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Theilheim
Israeli aus dem Landkreis Würzburg: Sorge um die Familie in der Heimat und vor weiterer Eskalation
Ein deutsch-israelisches Paar erzählt, wie es sich aktuell anfühlt, wie der Kontakt in die Heimat gehalten wird und welch große Sorge um das weitere Ausmaß des Konflikts sie umtreibt.
Andrea und ihr israelischer Mann Avi Matitya sorgen sich um seine Familie in Israel und verfolgen intensiv die Nachrichten.
Foto: Patty Varasano | Andrea und ihr israelischer Mann Avi Matitya sorgen sich um seine Familie in Israel und verfolgen intensiv die Nachrichten.
Katja Glatzer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 16:46 Uhr

Avi Matitya sitzt in seinem Wohnzimmer in Theilheim und erzählt. Von seinem Heimatland Israel, seiner Geburtsstadt Jerusalem und einer Kindheit, in der unterschiedliche Kulturen und verschiedene Religionen aufeinandertrafen. In der Schule sei damals Arabisch ein Pflichtfach gewesen und es sei nicht ungewöhnlich gewesen, dass es Kontakte gab zwischen arabischen und israelischen Kindern oder Jugendlichen, sagt der 47-Jährige, der der Liebe wegen vor über 20 Jahren nach Unterfranken kam.

Dennoch sei der Konflikt, der Israel und Palästina seit Jahrzehnten in Atem hält, immer spürbar gewesen, mal mehr - mit Anschlägen und kriegerischen Auseinandersetzungen - mal weniger. So war es für Avi Matitya als Kind ganz normal, dass jedes Haus einen eigenen Schutzraum hatte und, dass das Militär eine große Rolle spielte. "Bis heute sind alle israelischen Männer und Frauen ab 18 Jahren verpflichtet, den Wehrdienst auszuüben, Männer drei Jahre, Frauen zwei Jahre lang", erklärt er.

Konflikt an die Spitze getrieben

Dass der Konflikt sich in den vergangenen Jahren wieder mehr zugespitzt habe, ein Miteinander zwischen Israelis und Arabern kaum mehr möglich gewesen sei, habe er mit Sorge betrachtet. Das, was allerdings am Samstag letzter Woche passiert ist - damit habe niemand gerechnet, sagt er. "Es wurde ein Ausmaß an Brutalität erreicht, dass den Konflikt an die Spitze getrieben hat." Der 7. Oktober 2023, da ist sich Avi Matitya sicher, werde für die Israelis so in die Geschichte eingehen wie der 11. September 2001 für die Amerikaner. 

Andrea und ihr israelischer Mann Avi Matitya vor dem Tablet in ihrem Zuhause in Theilheim. Sie  informieren sich über viele verschiedene Medien über die aktuelle Lage in Israel. 
Foto: Patty Varasano | Andrea und ihr israelischer Mann Avi Matitya vor dem Tablet in ihrem Zuhause in Theilheim. Sie  informieren sich über viele verschiedene Medien über die aktuelle Lage in Israel. 

Als der gelernte Elektriker von dem Großangriff erfuhr, den die Terrororganisation Hamas vom Gaza-Streifen aus gegen Israel gestartet hatte und durch diesen mindestens 1200 Israelis ums Leben kamen, saß er gerade beim Frühstück in seinem Zuhause in Theilheim. "Ich stand unter Schock. Es ist Krieg habe ich zu meiner Frau gesagt", schildert er in einem Gespräch mit dieser Redaktion. 

Per Whatsapp Kontakt nach Israel

Sofort habe er per WhatsApp mit seinen vier Geschwistern in Israel Kontakt aufgenommen. Eine seiner Schwestern lebt seit noch nicht mal einem Jahr nur 15 Kilometer entfernt vom Gaza-Streifen in Netivot. Mit ihrer Familie habe sie sich den ganzen Tag im Schutzraum befunden, so Matitya. "Nun gehen die Kinder in Israel nicht mehr in die Schule, viele Geschäfte haben geschlossen und es werden nur noch die systemrelevanten Berufe ausgeübt."

Natürlich haben die Menschen Angst vor weiteren Angriffen und auch vor weiteren Geiselnahmen. Die Geiselnahmen von Zivilisten verurteilt der 47-Jährige aufs Schärfste und Videos und Bilder von unschuldigen Menschen, die von der radikalislamischen Terrororganisation Hamas entführt, gedemütigt und gequält wurden, schockieren ihn. "Ich bin froh, dass ich niemanden persönlich kenne, der das gerade erleben muss." Es habe sich, so erklärt er, auch gezeigt, "dass unsere Schutzräume, in denen wir bei Fliegeralarm unterschlüpfen, zur Todesfalle wurden, weil sie nicht von innen abschließbar sind und Terroristen dort eindrangen".

Ein Bild aus  Jerusalem: Ein israelischer Soldat hält vor dem Freitagsgebet in der Nähe des Al-Aqsa-Geländes Wache. 
Foto: dpa/Oren Ziv | Ein Bild aus  Jerusalem: Ein israelischer Soldat hält vor dem Freitagsgebet in der Nähe des Al-Aqsa-Geländes Wache. 

Dass Israel nun militärisch reagiert und dem Terror ein Ende setzen will - das kann Matitya absolut nachvollziehen, auch wenn er prinzipiell meint, dass Gewalt als Antwort auf Gewalt nicht die Lösung bringe.

