Ilse Aigner ist optimistisch, was den Wirtschaftsstandort Bayern angeht. In der Flüchtlingsfrage sieht sie dagegen noch viele Herausforderungen. Ob die aktuelle bayerische Wirtschaftsministerin diese in zwei Jahren als erste Ministerpräsidentin des Freistaats angehen will?
Ilse Aigner: Es stimmt, dass wir momentan eine gute wirtschaftliche Lage haben, wir müssen aber daran arbeiten, dass es so bleibt. Es gibt viele und teilweise globale Unsicherheiten. Um Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, brauchen wir mehr Investitionen, intelligente Produkte, Forschung und Technologie und natürlich fleißige Arbeitnehmer und innovative Unternehmen.
Aigner: Die Firma ist durch eine schwierige Phase gegangen, hat aber den Mut gehabt, sich neu aufzustellen und Kooperationen einzugehen – etwa im Bereich Digitaldruck mit dem US-Konzern HP. Das war notwendig, weil das die Existenzfähigkeit der Firma sichert. Es zeigt sich, dass der Strukturwandel mit Mut zu schaffen ist.
Aigner: Es ist auf jeden Fall ein gutes Beispiel. In allen Branchen werden sich mit der Digitalisierung die Geschäftsmodelle und Produktionsprozesse verändern. Mir ist es wichtig, dass unsere Unternehmen die Chancen nutzen – und dabei unterstütze ich sie. Etwa mit dem Digitalbonus, den ich ab Herbst ausgeben werde.
Aigner: Siemens hat mir versichert, dass der Standort erhalten bleibt. Wir hatten beim letzten Stellenabbau vor einigen Jahren vereinbart, dass nicht unter 1700 Arbeitsplätze abgebaut werden (derzeit hat Siemens in Bad Neustadt rund 2300 Beschäftigte; Anm. d. Red.). Diese Zusage steht heute auch noch. Die Firmenleitung hat mir gegenüber außerdem betont, dass die Befürchtung des Betriebsrates nicht den Planungen entspricht. Auch das nun verabredete Joint Venture mit Valeo soll demnach keine Auswirkungen auf den Standort Bad Neustadt haben.
Aigner: Das ist nicht vergleichbar. In Bad Neustadt hat man viel im Bereich E-Mobilität investiert, deswegen ist der Standort für Siemens sehr wichtig. Es gibt die klare Aussage, dass der aktuelle Fall eine dauerhafte Investition mit Wachstumspotenzial sein soll.
Was Siemens an Kompetenzen in Bad Neustadt hat, gibt es bei Valeo nicht. Das woanders aufzubauen, ist weder wirtschaftlich noch standortpolitisch sinnvoll.
Aigner: Die Menschen, die zu uns kommen, müssen anständig behandelt und integriert werden. Und Integration funktioniert am besten über Arbeit. Für mich ist klar, dass der Flüchtlingszustrom unser Fachkräfteproblem nicht eins zu eins lösen kann, deshalb habe ich die Euphorie von Anfang an nicht geteilt. Natürlich sind unter den Flüchtlingen einige gut ausgebildete Fachkräfte. Aber die berufliche Qualifikation von Facharbeitern, wie wir sie haben, gibt es in vielen Ländern gar nicht. Wir müssen in den meisten Fällen viel nachholen. Das zweite Problem ist die Sprache. Was wir jetzt brauchen, ist Zeit, und wir müssen viel in die Menschen investieren. Das versuchen wir mit unserem Integrationspaket, das der Freistaat mit 500 Millionen Euro ausgestattet hat.
Die bayerische Staatsregierung sorgt etwa für zusätzliche Lehrkräfte und Klassen an Berufsschulen zur Qualifikation für eine Ausbildung. Darüber hinaus braucht es natürlich entsprechende Ausbildungsplätze bei den Unternehmen. Hier gibt es die Zusage der bayerischen Wirtschaft von zusätzlichen 60 000 Plätzen bis 2019. Das ist eine enorme Anstrengung und Leistung.
Aigner: Wir haben ein gemeinsames Interesse, das Problem zu lösen. Da sind wir uns zu 95 Prozent einig, nur beim Thema Begrenzung gibt es Unterschiede. Die Frage, ob Integration gelingt, hängt aber an der Frage, wie viele integriert werden müssen. Die Bereitschaft ist groß, aber die Aufgabe muss machbar sein. Hier müssen wir uns einigen, und daran wird sich zeigen, wie wir gemeinsam mit der CDU Politik machen können.
Aigner: Nein, auch die Themen Arbeitsmarktsituation und Erbschaftssteuer müssen geklärt werden.
Aigner: Ja, aber das hängt davon ab, ob man sich bei den wesentlichen Punkten einigen kann. Das Ziel bleibt, gemeinsam in den Bundestagswahlkampf zu gehen. Für die CSU ist jedoch immer entscheidend, wie wir bayerische Positionen bestmöglich vertreten können.
Aigner: Nein, das ist das Einbringen von bayerischen Positionen. Die CSU ist die einzige Partei, die das kann: Bei vielen Verhandlungen in der Koalition sitzen nicht nur drei Parteien, sondern auch ein Bundesland mit am Tisch. Das gefällt außerhalb Bayerns nicht allen, aber der bayerischen Bevölkerung.
Aigner: Das halte ich für keine kluge Idee. Unser Erfolgsrezept ist, dass wir bayerische Politik als bayerische Partei machen können.
Aigner: Spätestens seit Angela Merkel ist eine Regierungschefin in Deutschland keine Besonderheit mehr. In Bayern stellt sich die Frage allerdings derzeit nicht, alle Personalspekulationen liegen auf Eis. Für uns ist vor allem wichtig, dass an der Spitze des Freistaates auch in Zukunft eine Person steht, die der CSU angehört, damit wir die Jahrzehntelange erfolgreiche Arbeit für Bayern fortsetzen können. Dafür werden wir kämpfen.