
Seit Donnerstagnachmittag steht fest: Die Ständige Impfkommission (Stiko)empfiehlt unter bestimmten Voraussetzung eine Corona-Schutzimpfung für Kinder unter zwölf Jahren mit bestimmten Vorerkrankungen. Aber auch gesunde Kinder sollen auf Wunsch geimpft werden können.
Das Gesundheitsamt für Stadt und Landkreis Würzburg befürwortet die Entscheidung. "Wir sind intensiv in den Vorbereitungen für den Start der Kinderimpfungen", teilt die Pressestelle des Landratsamtes auf Nachfrage dieser Redaktion mit. Der Impfstoff sei bestellt und Kinderärzte würden rekrutiert. "Sobald der genau Startzeitpunkt feststeht, werden wir ihn bekanntgeben."
In einer Pressemitteilung teilt Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek am Sonntag dazu mit: "Wir haben die Impfzentren gebeten, frühestmöglich mit den Impfungen zu beginnen, möglichst schon ab dem 15. Dezember, und Sonderimpfaktionen so schnell wie möglich anzubieten. Klar ist: Wir wollen für viele Kinder die erste Impfung noch vor den Weihnachtsferien ermöglichen!"
Impfzentren bieten bald Beratung an
Stadt und Landkreis verfügten zudem über genügend Impfstoff, um allen ein Impfangebot zu machen. "Die meisten der uns bekannten kinderärztlichen Kollegen führen Covid-Impfungen durch", so die Pressestelle. Es obliege den Kinderärzten, ob und in welchem Ausmaß sie Covid-19-Impfungen durchführten. Am besten sollten die Eltern "ihren" Kinderarzt konsultieren. Eine Liste der impfenden Kinderärzte werde vom Gesundheitsamt nicht erstellt und "vor allem auch aus Schutz vor radikalen Impfgegnern nicht veröffentlicht".
Stadt und Landkreis werden außerdem an verschiedenen Terminen Kinderimpfungen anbieten. Diese sollen unter Einhaltung maximaler Sicherheit und entsprechender Vorbereitung an festen, geeigneten Impforten stattfinden, so Pressesprecherin Dagmar Hofmann. "An diesen Terminen werden ausschließlich Kinderimpfungen von kinderärztlich erfahrenen Kollegen durchgeführt." Vor Ort solle es auch die Möglichkeit einer Impfberatung mit ausreichender Bedenkzeit geben.
Sie weist ausdrücklich darauf hin, dass das Betreten eines Impfzentrums zur Kinderimpfung nicht bedeutet, dass zwangsläufig eine Impfung erfolgen müsse. An Schulen sind zunächst keine Impfaktionen für Kinder zwischen fünf und elf Jahren geplant. Es werde jedoch weitere Extra-Impfsprechstunden für diese Altersgruppe in Stadt und Landkreis Würzburg geben.
Wie sehen Kinderärzte die Datenlage?
Ab Januar 2022 möchte zum Beispiel der Kinderarzt Dr. Gerhard Hofmann in seiner Praxis im Würzburger Frauenland mit den Impfungen starten. "Bei Impfungen vor Weihnachten müssten wir eine Priorisierung einführen", erklärt er, das wolle er nicht. Auch das Risiko, dass die zugesagte Menge an Impfstoff nicht geliefert werde und Termine abgesagt werden müssten, sei ihm zu hoch, sagt der 62-Jährige. "Wir wollen das lieber geordnet anbieten. Wir sind sicher, dass wir den Impfstoff im Januar haben werden. Das ist alles schon organisiert." Im neuen Jahr will er dann seine Sprechstunde an einem Nachmittag in der Woche schließen: "In dieser Zeit machen wir dann die Impfsprechstunde."
Der Mediziner kann die Einschränkung der Stiko, die Impfung überwiegend nur fünf- bis elfjährigen Kindern mit Vorerkrankungen zu empfehlen, nicht ganz nachvollziehen. Es gebe allein in den USA in dieser Altersgruppe aktuell mehr als sechs Millionen Geimpfte, dies sei eine gute Datenlage zur Sicherheit der Impfung bei Kindern. Was den Impfstoff angehe, unterscheide er sich nicht von jenem für Erwachsene, nur die Dosierung sei bei Kindern eben entsprechend niedriger. Eine Ampulle des Impfstoffes für Kinder unter Zwölf reiche für zehn Dosen, bei Erwachsenen reiche eine Ampulle für sechs Dosen, erklärt Gerhard Hofmann.
Interesse an Kinderimpfungen ist groß
Kollege Jürgen Marseille, der seine Kinderarztpraxis im Würzburger Landkreis in Röttingen betreibt, möchte mit dem Impfen beginnen, "sobald der Impfstoff eintrifft". Aktuell hat Marseille, der auch Sprecher des Berufsverbands der Kinder und Jugendärzte Unterfranken ist, 80 Kinder auf der Warteliste in seiner Praxis. Das Interesse sei groß. "Ich weiß allerdings auch von Kolleginnen und Kollegen, die abwarten wollen, bis die endgültige Empfehlung der Stiko für alle Kinder unter zwölf Jahren kommt." Ärztinnen und Ärzte, die eine Impfung der jüngeren Kinder ablehnten, gebe es auch vereinzelt. Er selbst beschreibt die aktuelle Empfehlung der Stiko als "zurückhaltend". Für ihn sei die Datenlage recht klar, auch wenn die Stiko das anderes sehe, sagt er und verweist wie Hofmann auf viele Millionen amerikanische Kinder, die schon geimpft wurden.
Was sagen Eltern?
Michael Rebitzer aus Oberpleichfeld, Vater zweier Kinder im Alter von vier und sechs Jahren, findet die Entscheidung der Stiko grundsätzlich gut, "auch, dass diese noch auf Kinder mit Vorerkrankungen beschränkt ist", sagt er. Der Berufssoldat im Sanitätsdienst und Notfallsanitäter sieht eher die noch nicht geimpften Erwachsenen in der Pflicht, sich endlich impfen zu lassen. "Ich will nicht, dass es so aussieht, als wären die Kleinsten an der derzeitigen Pandemielage schuld, denn das sind sie definitiv nicht." Er selbst werde seine Kinder nicht sofort impfen lassen, es aber dennoch für die Zukunft nicht ausschließen. "Die Lage ist sehr dynamisch und darauf sollte man reagieren", so Rebitzer, der auch einer der Hauptakteure beim Betreiben der Schnellteststrecke in Oberpleichfeld ist.
Eine Mutter zweier Kinder aus dem Würzburger Frauenland will indes ihre neunjährige Tochter sobald wie möglich impfen lassen. Das neunjährige Mädchen hat eine Autoimmunerkrankung und gehört somit zur Risikogruppe. "Ich hatte mich schon vorher beim Kinderarzt informiert und jetzt noch auf die Empfehlung der Stiko gewartet", so die 46-Jährige. Ihr gehe es dabei um den Schutz ihrer Tochter. Bei ihrer jüngeren Tochter wolle sie noch etwas abwarten und schauen, wie sich die Infektionslage entwickelt. Beim Abwägen spiele auch die Angst vor der neuen Variante Omikron eine Rolle, aber auch die Sorge vor Quarantänen und daraus entstehende soziale Folgen für ihr Kind.