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BAD NEUSTADT
Siemens: Joint Venture mit Valeo bei e-Car-Motoren
Siemens IV
Foto: Gerhard Fischer
Ines Renninger
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:03 Uhr

Siemens macht wieder Schlagzeilen: Das Unternehmen kooperiert künftig mit dem französischen Autozulieferer Valeo. Der Bad Neustädter Betriebsrat wurde am Dienstagmorgen darüber informiert, dass der Geschäftsbereich Elektromobilität (e-Car) in ein 50/50 Joint-Venture mit dem französischen Autozulieferer Valeo übergehen soll. Wie es bei Siemens heißt, besteht für das E-Motorenwerk in der Siemensstraße eine dreijährige Standortgarantie.

Aktuell arbeiten in Bad Neustadt in diesem Geschäftsbereich circa 133 Beschäftigte. Bereits bei einer Pressekonferenz der IG Metall in der letzten Woche zu einem möglichen höheren Stellenabbau war auch der Bereich e-Car mitz dem Werk in der Siemensstraße Thema.

 

Wie Siemens auf seiner Internetseite in einer Pressemitteilung informiert, haben Siemens und Valeo eine Vereinbarung über die Gründung eines Joint Ventures für so genannte Hochspannungsbetriebe unterzeichnet. „Damit schaffen beide Unternehmen einen weltweit führenden Anbieter für innovative und kosteneffiziente Hochspannungskomponenten und -systeme für Elektrofahrzeuge jeglicher Art, von Hybridfahrzeugen und Plug-in-Hybriden bis hin zu reinen Elektrofahrzeugen.“ Man strebe damit die führende Marktposition bei Antriebssystemen für Elektroautos an.

Laut Siemens trägt Valeo sein Hochspannungselektronikgeschäft  mit 200 Mitarbeitern bei, von denen 90 in Frankreich tätig sind. Siemens bringt seinen Geschäftsbereich E-Car-Powertrain Systems ein, in dem 500 Mitarbeiter beschäftigt sind, davon 370 in Deutschland und 130 in China.

Das Projekt bedürfe noch der Abstimmung mit den Belegschaftsvertretern. Sobald es von den zuständigen Behörden genehmigt werde, würde das Joint Venture voraussichtlich im letzten Quartal des Kalenderjahres 2016 starten.
Derzeit fertigt Siemens am Standort Bad Neustadt E-Motoren für große Hybrid-SUVs der Marke Volvo, außerdem soll die Fertigung von E-Motoren für die Elektrifizierung der Londoner Taxis angelaufen sein. Doch über diesen Kunden schweigt sich Siemens aus.
Die Manager des Joint Ventures versprechen sich "Synergieeffekte in der Produktion und Beschaffung", heißt es in Medienberichten. Erst im September 2014 wurde das neue Werk für die Elektromotorenfertigung in Bad Neustadt eröffnet. Siemens verstärkt in seinem Werk in Bad Neustadt sein Engagement für die Elektromobilität: Das Unternehmen hat dort eine neue Produktionslinie zur Herstellung von Elektromotoren für Hybrid- und Elektrofahrzeuge eröffnet. Am Standort sind sowohl die Entwicklung als auch die Produktion der Motoren beheimatet.

"Wir freuen uns sehr über die Perspektiven, die uns die Kombination unserer Stärken mit Siemens bei Elektroantriebssystemen bringt", sagte Jacques Aschenbroich, Vorstandsvorsitzender von Valeo. "Mit der Expertise von Siemens kann Valeo seinen technologischen Vorsprung beibehalten. Das Joint Venture verdeutlicht zudem die Fähigkeit europäischer Unternehmen, führende Industriekooperationen zu entwickeln und so bahnbrechende Technologien an den globalen Markt zu bringen."

