
Dieser Tag sollte ein ganz besonderer werden: Nach vielen Jahren Beziehung wollten sich Leandra und Johannes Därr am 16. Mai 2020 endlich das Ja-Wort geben. Schon lange hatte das Paar seine Traumhochzeit geplant und auf diesen Moment hingefiebert. Eine große Feier mit 80 Gästen sollte es sein. Die standesamtliche Trauung sollte in Würzburg, die kirchliche in Obereisenheim (Lkr. Würzburg) stattfinden. Familie und Freunde waren eingeladen, Gäste wurden auch aus Australien und den USA erwartet.
Für das Fest im Weingut Glaser in Nordheim (Lkr. Kitzingen) warteten die 27-jährige Verkaufsleiterin und der 30-jährige Schreinermeister aus Würzburg ein Jahr lang auf den nächsten freien Termin. "Ich habe schon als Mädchen von dieser Hochzeit geträumt", sagt Leandra Därr. Das Kleid hatte sie ausgesucht, das Catering war abgesprochen, die Dekoration stand fest. Alles war genauso vorbereitet, wie das Paar es sich gewünscht hatte.
Corona war nicht eingeplant
Doch es sollte nicht so kommen. Denn eine weltweite Pandemie hatten Leandra und Johannes Därr in ihre Planung nicht einberechnet. Als sich Covid-19 im März vergangenen Jahres mit rasanter Geschwindigkeit in Europa ausbreitete, war die Unsicherheit groß. "Man hat bis zum Ende gehofft, es könnte irgendwie noch klappen", sagt Leandra Därr.
Etwa einen Monat vor dem geplanten Hochzeitsdatum musste dann eine Entscheidung getroffen werden: Das Paar sagte die große Feier ab. Nach Monaten der Vorfreude auf den besonderen Tag waren Wut und Trauer groß. "Ich habe mich ganz oft gefragt: Warum trifft das jetzt ausgerechnet uns?", sagt Leandra Därr.
Hochzeit muss verschoben werden
Bis zum Schluss ließen sich die beiden die Möglichkeit offen, zumindest den Termin für die standesamtliche Trauung einzuhalten. Regelmäßig erkundigte sich Leandra Därr nach den aktuellen Regelungen im Würzburger Standesamt. Für ihren Termin galt schließlich: Außer dem Brautpaar, der Standesbeamtin und den Trauzeugen durften keine weiteren Gäste anwesend sein. Ohne Eltern und enge Freunde Ja sagen? "Das haben wir für uns auf jeden Fall ausgeschlossen", sagt Johannes Därr.

Daher beschloss das Paar, die Hochzeit um ein Jahr zu verschieben. Bei der Stornierung trafen die beiden auf kulante Dienstleister. Außer den Kosten für das Standesamt und die geplante Fotobox waren keine Zahlungen fällig. Dafür sind Leandra und Johannes Därr sehr dankbar: "Wir haben auch von Bekannten gehört, die ungefähr die Hälfte der Kosten tragen mussten", so Leandra Därr.
Große Hoffnungen für 2021
Einen freien Termin hatte das Weingut Glaser den beiden für dieses Jahr noch anzubieten: den 7. Mai 2021. Und so hoffte das Brautpaar, dass es an diesem Tag ganz normal feiern könnte, genau wie geplant. "Ich bin wirklich davon ausgegangen: In einem Jahr gibt es kein Corona mehr", sagt Leandra Därr. Dass dies ein Trugschluss war, zeigten die hohen Inzidenzen der vergangenen Monate. Bis zum Termin stand die große Frage im Raum: Kann die Hochzeit diesmal stattfinden?
Wie bereits im Vorjahr sah sich das Paar regelmäßig die aktuellen Verordnungen an. Eine Vorgabe zu Feiern im privaten Raum vermissten die beiden jedoch. "Eine klare Ansage hat einfach gefehlt", sagt Johannes Därr.
Strenge Hygienebedingungen auf dem Standesamt
Letztlich entschieden sich die beiden für die Hochzeit unter Pandemie-Bedingungen und gegen eine weitere Verschiebung: "Wer sagt uns, dass es 2022 besser sein wird?", so Leandra Därr. Zudem lag der Antrag nun bereits knapp zweieinhalb Jahre zurück – auch emotional war eine noch längere Wartezeit für das Paar undenkbar.
