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Würzburg/Schweinfurt
Immer mehr Kirchenaustritte: Termin-Stau in den Standesämtern reicht bis Fasching
Nach der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens haben viele Christen die Nase von ihrer Kirche voll. Warum der Austritt aber nicht von heute auf morgen möglich ist.
Fotoreportage Kirchen       -  Blick in den Innenraum der Wallfahrtskirche am Kreuzberg bei Bischofsheim: Nach der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens verlassen auch in Unterfranken immer mehr Mitglieder die katholische Kirche.
Foto: Daniel Peter | Blick in den Innenraum der Wallfahrtskirche am Kreuzberg bei Bischofsheim: Nach der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens verlassen auch in Unterfranken immer mehr Mitglieder die katholische Kirche.
Tabea Goppelt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:00 Uhr

Die Ausnahmesituation in den Standesämtern in Unterfranken hält an: Nach der Veröffentlichung des Gutachtens zum sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im katholischen Erzbistum München und Freisingtraten und treten viele katholische Gläubige aus der Kirche aus. Für die Ämter bedeutet das viel zusätzliche Arbeit - und zahlreiche Besucherinnen und Besucher im Amt. Denn ein Kirchenaustritt muss persönlich erklärt werden. Diese Redaktion hat nachgefragt, wie sich die Situation entwickelt.

"Wir konnten nicht allen Termine geben, die vor dem 1. Februar noch austreten wollten", sagt Gabriele Münch, Leiterin des Standesamts Bad Neustadt. Das Datum hat steuerrechtliche Gründe: Wer austritt, muss ab dem Folgemonat des Austritts keine Kirchensteuer mehr zahlen. "Wir könnten mehr Termine machen, aber das ist im Moment zu unsicher", so Münch weiter.

Corona verhindert mehr Termine

Seit Beginn der Pandemie laufe der Besucherverkehr im Standesamt über ein Besprechungszimmer, in dem nur eine Standesbeamtin oder ein Standesbeamter sitzt und Kontakt zu Antragstellenden hat - um zu vermeiden, dass alle Beschäftigten dort gleichzeitig ausfallen. "Das ist eine Maßnahme, damit das gelingen kann", sagt Münch. Die Zahl der Austritte bleibe unverändert hoch: Seit dem 20. Januar seien es Stand Dienstag 60 gewesen, weitere 19 bereits für die Woche vorgemerkt. Im Vorjahreszeitraum waren es zwölf, 2020 sogar nur sieben.

"Wir könnten mehr Termine machen, aber das ist im Moment zu unsicher."
Gabriele Münch, Leiterin des Standesamts Bad Neustadt

In Bad Kissingen gab es seit dem 20. Januar ebenfalls auffällig viele Austritte: Laut Standesamt 54 statt wie im Vorjahr zwölf. Anfragen waren es noch mehr; bis einschließlich 11. Februar wurden seither 89 Termine vereinbart. "Normalerweise können wir einen Termin zum Kirchenaustritt am selben Tag oder am nächsten Tag anbieten. Zur Zeit haben wir ungefähr eine Wartezeit von einer bis eineinhalb Wochen", schreibt ein Pressesprecher der Stadt.

Das Standesamt Kitzingen meldet dagegen, dass Terminvereinbarungen weiterhin telefonisch zeitnah möglich seien. Trotzdem gab es hier seit dem 20. Januar insgesamt 27 Austritte, im gesamten Januar 2021 nur sechs und im Januar 2020 waren es 17 Austritte. Fünf weitere Termine waren am 1. Februar bereits vergeben.

Bis Fasching ausgebucht

Das Standesamt Würzburg hat die angebotenen Termine für Kirchenaustritte mehr als verdoppelt: "Seit dem 1. Februar sind wir nun bei 82 Terminen, die wir wöchentlich anbieten können. Ins Jahr gestartet waren wir mit 38 Terminen wöchentlich", sagt Georg Wagenbrenner, Sprecher der Stadt. Trotzdem betrage die Wartezeit für einen Termin derzeit drei bis vier Wochen.

In der ersten Woche nach der Veröffentlichung waren es allein per Mail zehnmal so viele Anfragen wie im Vorjahr: 150 statt in der Vergleichswoche von 2021 nur 15. Telefonische Anfragen würden nicht statistisch erfasst. Wagenbrenner hofft, die Wartezeit für Termine in kurzer Zeit wieder verkürzen zu können: "Durch die Ausweitung des Angebots und weil man ja vielleicht auch nicht davon ausgehen muss, dass es länger auf diesem Niveau weitergeht."

