
Ein Wagnis war es schon, das Traktor-Kino in Hopferstadt am Vorabend zum Tag der deutschen Einheit. Schon allein deshalb, weil die Unterfranken-Premiere bei Regenwetter buchstäblich ins Wasser gefallen wäre. Aber das Ochsenfurter Casablanca-Kino und der Hopferstadter Verein Dorfkultur wollten sich vom Corona-Virus nicht unterkriegen lassen, und wurden am Ende belohnt.
75 Traktoren und andere Gefährte reihten sich schließlich zu Vorstellungsbeginn auf dem abgeernteten Maisacker, den Landwirt Richard Düchs zu Verfügung gestellt hatte. Vorne die Kleinen, wie der 11-PS-Oldtimer von Elmar Haaf, hinten die bulligen High-Tech-Schlepper mit bis zu 330 Pferdestärken. Der Ochsenfurter Fuhrunternehmer Uwe Halbig konnte darüber nur lächeln. Mit den 510 PS seiner Lkw-Zugmaschine hatte er die meiste Kraft unter der Haube.

Die Gespräche der Umstehenden drehen sich weniger um den Film, der gleich beginnen wird, sondern um die Zuckerrübenernte, die Getreidepreise und natürlich um die versammelte Schlepper-Parade. "Es gibt keine Bauernversammlungen mehr, irgendwo müssen wir uns ja unterhalten", begründet Johannes Menth, Landwirt aus Rittershausen, den gesteigerten Gesprächsbedarf. "Sensationell, was das Casablanca auf die Beine gestellt hat", sagt Christian Halbig, der in Ochsenfurt eine Landmaschinenwerkstatt betreibt und als Sponsor ins Traktor-Kino eingestiegen ist.
Ganz so reibungslos, wie es jetzt scheint, waren die Vorbereitungen nicht abgelaufen. Allein die Installation der zwölf mal sechs Meter großen Leinwand hatte den Casablanca-Betreibern Hannes Tietze und Gerd Dobner einigen Schweiß gekostet. Die Projektionsfläche wirkt wie ein Segel, auf dem schon der kleinste Windstoß ungeheure Kraft entfaltet. "Wir brauchten einen Radlader, um sie aufzustellen", sagt Hannes Tietze.

Umso begeisterter ist Gerd Dobner von "seinen" Hopferstadtern. Ohne Zögern hatte der Fußballverein den nötigen Strom und die Toiletten seines Sportheims zu Verfügung gestellt. Mit zehn Mann sorgte die Feuerwehr für Sicherheit vor und auf dem Kino-Gelände. "Auf dem Dorf ist es einfach toll", sagt Gerd Dobner, "der Zusammenhalt passt, alle ziehen mit." Damit hat sich auch das Kernanliegen des Vereins Dorfkultur erfüllt. "Endlich wieder mal ein tolles Event im Ochsenfurter Gau", sagt dessen Vorsitzender Ingbert Häußlein.
Gerd Dobner kann schon vor Beginn der Vorstellung aufatmen. "Bis jetzt ist alles super gelaufen", sagt er. Zwei Stunden später weicht die Erleichterung der puren Freude. "Ich bin total glücklich, mir fällt ein Stein vom Herzen", meint Dobner. "Das Wetter hat mitgespielt, alles ist sehr diszipliniert abgelaufen, wir machen das wieder." Sein Geschäftspartner Hannes Tietze will sich noch nicht festlegen. "Schau mer mal", sagt er, "auf jeden Fall haben wir heute viel gelernt."

Gleich nachdem die PS-starke Kolonne den Heimweg angetreten hat, machen sich die Dorfkultur-Mitglieder daran, das Kino-Equipment abzubauen und den Maisacker in seinen Urzustand zu versetzen. "Wir hätten gerne noch etwas nachgefeiert", sagt Ingbert Häußlein, "aber das geht ja auch nicht." Neun Euro Eintritt haben die Kinogänger bezahlt, unabhängig von der Größe ihres Gefährts. Wirtschaftlich hat sich das Kino-Event deshalb kaum ausgezahlt. "Vermutlich legen wir ein bisschen drauf", sagt Hannes Tietze. Gelohnt habe es sich trotzdem.