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Würzburg
Hitler-Bild in der Whatsapp-Kollegengruppe: Amtsgericht Würzburg verurteilt Lkw-Fahrer zu Geldstrafe
Ist eine Nachricht in einer Gruppe mit 32 Mitgliedern schon die Öffentlichkeit? Um diese Frage drehte sich der Prozess gegen einen 37-Jährigen aus dem Landkreis Würzburg.
Wann ist das Posten verbotener NS-Symbole bei Whatsapp rechtswidrig? Darüber stritten die Staatsanwältin und ein Anwalt jetzt vor dem Amtsgericht Würzburg.
Foto: SymbolZacharie Scheurer, dpa | Wann ist das Posten verbotener NS-Symbole bei Whatsapp rechtswidrig? Darüber stritten die Staatsanwältin und ein Anwalt jetzt vor dem Amtsgericht Würzburg.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 24.04.2025 17:00 Uhr

Ein Hitler-Bild oder NS-Symbole einfach mal so als "Spaßbild" in einer Whatsapp-Gruppe teilen, kann teuer werden. Diese Erfahrung machte jetzt ein 37-jähriger Lkw-Fahrer aus dem Landkreis Würzburg.

Wegen des Verbreitens von Kennzeichen verfassungswidriger Parteien verurteilte ihn das Amtsgericht Würzburg zu 75 Tagessätzen à 55 Euro, insgesamt also 4125 Euro. Außerdem bekommt der Mann, der nicht vorbestraft ist, sein von der Polizei sichergestelltes, hochwertiges Smartphone nicht zurück. 

Angeklagter legte Einspruch gegen Strafbefehlt ein

Der Beschuldigte hatte Einspruch gegen einen Strafbefehl über 90 Tagessätze à 55 Euro eingelegt. Vor Gericht plädierte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft gar für 100 Tagessätze à 75 Euro. Der Anwalt des Mannes forderte einen Freispruch. Er zweifelte am Tabestand der Verbreitung.

Der Lkw-Fahrer hatte eingeräumt, in einer 32-köpfigen Whatsapp-Gruppe zum einen ein Bild des NS-Führers mit dem Schriftzug "Kamerad, ich lade Dich zu meiner Geburtstagsfeier am 20.4. am Obersalzberg ein" gepostet zu haben. Zum zweiten teilte er ein Video, in dem Unbekannte zum bei Rechtsextremen beliebten Song "L'amour toujours" eine Hakenkreuz-Formation bilden. Die Polizei entdeckte die Posts bei Ermittlungen gegen ein anderes Gruppenmitglied. 

Verbotene Symbolik "aus Dummeheit" gepostet

Streitpunkt vor Gericht war die Frage, ob es sich beim Posten in der Whatsapp-Gruppe um einen internen Austausch handelte, der straffrei ist, oder um ein öffentliches Verbreiten. Der Angeklagte erklärte, er habe sich beim Posten "nichts Böses gedacht".

Sein Anwalt ergänzte, der 37-Jährige habe die Kommentare "aus Dummheit, ohne politischen Hintergrund" abgesetzt – so wie andere "Spaßbilder", Stau-Hinweise und Raststätten-Tipps auch. Eine Verbreitung der Posts außerhalb des "kleinen, eng begrenzten Kollegenkreises" habe nicht stattgefunden.

Dagegen argumentierte die Staatsanwältin, schon die Möglichkeit, dass die Bilder über die Gruppenmitglieder weiterverbreitet werden können, reiche aus, um den Mann zu verurteilen. Bei 32 Gruppenmitgliedern könne der Angeklagte gar nicht kontrollieren, ob und wie die gesetzeswidrigen Posts über diverse Messenger-Dienste geteilt werden – und so in die breite Öffentlichkeit gelangen. Es habe auch "keine verbindliche Absprache" gegeben, dass die Posts intern bleiben.  

Den Antrag des Verteidigers, noch weitere Zeugen zu hören, um nähere Informationen zum Charakter der Whatsapp-Gruppe zu bekommen, lehnte die Richterin ab.  

