
Auf einer Delegationsreise darf es auch mal touristisch werden. Und der Besuch in Jerusalem muss einfach sein, zumal wenn man bedenkt, dass der Landkreis Mateh Yehuda direkt ans Stadtgebiet der biblischen Stadt angrenzt. An keinem anderen Ort sind die Heiligtümer dreier Weltreligionen auf so engem Raum versammelt – spannend und spannungsreich zugleich.

Das wird am Fuß des Tempelbergs deutlich, wo gläubige Juden an der Klagemauer, dem heiligsten Ort des Judentums, beten und über der sich, an der Stelle des von den Römern zerstörten Tempels, heute der Felsendom erhebt – der Ort, an dem der Prophet Mohammend der Legende nach in den Himmel geritten ist. Von der gleich daneben gelegenen Al-Aqsa-Moschee ertönt der Ruf des Muezzins.
Wer zur Klagemauer gelangen will, muss eine Sicherheitsschleuse durchlaufen. Besucher des Tempelbergs müssen zusätzlich mit mindestens einer halben Stunde Wartezeit rechnen. Aber auch der Hotspot christlicher Andacht verlangt Geduld: Vor der Grabeskirche im Herzen der Altstadt drängen sich Hunderte. Nebensaison gibt's hier nicht. Außerhalb der Hauptreisezeit sind es viele Pilgergruppen, die Einlass zum heiligsten Ort der Christenheit begehren.

Knapp 30 Konfessionen teilen sich das in viele Sektionen und Kapellen unterteilte Gotteshaus. Streit bis hin zu Tätlichkeiten unter den Priestern und Mönchen sind deshalb keine Seltenheit. Weil man, um den Zwist zu beenden, Anfang des 20. Jahrhunderts beschloss, Veränderungen nur noch zuzulassen, wenn sich alle einig sind, steht heute noch auf einem Sims eine alte Holzstaffelei, die ein Handwerker damals dort vergessen hatte. Verrückte Welt.
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Ein Ort des konstruktiven Streits ist die Knesset, das israelische Parlament, das einen Hügel der westlichen Neustadt krönt. Israel erweist sich dort als offene Demokratie. Jedem Bürger steht es zu, den Plenarsitzungen und selbst den Ausschussberatungen beizuwohnen, sagt unsere Führerin. In der Lobby und selbst im Internet wird angezeigt, welcher Abgeordnete gerade an der Sitzung teilnimmt. Auch Benny Gantz war da, der zurzeit an der Bildung einer neuen Regierung unter seiner Führung zu verzweifeln droht.

Zuvor sind wir noch dem bayerischen Wissenschaftsminister Bernd Sibler und seinem Büroleiter Tobias Haaf, einem früheren Kreisrat aus Höchberg, über den Weg gelaufen. Ganz zufällig. Der Minister und sein Gefolge sind mit allen bayerischen Uniprofessoren in Israel zu Gast, um sich über die Entwicklung der künstlichen Intelligenz auszutauschen. Tel Aviv, das nächste Ziel unserer Reise, ist dafür sicher ein passenderer Ort. Neben dem Silicon Valley gilt die völkerrechtlich anerkannte Hauptstadt Israels als weltweites Zentrum der Softwaretechnologie. Aber dazu später mehr.
Redakteur Gerhard Meißner begleitet eine Delegation aus dem Landkreis Würzburg in den israelischen Partnerlandkreis Mateh Yehuda und berichtet davon täglich in seinem Reisetagebuch.