
60 Jahre gibt es die Lebenshilfe in Bayern. Seit 21 Jahren ist die Würzburgerin Barbara Stamm deren Vorsitzende. Aber nicht nur deshalb stand die ehemalige Landtagspräsidentin im Mittelpunkt des Staatsempfangs zum 60. Geburtstag im Hofgarten der Würzburger Residenz.
Ministerpräsident Markus Söder nannte sie in seinem Festvortrag die "Queen Mum" der bayerischen Politik und beschrieb ihre Vorbildfunktion so. "Egal in welcher Funktion, egal in welchem Amt, du hast über Jahrzehnte das soziale Bayern geprägt, hast in die Kälte der Politik Wärme gebracht und ohne Rücksicht auf die Karriere und die eigene Gesundheit dich immer für die Schwächsten engagiert."
Die Lebenshilfe Bayern setzt sich seit 60 Jahren insbesondere für Menschen mit geistiger Behinderung und deren Familien ein. Die ersten sechs bayerischen Lebenshilfen haben am 12. Mai 1962 den Dachverband gegründet. Heute gehören ihm 160 Mitgliedsorganisationen an, die im Freistaat über 50.000 Menschen mit Behinderungen und deren Familien betreuen. "Wir sind aber auch ein Elternverband und werden dies bleiben", sagte Stamm in ihrer Ansprache.
Vor rund 300 Gästen aus den bayerischen Lebenshilfen, aus Politik und Gesellschaft stellte Markus Söder die Werte, die hinter einem Verband wie der Lebenshilfe stehen in den Mittelpunkt seiner Rede. Das sei zum einen der Schutz des Lebens. Da gebe es keinen Spielraum. Das habe er in der Corona-Zeit gelernt, wo für ihn immer klar gewesen sei, dass auch Einschränkungen für viele getroffen werden müssten, um das Leben weniger zu retten. Das dies nicht immer eingesehen worden sei, habe ihn von Beginn der Pandemie an am meisten geärgert.

Der zweite Wert, den die Lebenshilfe von Anfang an vermittelt habe, sei die Würde. "Wir sind alle gleich, auch wenn wir manchmal etwas anders sind", sagte Söder und fügte hinzu: "Wir reden alle über diverse Gesellschaft, das ist gut, aber viel zu wenig über inklusive Gesellschaft." Inklusion sei kein Modewort, sondern der Kernauftrag einer Gesellschaft.
Der dritte Wert sei die Liebe. Die vermittele die Lebenshilfe nicht nur, die bekämen die, die sich dort engagagierten auch zurück. Das gebe Kraft und Freude, auch weiterhin zu helfen. Und der Ministerpräsident versprach, dass nicht nur die Liebesbeziehung in der Lebenshilfe bestehen bleibe, sondern auch die zwischen der Lebenshilfe und dem Freistaat Bayern.
Dabei gehe es auch um Wertschätzung für das, was die Eltern und in der Lebenshilfe Engagierte alles leisten. Denn soziales Engagement sei nicht vom schnellen Erfolg geprägt und müsse Rückschläge hinnehmen. Die Lebenshilfe sei kein Projekt, sondern eine Leidenschaft, die man gemeinsam lebe.

Ohne die Lebenshilfe und ohne die Unterstützung der bayerischen Staatsregierung würde es das Bundesteilhabegesetz in seiner jetzigen Form nicht geben, sagte Barbara Stamm. Sie wisse, dass die Bezirke oft über die Kosten stöhnten, aber das Geld sei gut angelegt, um die Würde des Menschen in allen Lebenslagen zu gewährleisten. Die Lebenshilfe sei ein Einrichtungsverband, aber sie wolle Inklusion. Den anwesenden Gesundheitsminister Klaus Holetschek bat sie angesichts des Pflegenotstands, die Rahmenbedingungen weiter zu versbessern, um genügend Fachpersonal zu bekommen.
Die Lebenshilfe sei aber auch ein Selbsthilfeverband. Man habe sich damit viel Zeit gelassen, aber inzwischen sei es selbstverständlich, dass sich die Menschen, die von der Lebenshilfe betreut würden, selbst vertreten und ihre Würde anmahnen könnten. Und die Lebenshilfe sei ein Elternverband und wollen das auch bleiben. Das sei nicht rückständig. Wir wüssten, in welcher Sorge die Eltern für ihre Kinder da sind. "Die Lebenshilfe ist eine Familie", sagte Stamm.
Unterhalten wurden die Gäste nach den Ansprachen von der inklusiven Band "Mosaik", die die Forderung nach selbstbestimmten Leben auch musikalisch unterstrich. Bedient wurden sie vom inklusiven Catering "INCa". Beides Projekte der Mainfränkischen Werkstätten der Lebenshilfe.