Klaus Helmrich, Mitglied des Vorstands der Siemens AG, sagte: "Das Joint Venture von Siemens und Valeo ist ein weiteres Beispiel für die Schaffung eines wirklich europäischen Unternehmens."
Ärger und Enttäuschung waren den über 1000 Teilnehmern einer spontanen Kundgebung vor dem Siemenswerktor ins Gesicht geschrieben. Vor einer Woche waren sie erst an gleicher Stelle gestanden, als es um 370 Arbeitsplätze ging. Nun war die nächste Hiobsbotschaft eingetroffen. Der Konzern ist ein Joint Venture mit einem französischen Unternehmen im Bereich E-car eingegangen. Um 133 Arbeitsplätze geht es dabei, deren Zukunft nach Ansicht von Betriebsrat und Gewerkschaft nun völlig ungewiss sei.
Gestern Vormittag unterrichtete die Werksleitung die betroffenen Mitarbeiter von dem Vorhaben. Danach wurde im Bereich E-Car ein Joint Venture mit dem Autozulieferer Valeo eingegangen. Zunächst wird Siemens eine Standortgarantie von drei Jahren eingeräumt, danach ist die Zukunft offen.
Unmittelbar nach der Betriebsversammlung riefen Gewerkschaft und Betriebsrat zu einer Kundgebung zusammen, bei der Gewerkschaftssekretär Thomas Höhn die Befürchtung äußerte, dass sich der Bereich E-Mobilität am Standort Bad Neustadt langsam verabschiedet. Die Klauseln des Vertrags lassen für ihn keinen anderen Schluss zu, dass nach der vereinbarten Zeit, in der der Status Quo aufrecht erhalten bleibt, der Bereich in ein anderen Standort abwandert.
Für die hiesigen Politiker sei das Vorhaben ein Schlag ins Gesicht. Landrat Thomas Habermann und Bürgermeister Bruno Altrichtern sollen auch schon ihre Enttäuschung zum Ausdruck gebracht haben, fuhr der Gewerkschafter fort. Für die  Modellstadt für Elektromobilität sei die Entscheidung ein herber Rückschlag, zumal der Ausbau der Technologie in der Region unter Beteiligung zahlreicher Unternehmen mit viel Leidenschaft vorangetrieben werde.
Diese Entwicklung sei auch bitter, weil nun alle drei Bereiche von den Umstrukturierungen betroffen seien, erklärt Betriebsratsvorsitzender Oliver Mauer. Vor fünf Jahren konnten die Arbeitsplätze noch von anderen Abteilungen aufgefangen werden. Jetzt sei das nicht mehr möglich.
Für den Nachmittag war das erste Informationsgespräch mit der Geschäftsleitung vorgesehen. Dabei sollte es allerdings um den Bereich „Large Drive“ gehen, also um die 370 Arbeitsplätze, die in den nächsten Jahren abgebaut werden. Erst danach beginne die Verhandlungsphase. Thomas Höhn forderte indes die Teilnehmer auf, nicht den Mut zu verlieren. Man werde um jeden Arbeitsplatz kämpfen und den Arbeitgebern Lösungen anbieten.

Das Joint Venture wird global ausgerichtet und kosteneffizient regional positioniert, mit Zugang zu den Schlüsselmärkten für Elektrofahrzeuge wie Europa und China. Neben dem Hauptsitz in Deutschland wird es weitere Standorte in Frankreich, Norwegen, Polen, Ungarn und China geben. "
"Der Hauptsitz wird in Erlangen sein, für die Aktivitäten in Bad Neustadt gibt es eine dreijähriges Standortgarantie", formulierte es Pressesprecher Wolfram Trost aus München. Auch in Erlangen sind Entwicklung und Produktion von E-Motoren für den Automobilbereich beheimatet.
Bei Siemens sieht man die große Chance, im Verbund mit Valeo im Zukunftsmarkt e-Cars stabil mitzuwachsen. Skeptischere Töne unterdessen bei der IG Metall und beim Betriebsrat. Betriebsratsvorsitzender Oliver Mauer äußerte bei einer Presskonferenz am Dienstag Bedenken. "Nach drei Jahren der Standortgarantie könnte es zu einer Verlagerung nach Erlangen kommen", befürchtet Mauer.  

Das Projekt bedarf noch der Abstimmung mit den Belegschaftsvertretern. Sobald es von den zuständigen Behörden genehmigt wird, wird das Joint Venture voraussichtlich im letzten Quartal des Kalenderjahres 2016 starten.

Die Siemens AG hatte im März im Wirtschaftsausschuss Pläne bekannt gegeben, im Bereich Process Industries and Drives (PD) rund 370 Arbeitsplätze am Standort Bad Neustadt zu streichen. IG Metall und Betriebsrat hatten zudem in einem Szenario deutlich gemacht, dass aufgrund der vorliegenden Äußerungen der Unternehmensseite bis 2020 sogar bis zu circa 900 Arbeitsplätze in Bad Neustadt in Gefahr sein könnten.

 
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