In Schweinfurt gab es im Januar 2022 fast doppelt so viele Kirchenaustritte wie im Januar 2021, nämlich 75 im Vergleich zu 44. Auch für den Februar seien bereits circa 90 Termine für Kirchenaustritte vergeben. Neue Termine gebe es derzeit erst Anfang bis Mitte März. In Karlstadt zeigt sich ein ähnliches Bild: Das Aufkommen sei nicht mehr ganz so stark wie im Januar, aber es kämen noch immer Anfragen. Bis zur Faschingswoche seien alle Termine ausgebucht.

 
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  • IHS
    häufig sind die Träger der Kigas die Kirchen. Aber wer bezahlt denn die ganzen Kosten die Kommune oder die Stadt, nicht die Kirche und wer schon mal genauer auf sein Beiblatt beim Kirchensteuerbescheid gesehen hat, wird feststellen, dass bei allen Institutionen mehrheitlich der normale nicht kirchlich verbundene Steuerzahler bezahlt, steht natürlich drauf, dass der Staat zahlt und nicht die Kirche. Das ist genauso ein Irrglaube, wie das geringe Gehalt des ach so armen Seelsorgers. Der verdient mehr, wie eine Durchschnittsfamilie und muss dann noch nicht mal normale Mietpreise für seine Wohnung bezahlen. Das ist die Realität. Die meisten Katholiken haben doch nur noch eine moralische Verpflichtung gegenüber Gott, warum sie nicht austreten.
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  • grafer.andy@t-online.de
    da hab ich ja vor zwei jahren richtig glück gehabt als ich mein leben als jahrzehntelange karteileiche bei der katholischen kirche beendet habe.
    ohne großartige anmeldung ins rathaus spaziert, austritt erklärt, 35€ abgedrückt, fertig.

    es ist ja ein unding in der heutigen zeit, das man da noch persönlich antanzen muss um seinen austritt zu erklären und obendrein am ende noch einen termin dafür braucht.
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  • hermannkoch@gmx.de
    @ grafer.andy

    Als Krönung auch noch bezahlen muss
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  • Arcus
    Ich gespannt, ob das, was vom synodalen Weg beschlossen wird, auch von den Bischöfen umgesetzt wird. Wenn man sich den erzkonservativen Regensburger Bischof anhört, läufts einem kalt den Buckel runter.
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  • cbretscher
    Die „persönliche Austrittserklärung“ ist nicht durch ein direktes Gespräch vor Ort definiert. Diese Auslegung von „persönlich“ ist willkürlich und absurd. Persönlich - also in eigener Person tätig - ist man auch z.B. mit einem Schreiben mit Unterschrift oder digital mit digitalem Ausweis oder einem anderen Authentifizierungsverfahren. Was macht der bettlägerige Mensch oder der, der aus anderen Gründen nicht in Person zum Standesamt gehen kann? Jeder kann auch per Briefwahl sein Stimmrecht ausüben, Verträge per Post abschließen, die Steuererklärung digital einreichen…..Ich denke, genauso kann auch ein Standesamt verfahren.
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  • Egal ...
    Ich gebe Ihnen da vollkommen Recht, nur leider wohnen wir in Deutschland und vor Allem in Bayern, immer noch in der Digitalisierungs-Diaspora! Wir könnten und so viele Wege sparen, so sehr die Ämter entlasten, doch leider scheitert das seit Jahren an der Regierung in Bayern. Gerade jetzt in der Pandemie könnte durch mehr digitale Prozesse auch Infektionen verhindert werden. Und egal wie lange ich warten muss, ich werde auch austreten!
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  • cbretscher
    Es geht beim Abmeldevorgang nicht um eine digitale Lösung, die könnte man natürlich auch implementieren. Ist vielleicht in einigen Standesämern schon möglich. Es geht auch um eine rein konventionelle Abmeldung mit Brief und Unterschrift - die ist persönlich. Wenn´s dann noch was konventionell zu unterschreiben gibt, kann das Papier auch zugesandt werden und unterschrieben zurückgesandt oder persönlich vorbeigebracht/in den Briefkasten geworfen werden. Alles ohne Termin und offline.
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  • Laeufer61
    cbretscher, das ist sicher gut...

