zurück
WÜRZBURG
Hirschhausen - Patientenversteher zwischen Magie und Medizin
Hirschhausen in Aktion: unblutige Blinddarm-OP in aller Öffentlichkeit mit überraschendem Ausgang.
Foto: Patty Varasano | Hirschhausen in Aktion: unblutige Blinddarm-OP in aller Öffentlichkeit mit überraschendem Ausgang.
Von unserem Mitarbeiter Reinhard Glaab
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:24 Uhr

In wenigen Bereichen des Lebens fühlt sich der Laie so hilflos wie in Gesundheitsfragen: Welches Medikament wirkt? Welchem Arzt kann ich vertrauen? OP jetzt oder später oder überhaupt? Ein wenig Erleuchtung im obskuren Dschungel der Medizin erhofften sich 1600 Gläubige, die zu Eckart von Hirschhausen ins ausverkaufte Würzburger Congress Centrum gewallfahrt waren, um aus seinem Programm „Wunderheiler“ Hilfreiches, Tröstliches und Aufbauendes mitzunehmen.

Der charmante Guru der volkstümlichen Gesundheitserziehung enttäuscht sie nicht beim jovialen Pendeln zwischen Medizin und Magie. Dr. med. Hirschhausen präsentiert sich als gut gelaunter, publikumsnaher Fachmann, der seiner Gemeinde mit Witz und Überzeugungskraft den starren Blick auf Krankheitsbilder nimmt. Er fordert für eine Therapie schlüssige Beweise, belastbare wissenschaftliche Untersuchungen, rät zu Gelassenheit und zu Skalpell-Skepsis. Unweigerlich drängt sich das Gefühl auf: Den wünschst du dir als Hausarzt. Er hört zu, nimmt dich und deine Beschwerden ernst und lächelt sie überzeugend weg – ein Schamane im weißen Kittel!

Der 49-jährige Plauderer beschmutzt nicht das Nest der Kollegen, macht aber deutlich, wo es übel riecht in Krankenhaus und Praxis. Mit der Fallpauschale, so schimpft er, provozieren Klinikverwaltungen einen „Bruch der ärztlichen Ethik“ durch eine gnadenlose Ökonomisierung der Medizin. Bei den Niedergelassenen bespöttelt er mit neckischen Beispielen den ökonomisch-operativen Eifer mancher Kollegen.

Fotoserie

Hirschhausen sorgt sich um die fehlenden 50 000 Kräfte im Pflegedienst und lässt die versammelten Pflegekräfte hochleben. Reichlich Zeit widmet er dem Engagement der Stiftungen und Helfer, die mit Clownerie und Klamauk bei jungen und alten Patienten Hilflosigkeit in Heiterkeit verwandeln.

Als Zauberkünstler hat Hirschhausen seine Bühnenkarriere begonnen. Da ist der Sprung zum Wunderheiler schnell getan und eine fast unblutige Blinddarm-OP live eine Riesengaudi. Michael aus Wertheim wird auf die Bahre geholt und vor laufender Kamera von dem unnützen Teil befreit. Der Gaukler hätte auch den Trick mit der zersägten Jungfrau vorgeführt – aber es war in Würzburg keine Säge zu finden!

Hirschhausen unterhält sein Publikum mit verblüffenden Anekdoten aus der Medizingeschichte und entlarvt dabei den Schwertschlucker als Vorreiter der Magenspiegelung: Tausche Degen gegen Rohr und du siehst wie es im Magen zugeht. Die Heilkraft der guten Laune stellt er weit über die Wirksamkeit von Medikamenten, die man auch durch positive Gefühle und Placebos ersetzen kann.

Musik als wichtigem Faktor gesunden Empfindens billigt der Unterhalter einen hohen Stellenwert zu. Das gemeinsame Singen reicht von Ernst Negers „Heile, heile Gänsje“ bis zu Katja Ebsteins Vision „Wunder gibt es immer wieder“. Eric Claptons „Tears in heaven“ hat Hirschhausen umgedichtet und trägt seine Version mit tränennaher Empathie vor.

Seine Fans, die ihm über zwei Stunden zugejubelt haben, entlässt der Showmaster mit der optimistischen Erkenntnis: „So lange du atmest, ist mehr an dir gesund als krank!“

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Eckart von Hirschhausen
Wunderheiler
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen