früh gestorben sind.
Wohlfahrt: Das ist ganz individuell. Es gibt Jugendliche, denen rechnen sie kaum eine Chance ein und sie bekommen ihr Leben trotzdem in den Griff – als ob sich ein Schalter umlegt. Es gibt andere, bei denen die Voraussetzungen eigentlich sehr gut sind und genau diese werden wieder straffällig.
Wohlfahrt: Die Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe in Stadt und Landkreis Würzburg kümmern sich sehr um die Jugendlichen und überwachen die Weisungen, die ich ausspreche. Über sie stehe ich in engem Kontakt mit Schulen, Ausbildern und Bewährungshelfern. Es gibt ein Netzwerk, das sich um die Jugendlichen kümmert – wenn sie es denn wollen.
Wohlfahrt: In der Tat. Wenn einer nicht will, kann man ihm nicht helfen. Er muss die Hilfe zu den Bedingungen annehmen, die die Hilfe verlangt. Jugendliche kommen oft und sagen: Ja, ich nehme die Hilfe an, aber nur zu meinen Bedingungen. Wenn du mir etwas sagst, was mir nicht gefällt, will ich keine Hilfe. Die Hilfe ist nicht dazu gedacht, Jugendlichen etwas abzunehmen, sondern sie zu befähigen, es selbst zu schaffen.