Ein Denkmal mit Maria, die um den toten Jesus trauert, im neuen Stadtteil Hubland, eine Steintafel an der linken inneren Seitenwand der Peterkirche, eine kurze Straße im unteren Frauenland – sie alle erzählen dieselbe Geschichte: die eines Würzburger Juraprofessors, der vor fast drei Jahrhunderten den Kartoffel- und Kleeanbau in Unterfranken populär machte und damit manche Hungersnot verhindern half.
Gegen Ende des vergangenen Jahres war der restaurierte Muschelkalksockel des sogenannten Kartoffeldenkmals schon zwischen der ehemaligen US-Turnhalle und dem Tower (heute Zweigstelle der Stadtbücherei) aufgestellt. Kurz vor Weihnachten 2021 wurde dann noch die Figurengruppe aus Sandstein – Maria mit dem toten Jesus auf dem Schoß – auf den Sockel gehoben.
Von der Rottendorfer Straße aus sieht man, vorläufig noch hinter einem Bauzaun, das nun wieder komplette Denkmal und die Inschrift "Zum Andenken an Philipp Adam Ulrich, Lehrer der Rechte zu Würzburg". Früher stand an dieser Stelle die amerikanische Tankstelle; nach ihrem Abriss ist der Sinnesgarten als Teil der Terrassengärten entstanden, dessen Wahrzeichen das Kartoffeldenkmal ist.
Philipp Adam Ulrich lebte von 1692 bis 1748. Seine Begeisterung galt so sehr dem Ackerbau, dass er seine Lehrpflichten an der Universität Würzburg vernachlässigte und seine Vorlesungen – was damals möglich war – von einem Vertreter halten ließ. Ulrichs Herz schlug für die Landwirtschaft und für die Verbesserung der Lebensbedingen der einfachen Leute.
Für Ulrich waren die Äcker am damals noch unbebauten Hubland weit außerhalb der Stadt der ideale Ort, um seinen Zeitgenossen zu beweisen, dass der Anbau von Kartoffeln geeignet wäre, die Ernährung der Bevölkerung zu verbessern; auch dem Klee galt sein Interesse, denn dieser eignet sich, wie er erfolgreich demonstrierte, hervorragend als Viehfutter.
Bildstock aus der Werkstatt des Bildhauers Jakob van der Auvera
Am Hubland, direkt neben der heutigen Rottendorfer Straße, stand damals jener Bildstock mit Maria und Jesus aus der Werkstatt des Bildhauers Jakob van der Auvera, den der Würzburger Bürger Rossat und seiner Frau 1737 gestiftet hatten. Vor der Pieta soll der fromme Professor Ulrich für seine landwirtschaftlichen Innovationen auf den von ihm gepachteten, als unfruchtbar geltenden Feldern um Gottes Segen gebeten haben.
Philipp Adam Ulrich pachtete zusätzlich den benachbarten Wöllrieder Hof und den Herleshof in der Nahe von Kolitzheim. Überall gediehen Kartoffeln und Klee, der als Futterpflanze für den vergrößerten Viehbestand diente; dieser wiederum hatte eine verstärkte Düngung der Äcker zur Folge.
Philipp Adam Ulrich wurde ein reicher Mann
Die landwirtschaftlichen Experimente bzw. der Verkauf seiner Produkte machten Philipp Adam Ulrich zu einem reichen Mann. Doch er wollte mehr als Geld verdienen. Ulrich hatte bewiesen, dass am Hubland und auf anderen angeblich kargen Äckern Kartoffeln wuchsen, aber er bewarb sie auch als Nahrungsmittel, was damals durchaus fortschrittlich war.
Die von Amerika nach Deutschland eingeführte Frucht war wegen ihrer Blüten zunächst nur als Zierpflanze in herrschaftlichen Gärten gezogen worden; höchstens als Viehfutter wollte man die Knollen gelten lassen. Einige Pflanzenkundler behaupteten sogar, Kartoffeln würden Lepra verursachen, weil die Knollen sie an die verstümmelten Hände von Leprakranken erinnerten. Ulrich zeigte, dass das Unsinn war.
Philipp Adam Ulrich wäre trotz seiner unzweifelhaften Verdienste heute wahrscheinlich vergessen, wenn er nicht einen Bewunderer gehabt hätte, der alles tat, um das Gedächtnis an ihn wachzuhalten – sozusagen ein PR-Mann des 18. Jahrhunderts. Dieser Mann war Franz Oberthür (1745-1831), ein ebenfalls aufklärerisch wirkender Priester und Hochschulprofessor. Oberthür begründete das Berufsschulwesen in Würzburg, weshalb ein Berufsschulzentrum im Frauenland nach ihm benannt ist.
Pieta wurde 1819 zum Ulrich-Denkmal
Im Jahr 1784 veröffentlichte Oberthür eine Ulrich-Biographie, die später in einer erweiterten Fassung nochmals erschien. Doch Bücher können in Bibliotheken verstauben, wusste Oberthür; er wollte sichtbare Zeichen schaffen. Da kam ihm die Pieta des Ehepaars Rossat inmitten der ehemaligen Ulrich-Felder wie gerufen. Das Denkmal wurde 1819 auf seine Anregung hin auf einen höheren Sockel gesetzt, durch ein überdimensionales Kreuz vollendet und durch eine neue Inschrift sozusagen zum Ulrich-Denkmal umgewidmet.
Den volkstümlichen Beinamen Kartoffeldenkmal erhielt es wohl auch, weil die von Ulrich propagierten Kartoffeln um diese Zeit, als Hungersnöte herrschten, das Schlimmste verhindern halfen. Wenn der Baustellenzaun entfernt ist, wird die Pieta am Rand des Sinnesgartens wieder für alle sichtbar an den Landwirtschaftspionier Ulrich erinnern. Eine großformatige Info-Stele aus der Zeit der Landesgartenschau erzählt daneben die Geschichte des Professors.
Darauf ist auch die Steintafel in der Peterkirche in der Münzstraße abgebildet. Diese Tafel ist Franz Oberthürs drittes Denkmal für Philipp Adam Ulrich. Eingeweiht wurde es am 10. November 1818 im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes. In der Peterkirche hatte Ulrich 101 Jahre zuvor geheiratet, doch seine Frau und die beiden Kinder des Ehepaars waren schon nach wenigen Jahren gestorben. Dies trug offenbar mit dazu bei, dass Ulrich ein schrulliger, aber ideenreichen Einzelgänger wurde.
Viel später beschloss die Stadt Würzburg, die kurze Straße, die den Frauenlandplatz und die Seinsheimstraße verbindet, nach Philipp Adam Ulrich zu benennen. Auch die US-Tankstelle, die dem Sinnesgarten und dem Kartoffeldenkmal weichen musste, lebt übrigens – in Wort und Bild – weiter. An ihrer Stelle befindet sich seit Kurzem eine weitere Info-Stele, die nach dem Ende der Landesgartenschau eingemottet worden war.
Was ich noch toll fände, wäre, wenn bei dem Denkmal noch jenes Kreuz rekonstruiert werden könnte. Dann wäre es wieder komplett.
Was mir noch fehlen würde: die allerlei Umlaut-Pünktchen über a, o, u im Text und eine Ergänzung der Straßenschilder in der Ulrichstraße. So viele SchülerInnen des ev.Gymnasiums und der David-Schuster-Realschule und Studis aus dem Ferdinandeum laufen da täglich entlang... Bildung en passant...
Viele Grüße und einen schönen Sonntag noch.
Herzliche Grüße und ebenfalls einen schönen Sonntag
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management