zurück
Würzburg
Interview vor Auftritt in Würzburg: Warum Eckart von Hirschhausen hauptberuflich die Welt und das Klima retten will
Der Arzt, Autor, Moderator und Entertainer Eckart von Hirschhausen tritt am 30. Oktober beim Literaturfestival MainLit auf. Seine These: Wir müssen nicht das Klima retten, sondern uns.
Der Arzt, Autor, (ehemalige) Kabarettist, Moderator und Entertainer Eckart von Hirschhausen liest am 30. Oktober in Würzburg.
Foto: Dominik Butzmann | Der Arzt, Autor, (ehemalige) Kabarettist, Moderator und Entertainer Eckart von Hirschhausen liest am 30. Oktober in Würzburg.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 16.10.2023 02:50 Uhr

Eckart von Hirschhausen, 56, hat seine Bühnenkarriere beendet, um sich ganz einem Thema zu widmen: der Bewahrung unserer Lebensgrundlagen. Denn: "Es ist schwer, die Welt ehrenamtlich zu retten, solange sie andere hauptberuflich zerstören." Am 30. Oktober gastiert der Arzt, Entertainer und Autor beim Literaturfestival MainLit in Würzburg.

Frage: Nach der Ahrtal-Katastrophe 2021 haben Sie gesagt, jetzt sei für alle sichtbar, dass die Klimakrise in vollem Gange sei. Dennoch scheint diese Erfahrung kein kollektives Umdenken angestoßen zu haben.

Eckart von Hirschhausen: Ahrtal war eine Katastrophe mit Ansage. Die 60.000 Hitzetoten letztes Jahr in Europa auch. In den Medien war zeitgleich aber mit dem Bericht des Weltklimarates das große Thema: die Rettung einer Bank und eine Ohrfeige in Hollywood. Absurd. Die für mich bitterste Erkenntnis als Wissenschaftsjournalist ist: Emotionen, Bilder und Ängste zählen mehr als Fakten. Aber das ist menschlich, deshalb braucht es auch eine andere Kernfrage. Statt "Was kostet uns Umweltschutz" lasst uns darüber reden: "Was kostet es uns, weiterzumachen wie bisher?"

Was kann jeder von uns tun, um das Klima doch noch zu retten?

Von Hirschhausen: Das Wichtigste, was ein einzelner tun kann, ist: Nicht allein bleiben! Unsere Lebensgrundlagen retten wir nicht mit Jutebeuteln, sondern mit juter Politik - wie der Berliner sagt. Jeder hat einen Fußabdruck und viel entscheidender: einen Handabdruck. Wo kann mein Handeln, mein Netzwerk, mein Einfluss auf jemanden, der vielleicht noch mehr Einfluss hat als ich, die Rahmenbedingungen und Gesetze voranbringen, die wir jetzt brauchen? Und wenn Sie am 30. Oktober zum Literaturfestival mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommen, einen lieben Menschen mitbringen, vorher lecker vegetarisch essen gehen, nachher noch ein Bier mit mir trinken aus regionalem Anbau und am nächsten Tag die Ideen aus meinen Büchern weitererzählen, machen Sie schon ganz viel richtig – und hatten einen guten Abend!

"Jeder mit offenen Augen und offenem Herzen weiß, die Probleme sind da. Es wird nicht mehr wie früher, selbst wenn man die von vorgestern wählt."
Eckart von Hirschhausen

Wie muss man sich eine Lesung bei Ihnen vorstellen?

Von Hirschhausen: Alle, die dies hier lesen, können ja offenbar selbst lesen. Deshalb werde ich sicher nur kleine Auszüge aus meinen beiden aktuellen Büchern "Mensch Erde!" und "Als ich mich auf den Weg machte, die Erde zu retten" wirklich vorlesen. Es wird sehr lebendig und interaktiv. Auch wenn ich meine Bühnenkarriere beendet habe, um mich meinem Herzensthema – dem Schutz unserer Lebensgrundlagen – mit oberster Priorität zu widmen. Ich habe ja meinen Humor nicht verloren. Und deshalb verspreche ich: Es wird lustig. Und jeder geht mit mehr Hoffnung und konstruktiven Ideen nach Hause, als er oder sie gekommen ist.

