
Dieser Moment sollte privat sein und privat bleiben. Jean Asselborn trifft am Samstag seinen alten Freund Walter Kolbow. Vor 20 Jahren ist zwischen den beiden Politikern eine Freundschaft entstanden. Asselborn, bis November 2023 Außenminister von Luxemburg, und Kolbow, von 1998 bis 2005 parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, sind nicht nur über die Sozialdemokratie miteinander verbunden, sie haben auch am gleichen Tag Geburtstag.
Asselborn wird am 27. April 75, Kolbow 80. "Ich habe mich sehr gefreut, Walter zu sehen", sagt der Luxemburger. Und für Walter Kolbow sei der Besuch "ein Herzensanliegen" gewesen, sagt sein Sohn Alexander. Nach der Begegnung sprach Jean Asselborn beim Neujahrsempfang der SPD in der Franz-Oberthür-Schule. Die Unterbezirke Würzburg Stadt und Land hatten dazu eingeladen.
Volkmar Halbleib kritisiert den Fingerzeig auf die Ampel-Regierung in Berlin
Gut 400 Gäste aus Politik und Gesellschaft, aus Ämtern, Organisationen, Verbänden und Vereinen mögen es gewesen sein, die Freya Altenhöner (Vorsitzende der Stadt-SPD) und Volkmar Halbleib, SPD-Unterbezirks-Vorsitzender Würzburg-Land, in der Schul-Aula begrüßten. Vor einem Jahr stand der SPD-Neujahrsempfang in der Würzburger Posthalle mit Spitzenkandidat Florian von Brunn noch ganz im Zeichen des Landtagswahlkampfs. Diesmal gab Halbleib zu bedenken, dass "bei einem Fingerzeig auf andere, immer drei Finger auf einen selbst zeigen".

Halbleib meint dabei nicht die SPD, deren schlechtes Abschneiden bei der Landtagswahl im Herbst weder er noch Freya Altenhöner am Samstag ansprachen. Vielmehr beziehe sich sein Zeigefinger-Vergleich - das Sprichwort wird dem ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann zugeordnet - auf die bayerische Staatsregierung und deren Angriffe auf die SPD-geführte Bundesregierung. "Drei Finger zeigen nach Bayern zurück - und zwar auf viele Politikbereiche", so Halbleib.
Altenhöner und Halbleib sind sich einig: "Wir müssen den Rechtsextremismus, wir müssen die AfD stellen", sagte der Landtagsabgeordnete aus Ochsenfurt. Doch mit den Zeigefinger auf ihre Wähler zu zeigen, reiche nicht aus. "Parteien der demokratischen Mitte dürfen nicht den rechten Populismus übernehmen, weil sie dadurch nur die AfD beflügeln", warnte Halbleib. Stattdessen sollten sie Orientierung und Zuversicht geben und Geschlossenheit vermitteln.
"Eine Partei, die Deportationen plant, um ein vermeintlich reines Deutschlang zu bekommen, die sich NS-Ideologie zu eigen macht, darf in diesem Land nie wieder wählbar sein", sagte Würzburgs SPD-Vorsitzende Freya Altenhöner am Holocaust-Gedenktag, der jährlich am 27. Janaur an die Befreiung des Vernichtungslager Auschwitz im Jahr 1945 erinnert.
Auch der Gast aus Luxemburg stimmte ernste Töne an: Bis November 2023 war Jean Asselborn Außenminister. Fast 20 Jahre lang war er Luxemburgs Chefdiplomat und bekannt für spitze Bemerkungen, die in der Sprache der Diplomaten eher selten sind. Beim Neujahrsempfang der SPD in Würzburg erlebten die Zuhörinnen und Zuhörer einen eher nachdenklichen Asselborn - einen Außenpolitiker, der fast schon einer politischen Vorlesung über die Vergangenheit und Zukunft Europas sprach.
Was Jean Asselborn von Europa erwartet
Dabei sei die EU nicht so schlecht, wie über sie geredet werde. Das zeige sich schon daran, dass zehn andere Länder vor der Tür stehen. Darunter auch die Türkei, aber "solange Erdogan dafür sorgt, dass Männer und Frauen im Gefängnis sitzen, weil sie Menschenrechte oder die Pressefreiheit verteidigen, ist es unmöglich, dass wir hier Fortschritte machen", so Asselborn, der immer wieder zwei Prinzipien der EU betonte: Solidarität und Rechtstaatlichkeit.
Asselborns Forderung: Europa muss weiter zusammenstehen und Waffen an die Ukraine liefern, "weil sie sonst nicht mehr existieren wird und Putin vor den Toren Polens steht". Und einen Staat für die Palästinenser. "Nur so kann es Frieden in Israel geben."