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 
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  • Klaus B. Fiederling
    es ist leider so, dass die Nazis immer noch am Ruder sind. Die Strafe für den LKW Fahrer finde
    ich gerechtfertigt, da braunes Gedankengut nichts in der Öffentlichkeit zu suchen hat. Und wenn man dies über 30 Mal im Netz postet dann ist das öffentlich, auch unter sogenannten "Kumpels"
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  • Martin Deeg
    ...."schon die Möglichkeit, dass die Bilder über die Gruppenmitglieder weiterverbreitet werden können, reiche aus, um den Mann zu verurteilen."....

    Ich kann mich irren aber m.W. ist § 130 StGB trotz diverser "Verschärfungen" immer noch ein Vorsatzdelikt - gemäß § 15 StGB ist fahrlässiges Handeln nur strafbar, wenn es das Gesetz ausdrücklich mit Strafe bedroht.

    Wie also kommt dieses Urteil zustande?
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  • Martin Deeg
    Dazu gibt es auch gegensätzliche Rechtsprechung und diametral entgegengesetzte Begründungen - ein Polizeibeamter (!) bspw. wurde freigesprochen:

    ..."Straffrei jedoch bleibt, was dem Fall angesichts des Skandals um rechte Chatgruppen bei der hessischen Polizei besondere öffentliche Aufmerksamkeit beschert hat: das gepostete Hitler-Bild. Weil es sich um eine geschlossene Chatgruppe gehandelt habe, sei der „öffentliche politische Friede“ nicht gestört worden, befindet der Richter und spricht den Fabian G. vom Vorwurf des Verbreitens verbotener NS-Symbole frei. „Im privaten Kreis darf man verbal über die Stränge schlagen.“...

    https://www.endstation-rechts.de/news/hitler-bild-im-chat-bleibt-straffrei

    Auch hier besteht Aufklärungsbedarf! Es geht um Rechtssicherheit!
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  • Dietmar Eberth
    Im Berufungsverfahren ist Fabian G. am 29. Juli 2022 vom Landgericht Gießen auch wegen des von ihm geposteten Hitler-Bilds verurteilt worden.
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  • Martin Deeg
    Danke für die Info.

    Bin auf folgendes gestoßen, z.T. kurios:

    ..."Hier einige aktuelle Beispiele, wie Gerichte über das Verbreiten in geschlossenen Chatgruppen entschieden haben:

    BayObLG (12.04.2023 – 207 StRR 80/23)
    Gruppe mit 80 Mitgliedern. Angeklagter postete volksverhetzendes Bild. Viele Mitglieder waren ihm unbekannt. → Verbreiten wurde bejaht.

    OLG Celle (11.10.2022 - 2 Ss 127/22)
    WhatsApp-Gruppe mit 60 Personen. Rechtsextremes Bild wurde geteilt. Absender musste mit Weiterleitung rechnen. → Verbreiten wurde bejaht.

    LG Gießen (29.07.2022 – 4 Ns – 61110 Js 261186/18)
    Gruppe mit 7 bis 21 Personen. Gericht bejahte Verbreiten, da Inhalte leicht weitergeleitet werden konnten. → Verbreiten wurde bejaht.

    LG Frankfurt a. M. (13.02.2023 – 5/6 KLs 6110 Js 249194/18)
    Gruppe mit um die 30 Mitgliedern (alles Polizisten). Vergleichbar mit einem Stammtisch. → Kein Verbreiten.

    Fazit:
    Die Gerichte entscheiden unterschiedlich"...

    Quelle: anwalt.de
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  • Alfred Neumann
    Wenn ich ungefragt ein Foto einer Person nur in der Cloud speichere, ist es potentiell für jedermann zugänglich. Es gibt genügend rechtskräftige Gerichtsurteile zum Thema "verletzte Persönlichkeitsrechte". Warum machen sich Staatsanwältin oder Gericht überhaupt noch Gedanken, welchen Charakter eine WhattsApp-Gruppe haben soll? "Veröffentlicht" ist "Veröffentlicht". Beleidigung im Netz ist schließlich auch keine Privatsache mehr.
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  • Dietmar Eberth
    Es ist schon in Ordnung das sich Gerichte und Staatsanwälte Gedanken darüber machen. Es ist einfach ein Unterschied ob sie sich zb in einer Selbsthilfegruppe, an einem Stammtisch oder in einem Reisebus oder bei einer Demonstration uvm. befinden. Das ist bei den Sozialen Medien nicht immer so einfach festzustellen, aber auch da gibt es in einigen Fällen eine Privatsphäre.
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