
"Ich bin gegen Mode, die vergänglich ist" – eine Einstellung, die Maria Helsper mit Coco Chanel, von der dieses Zitat stammt, teilt. Helsper fügt hinzu: "Erhalten! Das haben wir schon immer gemacht."
Vor 33 Jahren übernahm die gebürtige Westerwälderin das Geschäft "Der Hutladen" in der Augustinerstraße in Würzburg. Positiv bewertet ist dieser im Internet, und auch beim Eintreten seufzt eine Kundin: "Jammerschade!", denn Helsper wird ihren Laden abgeben. In Montabaur hat die Modistin gelernt und in Koblenz 1984 ihre Meisterprüfung bestanden: "Sie alle meinen, das würde aussterben, aber das wurde auch zu meiner Zeit schon gesagt", scherzt sie.
Eine Modistin stellt Kopfbedeckungen jeder Art her
Holzformen und Köpfe, Ränder, Nadeln, Fingerhüte, eine feste Werkbank, sogenannte Konus und Capelines, Reißbrettstifte, Scheren, eine Nähmaschine und vor allem Hitze, Hände und eine Menge Fantasie werden benötigt, um einen Hut herzustellen. "Wir können alle Stoffe verarbeiten – Filz, Leder, Pelz, Stroh, Samt", erklärt sie den Unterschied zwischen dem Begriff "Hutmacher", der damals Männerhüte herstellte, und der "Modistin", die eine breitere Palette an Fähigkeiten mitbringt, da sie Kopfbedeckungen jeder Art herstellt.

Ihr Lieblingshut sei der Matelot-Hut: ein Klassiker, der durch seinen flachen Hutkopf sowie seine runde oder ovale Grundform bekannt ist und bis heute Teil der Tracht der Gondolieri in Venedig ist. Damals noch in Koblenz beschäftigt, hörte Helsper von der freien Meisterstelle in "Der Hutladen" von Lotte Eismann, der damaligen Inhaberin des Ladens "Hut Eismann". 1991 schließlich übernahm sie das kleine Geschäft, renovierte, veränderte, eignete sich alles an. "Ich habe es nicht locker genommen, aber gedacht, mehr als schiefgehen kann es nicht", berichtet sie und fügt stolz hinzu: "Ich habe mich getraut."
Viele langjährige Mitarbeiterinnen, unendlich viele Praktikantinnen und sechs Auszubildende, von denen einige Kammer- und Bayernsiegerinnen hervorgingen, haben unter ihrer Regie das Handwerk gelernt. Viele würde es nach der Gesellenprüfung in die weite Welt ziehen, aber immer wieder kämen auch welche zurück. Eine davon ist Laura Zieger, die mit gerade mal zwölf Jahren ein fünftägiges Praktikum absolvierte und unter der Anleitung Helspers ihren ersten Hut entwarf.
Zieger bestand 2013 ihre Gesellenprüfung nach drei Lehrjahren in Potsdam, arbeitete 2014 einige Zeit in einem Atelier in London und zu Beginn des Jahres 2015 gründete die tatkräftige Modistin ihr Label "Hutgemacht" – zunächst, um neben ihrer Tätigkeit bei s.Oliver am Wochenende eigene Hüte entwerfen und verarbeiten zu können. Doch die Nachfrage war so groß, dass sie schon wenige Monate später ihre Stunden reduzierte, um mehr Zeit für ihre eigenen Linien zu haben. Unter dem Motto "Feines für den Kopf" kreiert sie in ihrem Atelier in der Hofstraße Handarbeitshüte. 2018 begann sie, einige Stunden im "Hutladen" zu arbeiten – ein Ort, in dem jede Art von Kopfbedeckung modern und zeitlos erscheint und nichts mit dem altbackenen Ruf eines im Verschwinden begriffenen Berufs zu tun hat.
"Mit 70 gehe ich, habe ich immer gesagt", so Helsper, die schließlich Laura Zieger fragte, ob sie die Nachfolgerin werden wolle – ein Vertrauensvotum. Schweren Herzens, aber mit vertrauensvollem Blick in die Zukunft übergibt sie nun den "Hut" an die junge Nachfolgerin. "Die Richtung stimmt", nickt Helsper ihr zu und schließlich sei sie an zwei Tagen in der Woche noch im Hutladen zu finden. Zieger freut sich, "dass nun alles an einem Ort ist". Denn "Hutgemacht" zieht nun in den "Hutladen". Im Januar und Februar wolle sie sich noch Zeit nehmen, um zu renovieren, zu modernisieren und zu verändern. "Ganz so, wie ich es auch getan habe", schmunzelt Helsper wohlwollend. Und Laura Zieger weiß um den Rückhalt ihres Teams: "Der Inhalt, die Leute – die bleiben. Genauso wie der Charme des Hutladens."