    ...und man kann es analoge Kommunikation nennen ("persönlich vorbeigebracht/in den Briefkasten geworfen werden. Alles ohne Termin und offline.")
    Geht ja bei Behörden auch per Einschreiben - es braucht eben seine Zeit ... und die nimmt sich halt im digitalen Zeitalter (fast) niemand mehr.
    Ist jetzt hier etwas o.t. aber einen guten Artikel zur IT-Problematik für ältere Mitbürger hat die MP hier recherchiert: " https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/im-digitalen-abseits-warum-corona-menschen-ohne-computer-kenntnisse-schwer-trifft-art-10722999 "
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  • Arcus
    Höre gerade, dass es in Berlin, Hamburg, Frankfurt, sogar bis April dauert.
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  • Arcus
    Statt auszutreten sollten die noch Kirchensteuerzahler ihren Unmut kund tun. vor allem bei den Bischöfen. Denn die tragen große Schuld.
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  • th.faust@gmx.de
    "Warum der Austritt aber nicht von heute auf morgen möglich ist."

    Ganz einfach, weil wir dank der Union im digitalen #Neuland wohnen. Dieser ganze Behördenkram sollte über eine Webseite abzuwickeln sein. Ein Kirchenaustritt wäre dann einfach einen Haken zu entfernen, bestätigen, speichern, fertig. Aber das wird in 20 Jahren noch nicht möglich sein.
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  • Mila
    Da kann man doch die Beamten auch gleich mit abschaffen, oder!?? Was macht ihr, wenn das Bistum alle Kindergärten und sozialen Einrichtungen auf einmal schließen? Einfach nur davon laufen, nur meckern und selbst nichts tun - ist feige und denen gegenüber, die mit allem nichts zu tun haben, unfair. Auch anderswo läuft nicht immer alles so, wie sollte. Ist keine Entschuldigung für das Geschehene, aber mit „Davonlaufen“ ändert sich auch nichts.
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  • KOBU
    Sehr schwierig. Ich persönlich würde nicht Straftaten wie Missbrauch an Kindern damit rechtfertigen dass die Kirche ja dann meine Kita schließt wenn ich austrete. Das ist ja schon krotesk traurig ... Und das Austreten ist ein gesetztes Zeichen dafür solche Menschen nicht mehr finanziell zu unterstützen, daher sollte man niemanden verurteilen der aus der Kirche austritt. An Gott glauben kann ein Ausgetretener genauso noch.
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  • minervaodilia
    soll das ein Witz sein mit dem Termin Stau? Mein Kirchen Austritt hat vielleicht 5 Minuten gedauert. Beamte halt :D
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  • Albatros
    Wer an Gott glauben möchte muss keine Mitgliedschaft im Verein Kirche haben.
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  • Und wer nicht dran glauben möchte, erst recht nicht.
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  • wwietschorke@freenet.de
    Mein Glaube hängt doch nicht von Gottes Vertretern ab, sondern von meiner Einstellung zu Gott. Ich persönlich habe durch meinen Glauben viel Leid überstanden. Jetzt haben alle Ausgetretenen, die es ja gar nicht mehr betrifft leicht zu hetzen. Ich erinnere mich an eine Hilfeleistung, ein Verletzter im Graben, ihm wird langsam kalt und er fragt mich ob ich beten kann, er ist aus der Kirche ausgetreten. Ich konnte und wir überstanden diesen Moment und seine Rettung gut.
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  • Laeufer61
    @percy: meinen Sie wirklich...

    ...das nur die Zugehörigkeit zu einer Kirche dazu befähigt Anderen zu helfen und auch für sie (bei einer solchen Bitte) zu beten ?
    Ich bete auch obwohl ich schon lange aus der Kirche ausgetreten bin.
    Ich helfe auch meinen Mitmenschen und ignoriere nicht den einsamen alten Nachbarn.
    Darf ich das nach Ihrem Verständnis nur als Kirchenmitglied?
    Und weil ich der I N S T U T I T I O N Kirche nicht angehöre betrifft es mich nicht und brauche ich (oder darf?) keine Meinung dazu haben?

    Kopfschüttel...
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  • Lebenhan1965
    In einigen Regionen,

    so habe ich gelesen, gibt's erst im April wieder Termine zum Kirchen Austritt.

    Wäre schön, wenn das in Unterfranken auch so wäre.
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