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Würzburg
Inklusionsprojekt im Chambinzky: Eine Vorstellung für Menschen nicht nur mit Autismus
Am kommenden Sonntag findet auf der Bühne im Kulturkeller die erste "Relaxed Performance" für Menschen mit Autismus statt.
Am 18. Dezember findet im Chambinzky die erste 'Relaxed Performance' speziell für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung statt. Berater Pablo Klaschka, Csaba Béke und Martina Esser (von links) sitzen im Bühnenblid des Theaterraums.
Foto: Thomas Obermeier | Am 18. Dezember findet im Chambinzky die erste "Relaxed Performance" speziell für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung statt.
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 11.02.2024 22:20 Uhr

Kurz vor Jahresende plant das Chambinzky eine Premiere der besonderen Art: Am kommenden Sonntag, 18. Dezember, findet mit dem Zwei-Personen-Stück "Die Tanzstunde" von Mark St. Germain zum ersten Mal eine Theateraufführung im speziellen Format der "Relaxed Performance" statt. Der Theaterbesuch in entspannter Atmosphäre ist nicht nur, aber vor allem für Menschen mit Autismus gedacht.

Das Konzept stammt aus England und ist dort deutlich weiter verbreitet als hierzulande. "Es wurde von der autistischen Community erfunden, ist aber für alle Menschen", betont Pablo Klaschka. Er ist selbst Autist und konnte das Chambinzky-Team zusammen mit Regisseurin Martina Esser von seiner Idee einer "Relaxed Performance" schnell überzeugen: "Wir haben schon während des Corona-Lockdowns überlegt, wie wir mehr Leute begeistern können und welchen Gruppen ein Theaterbesuch verwehrt ist", sagt Theaterdirektor Csaba Béke.

Eine intensive Beleuchtung gibt es während der Vorstellung nicht

Ein Ergebnis ist die erste Vorstellung im Chambinzky, die für gehörlose Menschen von zwei Gebärdensprachen-Dolmetscherinnen simultan übersetzt wird: Die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens an diesem Mittwoch, 14 Dezember. Am Sonntagabend folgt die Premiere der "Relaxed Performance", bei der es auch auf der Bühne um Autismus und die Herausforderungen im Alltag geht: Professor Ever Montgomery ist Asperger-Autist und nimmt im Vorfeld eines gesellschaftlichen Events eine Tanzstunde bei seiner Nachbarin Senga Quinn, einer professionellen Tänzerin.

Schwierig für den Professor, weil er keinen Körperkontakt ertragen kann: "Das Stück ist sehr berührend, es kommen aber auch unwahrscheinlich witzige Dialoge zustande", erläutert Martina Esser. Fragen zu den Problemen, die autistische Menschen beim Theaterbesuch haben können, hat Pablo Klaschka dem interessierten Publikum immer nach den Freitags-Vorstellungen beantwortet. Als Berater des Projekts "hat er die Maßstäbe gesetzt und uns genau vermittelt, was gefragt ist", sagt Béke.

Um während der Vorstellung Reizüberflutungen zu vermeiden, wird nicht nur eine zu intensive Beleuchtung während des Stückes vermieden, es wird auch nie völlig dunkel im Saal. Weil Körperkontakt für autistische Menschen schwierig sein kann, bleibt während der Vorstellung jeder zweite Platz frei. Und um dem Publikum die Vorbereitung so einfach wie möglich zu machen, steht auf der Chambinzky-Webseite ein umfangreicher Leitfaden mit allen Einzelheiten und zahlreichen Fotos von den Räumlichkeiten zur Verfügung. "So etwas könnte man für normale Theatervorstellungen auch machen", sagt Pablo Klaschka.

Auf die Hälfte der 70 Sitzplätze im Kulturkeller wird verzichtet

Für Menschen wie ihn ist es zum Beispiel wichtig zu wissen, wo die Tickets kontrolliert werden, weil es in dieser Situation zur Interaktion mit einer anderen Person kommt. Noch wichtiger ist Klaschka aber, "dass an diesem Abend normalisiert ist, dass Menschen anders sind". So wird es zum Beispiel kein Problem sein, bei Bedarf den Theatersaal im Kulturkeller während der Vorstellung zu verlassen und sich in einem extra eingerichteten Rückzugsraum eine kurze Auszeit zu nehmen.

Ohne finanzielle Unterstützung durch das Inklusionsbüro der Stadt wäre das Pilotprojekt nicht möglich gewesen, denn auch Gebärdensprachen-Dolmetscherinnen wollen bezahlt werden und bei der "Relaxed Performance" wird auf die Hälfte der 70 Sitzplätze im Kulturkeller verzichtet. "Wir bieten die Tickets auch zu vergünstigten Preisen für gehörlose Menschen und die autistische Community an", so Béke. Für das kommende Jahr sollen weitere Fördermöglichkeiten gefunden werden. Wenn das gelingt, könnte es bei jeder Produktion des Chambinzky eine Vorstellung für Gehörlose und bei geeigneten Stücken auch für autistische Menschen geben.

Die Sondervorstellung des Stücks "Die Tanzstunde" findet an diesem Sonntag, 18. Dezember, um 19 Uhr statt, Tickets können online auf der Chambinzky-Webseite gebucht werden.

 
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    Ein tolles Projekt! Aber bitte verwenden Sie nicht mehr den Begriff "Asperger". Obwohl Autismus ein großes Spektrum umfasst, wird der Begriff "Autismus" für alle Varianten darin verwendet. Hans Asperger hat außerdem im Nationalsozalismus eine unrühmliche Rolle gespielt und verdient ein solches Gedenken nicht.
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  • P. K.
    @Silvaner Vielen Dank für Ihren Kommentar!

    Pablo Klaschka (im Bild links) hier. Während ich mich Ihrer Aussage anschließen würde (natürlich gibt es auch hier gewisse Nuancen, aber das ist hierfür nicht weiter relevant), beharrt das 2015 veröffentlichte Stück (in Skript/Inhalt) auf der "Asperger"-Bezeichnung.

    Ob das im Kontext des Stücks gut ist oder nicht sei mal dahin gestellt (ich habe im Vorfeld bei der Vorbereitung des Stücks über die diese Problematik aufgeklärt, damit man damit, in welcher Form auch immer, "bewusst" umgeht).

    Ich persönlich finde den Umgang des Stücks (man lese: das Skript) mit der Wortwahl nicht ideal (wie gesagt: ich bin Ihrer Meinung), fand es aber "entschuldbar", weil das Stück in meinen Augen eine ganze Menge sehr gut darstellt. Auf die Wortwahl-Thematik weise deshalb ich auch, wenn ich es schaffe, immer bei den Fragerunden Freitags im Anschluss an das Stück hin.

    Aber die Verwendung im Artikel entstammt somit wohl (ob gut oder schlecht) dem Stück selbst.
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