Ihre ursprünglichen Pläne waren damit hinfällig geworden. Sowohl standesamtliche als auch kirchliche Trauung fanden nun in Obereisenheim statt - dem Heimatort von Johannes Därr. Im Standesamt durften insgesamt zehn Gäste anwesend sein. Die Trauung fand unter strengen Hygienebedingungen statt, das Brautpaar hatte vorher einen PCR-Test machen lassen. Nur für die alles entscheidende Frage durften Leandra und Johannes Därr die Maske abnehmen. "Da wollten wir schon vorbildlich sein", sagt Johannes Därr.
Kirchliche Trauung macht große Gästezahl möglich
Viel wichtiger für das Brautpaar war aber die kirchliche Trauung in Obereisenheim. Für den Einzug in die evangelische Kirche trug die Braut in Absprache mit dem Pfarrer keine Maske. "Ich war sehr froh darüber, denn das ist ja der Moment, den man sich immer vorstellt", sagt Leandra Därr.

Mit 70 Gästen war die Hochzeitsgesellschaft zumindest in der Kirche fast so groß wie ursprünglich geplant. Vorsichtsmaßnahmen mussten dennoch getroffen werden: Sicherheitsabstand zwischen den Haushalten in den Kirchenbänken, Maskenpflicht, Kontaktnachverfolgung. Außerdem legte das Brautpaar den Gästen nahe, vorher einen Corona-Test durchzuführen. "Es war eine kleine Entschädigung, dass wir dann doch fast alle dabei haben konnten", sagt Johannes Därr.
Tests und Masken geben Sicherheit
Im Nachhinein sind die beiden froh darüber, dass sie nicht im vergangenen Sommer geheiratet haben, als die Regelungen deutlich lockerer waren. Ohne die Möglichkeit zum Testen, ohne FFP2-Masken und ohne bereits geimpfte Gäste hätten Leandra und Johannes Därr die Gefahr einer massenhaften Ansteckung der Gäste als zu riskant empfunden. "Die Tests und die Masken haben uns für den Tag ein Gefühl von Sicherheit gegeben", sagt Leandra Därr.
Der Traum einer großen Hochzeitsfeier im Weingut war allerdings geplatzt. Stattdessen fanden zwei kleine Feiern im engsten Familienkreis statt: Zunächst in Obereisenheim bei der Familie des Bräutigams, die dort eine Schreinerei betreibt. Und am Abend dann bei der Familie der Braut in Würzburg. "Die Familien waren schon traurig, dass sie das nicht zusammen feiern konnten", sagt Johannes Därr. Aber die aktuelle Lage habe eine Feier mit beiden Familien unmöglich gemacht.
Flexibilität bei den Vorbereitungen
Ein eng getakteter Tag, den das Brautpaar somit erlebte: Um keine weitere Verschiebung der Hochzeit zu riskieren, fanden Standesamt, Kirche und die beiden Feiern am gleichen Tag statt. Doch Leandra und Johannes Därr sehen dabei auch die positiven Seiten: Der übliche Stress, mit jedem der Gäste auf einer großen Feier reden zu müssen, sei für sie komplett weggefallen.
Wie die Hochzeit letztlich abgelaufen ist, darüber sind die beiden sehr glücklich. Das liege vor allem an der kirchlichen Trauung, die sehr persönlich gestaltet wurde. Die Freunde des Brautpaares verlasen statt Fürbitten gute Wünsche, statt des örtlichen Chores spielte eine Violinistin. "Man muss einfach ein bisschen offener und flexibel sein", sagt Johannes Därr. So wurde die geplante Dekoration aus dem vergangenen Jahr für andere Zwecke genutzt: Die goldenen Bilderrahmen für die Menükarten verwendete das Paar beispielsweise, um die Gäste auf die Hygienevorschriften hinzuweisen.
Emotionale Hochzeit trotz Corona
Auch ein paar Überraschungen hielt der Tag bereit: Ein vorab gedrehtes Video mit Grußbotschaften der Gäste freute das Paar ganz besonders. "Das war für uns ein sehr schöner und emotionaler Moment", erzählt Leandra Därr. Durch den intimeren Kreis sei die Stimmung sowieso viel emotionaler gewesen, als es bei einer großen Feier vermutlich der Fall gewesen wäre. Intensive Gespräche, die Reden der Trauzeugen, die guten Wünsche der Freunde: "Wir haben alles viel mehr aufsaugen und genießen können", findet Leandra Därr.
Und so werden die beiden den Tag trotz der Umstände in guter Erinnerung behalten: "Wir haben einfach das Beste daraus gemacht", sagt Johannes Därr. In ihren bereits im vergangenen Jahr angefertigten Ringen steht das ursprüngliche Hochzeitsdatum: der 16. Mai 2020. Das finden die beiden aber gar nicht schlimm: "Eigentlich ist das ja auch eine ganz lustige Geschichte".