Große Sorge um die Familie 

So viel Terror aber könne man nicht mit Kommunikation und Verhandlungen begegnen. Eine totale Blockade des Gaza-Streifens mit einem Einfuhrverbot von Lebensmitteln und Wasser heißt er jedoch nicht für gut, "es sind zu viele unschuldige Zivilisten, die darunter zu leiden haben". Was er indes nicht in den Kopf bekommt ist, dass solch ein Großangriff, "der mit Sicherheit eine lange Vorausplanung gehabt hat" vom israelischen Geheimdienst in keinster Weise erahnt worden sei. "Das verstehen viele Israelis nicht, da hat unser Land versagt."     

Avi Matitya und seine deutsche Frau Andrea sind in ungeheurer Sorge um seine Familie. Zumal es Neffen und Nichten gibt, die ihren Wehrdienst vor Kurzem abgeleistet haben und vielleicht in den nächsten Wochen für die von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geplante Bodenoffensive eingesetzt werden. "Daran will ich nicht denken", sagt Andrea Matitya. Eine Nichte, die Berufssoldatin ist, sei schon eingezogen worden, obwohl sie zwei kleine Kinder hat. "Sie wollte nicht gehen und ihre Kinder verlassen, aber sie musste. Das schmerzt", so die 50-Jährige.  

Das deutsch-israelische Paar bereiste in der Vergangenheit regelmäßig Jerusalem und die Familie, zuletzt im Dezember 2022. Avi Matitya ist sich sicher, dass das die nächsten Jahre nicht gehen wird. "Der Konflikt wird andauern und wird leider auf beiden Seiten noch viele weitere Opfer fordern." Momentan, so beschreibt es der 47-Jährige, habe er gemischte Gefühle in sich. "Einerseits das Gefühl in Deutschland in sicherer Umgebung zu sein, andererseits das Gefühl nicht vor Ort in der Heimat helfen zu können, es fühlt sich zerrissen an." 

Seit Jahrzehnten andauernder Konflikt

Und dennoch ist er vielleicht genau deshalb in der Lage, den Konflikt  nicht nur einseitig zu bewerten. Denn Matitya, der inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, benennt klar, dass der jahrzehntelang schwelende Konflikt zwischen Israel und Palästina nicht nur auf einen Schuldigen herunterzubrechen sei. "Auf beiden Seiten ist viel Leid passiert." Viele verschiedene Faktoren führten dazu, dass seine Heimatregion Krisenherd sei, "es ist für Außenstehende sehr schwierig, die vielen Details zu verstehen".

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft hatte zu einer Solidaritätskundgebung am unteren Markt in Würzburg aufgerufen.
Foto: Thomas Obermeier | Die Deutsch-Israelische Gesellschaft hatte zu einer Solidaritätskundgebung am unteren Markt in Würzburg aufgerufen.

Mit dem brutalen Großangriff vom letzten Wochenende habe es jetzt aber eine neue Dimension an Brutalität gegeben, "dagegen muss Israel vorgehen". Dass der Konflikt sich auf weitere Nahost-Länder ausweitet, das hält Avi Matitya für wahrscheinlich, die Hisbollah im Libanon habe mit einer Beteiligung ja schon gedroht. "Es macht Angst, was da alles noch kommen kann", so Matitya traurig. Kraft gibt ihm, dass in seinem Heimatland die Menschen ganz nah zusammenstehen. Speziell ihm und seiner Familie habe es auch viel gegeben, an der Solidaritätskundgebung für Israel am unteren Markt in Würzburg vergangene Woche teilzunehmen.

 
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Kommentare
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  • Klaus Fiederling
    es ist schlimm, was da zur Zeit in Israel passiert. Gibt es dort nie Frieden?
    Warum können Menschen nicht zuerst einmal in Frieden miteinander reden
    und über verschiedene Themen sachlich übereinkommen? Solange die
    Hamas noch am Werk ist, wird es in Israel/Palästina einen dauerhaften Frieden
    nicht geben. Jeder behauptet für sich als Hauptstadt Jerusalem. Jerusalem
    ist die "Hauptstadt" aller Religionen, ob Juden, Moslems, oder Christen.
    Hier kann der Westen nicht tatenlos zusehen, es muß von Europa und den USA
    schleunigst Hilfe beikommen, damit das doch so schöne Land nicht dem Erdboden gleich gemacht wird. Shalom für Israel!
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  • Matthias Braun
    "Gibt es dort nie Frieden?" Nein, es gab seit der Staatsgründung Israels nie Frieden. Es scheint ein ewiger Konflikt zwischen Israelis und Palästinenser. Beide Lager sind tief gespalten und verfeindet. Eine Lösung der Konflikte in der Region scheint unmöglich. Es wird auch viel Hass aus der Region "Naher Osten" in diesen Konflikt von außen hineingetragen. Wer im Hintergrund die Fäden zieht ist schwer durchschaubar.

    Mit jedem getöteten Menschen auf beiden Seiten werden jedoch die Gräben immer tiefer. Die Terror Aktionen der Hamas und der Hisbollah sind der falsche Weg und sind scharf zu verurteilen. Unmenschlich war das Massaker der Hamas vor 2 Wochen.

    Israel und Palästina haben ein historisches schweres Erbe. Es ist wichtig dass sich der aktuelle Konflikt nicht zu einem Flächenbrand in der Region ausweitet. Deeskalation auf beiden Seiten ist wichtiger als eine Ausweitung des Konfliktes.Die Demonstrationen in Deutschland, egal für welches Lager, gießen nur unnötiges Öl ins Feuer.
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