Eineinhalb Wochen ist es hier, dass der Zyklon "Idai" im Südosten Afrikas eine Spur der Verwüstung vor allem durch Mosambik gezogen hat. Ganze Landstriche stehen nach heftigen Regenfällen unter Wasser. Tausende Menschen versuchten sich auf Dächer und Bäume zu retten. Wegen der Schäden konnte internationale Hilfe nur langsam anlaufen. Und noch immer ist das ganze Ausmaß der Zerstörung nicht klar.
Die christliche Gemeinschaft Sant' Egidio ist seit vielen Jahren in der schwer getroffenen Hafenstadt Beira tätig. Mitarbeiter kümmern sich um Straßenkinder, alte Mensche und Ausgegrenzte. Man betreibt ein Ernährungszentrum, in dem täglich mehrere hundert Kinder aus armen Familien ein warmes Essen bekommen. Und schließlich wurden in Beira zwei große HIV-Behandlungszentren aufgebaut, die über 11 000 Patienten medizinisch versorgen. Der Würzburger Sant' Egidio-Mitarbeiter Dieter Wenderlein reist regelmäßig nach Beira, um das Projekt zu begleiten, zuletzt im August 2018 beim Besuch von Entwicklungsminister Gerd Müller. Die Redaktion sprach mit dem 53-jährigen Pharmazeuten über die aktuelle Lage.
Frage: Herr Wenderlein, haben Sie im Moment überhaupt einen direkten Kontakt nach Mosambik?Viele Leitungen sind zerstört...
Dieter Wenderlein: Seit Sonntag haben wir wieder zeitweise Kontakt über Telefon und Internet, aber die Verbindungen sind noch nicht stabil. Inzwischen sind einige Mitglieder von Sant’Egidio aus Maputo in Beira angekommen. Sie helfen mit, die Versorgung zu organisieren.
Was hören Sie denn von Ihren Kollegen aus Beira zur aktuellen Situation?
Wenderlein: Die Situation ist dramatisch und chaotisch: Krankenhäuser und Gesundheitszentren sind überfüllt mit Verwundeten, die Durchfallerkrankungen nehmen zu, man fürchtet die Cholera. Eines der größten Probleme ist, dass das Wasser kontaminiert ist und es kein sauberes Wasser gibt. Es fehlt an Lebensmitteln und Medikamenten. Es gab einige Verteilaktionen mit Hilfsgütern, aber sie erreichen nur wenige, denn es gibt noch keine systematischen Hilfen. Und außerhalb von Beira auf dem Land ist die Situation in den überschwemmten Gebieten wohl noch schlimmer.
Wie groß sind die Zerstörungen in Ihren Einrichtungen?
Wenderlein: Unsere beiden großen HIV-Behandlungszentren in Beira sind schwer beschädigt. Dächer wurden abgedeckt, die HIV-Labore, Büros und die Küche unseres Ernährungszentrums für Kinder aus armen Familien sind zerstört.
Was bedeutet das für die Menschen?
Wenderlein: Im Moment können wir die HIV-Patienten nicht medizinisch versorgen, was ein enormes Problem ist. Sant’Egidio kümmert sich in Beira um viele Straßenkinder, um Kinder aus Armenvierteln und um alte Menschen in Not. Wir müssen so schnell wie möglich herausfinden, wie es ihnen geht, und wie wir helfen können.
Und die Betroffenen? Wie haben sie den Zyklon erlebt?
Wenderlein: Uns hat Nelson Moda, der Verantwortliche von Sant’Egidio in Beira, berichtet, wie er und seine Familie in der Nacht des Zyklons zu Hause Schutz gesucht haben. Auch ihr Haus wurde beschädigt. Die Menschen konnten nichts tun, sie waren der Gewalt des Sturms machtlos ausgeliefert. Am Morgen nach dem Sturm sah er Tote auf der Straße. Im Zentralkrankenhaus von Beira sind die Kinder auf der Neugeborenenstation umgekommen. Als Nelson in das HIV-Zentrum von Sant’Egidio kam, war es überfüllt mit Leuten aus dem umliegenden Armenviertel, die dort Schutz gefunden hatten. Es sind Familien, die in einfachen Hütten lebten und alles verloren haben. Wir versorgen sie jetzt. Die Stadt Beira ist zu großen Teilen zerstört, und man muss hoffen, dass angekündigte Regenfälle nicht weiteren Schaden anrichten.
Können Sie vor Ort Nothilfe für die Opfer leisten?
Wenderlein: Wir leisten über die Mitglieder der lokalen Gemeinschaft Sant’Egidio Nothilfe, und es sind jetzt mehrere Mitarbeiter aus Maputo und Italien in Beira angekommen, die mithelfen. Im Moment leben über 400 Menschen in unserem Zentrum in der Innenstadt Beiras. Auch viele andere wenden sich hilfesuchend dorthin. Wir geben ihnen Lebensmittel, Wasser und Medikamente. Am Montag ist ein Lkw mit 30 Tonnen Hilfsgütern, die Sant’Egidio in Maputo gesammelt hat, aufgebrochen. Wir hoffen, dass er möglichst bald ankommt, denn wir brauchen Hilfsgüter für die vielen, die nach Hilfe suchen.
Was wird denn in Beira und in den Überschwemmungsgebieten am dringendsten benötigt?
Wenderlein: Am dringendsten werden sauberes Wasser, Wasserfilter, Lebensmittel, Kleidung, Schuhe, Decken, Medikamente, Desinfektionsmittel, Seife und Verbandsmaterial gebraucht. Wir haben begonnen, einen medizinischen Dienst aufzubauen, in dem unsere Mitarbeiter Verwundete, Kinder mit Atemwegsinfektionen, Schwangere, Menschen mit Durchfall und anderen Erkrankungen behandeln. Gute Hygiene und sanitäre Anlagen sind wichtig, um die Ausbreitung der Cholera und anderer Erkrankungen zu vermeiden. Später wird es dann um den Wiederaufbau der Gebäude gehen.
Und was können Sie im Moment von Würzburg aus tun?
Wenderlein: Wir sammeln Spenden, um die Nothilfen zu finanzieren. Sie werden noch lange nötig sein. Viele Menschen haben ihre Hütten verloren, Häuser sind beschädigt. Auch dieser Wiederaufbau muss organisiert und finanziert werden.
Sie wollen auch in Malawi helfen. Wie ist die Lage dort?
Wenderlein: Die Notlagen in Malawi und Simbabwe sind weniger in den Schlagzeilen und dürfen nicht vergessen werden. Besonders die südlichen Distrikte Malawis sind von den Überschwemmungen betroffen, auch dort gibt es Tote und viele, die obdachlos wurden, Felder sind zerstört. Wir haben in Absprache mit den Behörden in mehreren Dörfern mit der Verteilung von Lebensmitteln, Trinkwasser und Tabletten zur Wasserdesinfektion, Decken, Zelten und Medikamenten begonnen. Auch im Süden Malawis ist viel Hilfe zum Wiederaufbau nötig.
Konto DE71 7509 0300 0003 0299 99 (Sant' Egidio)
Stichwort "19/34 Nothilfe Mosambik Malawi"