Eckart von Hirschhausen mit eindeutiger Geste bei einem Auftritt 2016 im Würzburger CCW.
Foto: Patty Varasano | Eckart von Hirschhausen mit eindeutiger Geste bei einem Auftritt 2016 im Würzburger CCW.

Viele fühlen sich angesichts der aktuellen Krisen machtlos, wo sehen Sie Grund zur Hoffnung?

Von Hirschhausen: Überall. Würzburg ist ja auch eine Hochburg der Medizin. Ich durfte bereits Vorlesungen dort halten und kenne einige sehr engagiert Menschen vor Ort. Das Gesundheitswesen als Ganzes trägt in Deutschland zu über fünf Prozent zu den Emissionen bei, also mehr als der Flugverkehr. Das geht los mit dem enormen Energieverbrauch, pro Krankenbett etwa so viel wie ein Einfamilienhaus. Dann wird unfassbar viel Müll produziert, durch all die Wegwerfartikel, sogar OP-Besteck wird oft weggeschmissen, weil irgendein Sparfuchs in der Verwaltung das "billiger" findet, als das zu sterilisieren und wiederzuverwenden. Allein, was jeden Tag in Krankenhäusern an Essen weggeworfen wird, stinkt zum Himmel. Eine leckere pflanzenbasierte Kost sollte es in jeder Kita, in jeder Schule und in jedem Krankenhaus geben.

Jetzt haben Sie sich vom Kabarett verabschiedet und sagen: Unsere persönliche Gesundheit hängt entscheidend von der Gesundheit der Erde ab. Was meinen Sie damit?

Von Hirschhausen: Es ist schwer, die Welt ehrenamtlich zu retten, solange sie andere hauptberuflich zerstören. Als Arzt weiß ich: Gesundheit beginnt nicht mit einer Tablette, Operation oder einem MRT. Gesundheit beginnt mit fünf Lebensgrundlagen. Alle Menschen brauchen saubere Luft zum Atmen, Wasser zum Trinken, leckere Pflanzen zum Essen, erträgliche Temperaturen und ein friedliches Miteinander. Jeden Tag sehen wir in den Nachrichten, dass alle diese Lebensgrundlagen akut in Gefahr sind. Deshalb widme ich mich jetzt mit vollem Elan meiner Stiftung Gesunde Erde - Gesunde Menschen. Wir müssen nicht "das Klima" retten – sondern uns. Jeder mit offenen Augen und offenem Herzen weiß, die Probleme sind da. Es wird nicht mehr wie früher, selbst wenn man die von vorgestern wählt.

Eckart von Hirschhausen tritt am 30. Oktober, 19 Uhr, im Würzburger CCW auf. Karten: Tourist-Info im Falkenhaus am Markt, Tel. (0931) 372398 oder www.main-lit.de

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Mathias Wiedemann
Eckart von Hirschhausen
Energiebedarf und Energieverbrauch
Instagram-Inhalte
Intergovernmental Panel on Climate Change
Klimakrise
Markt Höchberg
Rettung
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Hans-Martin Hoffmann
    Das Blöde ist bloß

    gefühlt will es offenbar niemand wahr haben, dass wir nicht das Klima bzw. gar die Erde retten müssen (die kommen auch bei/ mit höheren Temperaturen und dafür ohne "uns" ganz prima klar), sondern dass es darum geht, wie viele Menschen sich das ("menschenwürdige...") Leben auch in 50 oder 100 Jahren noch leisten können. Ich möchte mal die (dumme) Frage stellen, ob die Menschheit als solche überhaupt (noch) zu retten ist oder ob sie nicht auf dem besten Weg ist, sich durch Dummheit, Egoismus, Neid, Habgier und Hass selber den Boden unter den Füßen wegzuziehen, ohne auch nur ansatzweise auf die Idee zu kommen, dass es eben genau dorthin geht...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten