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Würzburg
Hartnäckigkeit zahlt sich aus: Rentner aus Unterfranken holt vor Gericht seine Rentenpunkte zurück
Nach einer Scheidung werden Rentenansprüche aufgeteilt. Was passiert nach dem Tod des früheren Partners damit? Wie ein Würzburger seine Rentenanteile einklagte.
Was passiert mit den während der Ehe erworbenen Rentenpunkten, wenn einer der Partner nach der Scheidung stirbt? Es kann sich im Einzelfall lohnen, mögliche  Ansprüche prüfen zu lassen. 
Foto: Benjamin Brückner | Was passiert mit den während der Ehe erworbenen Rentenpunkten, wenn einer der Partner nach der Scheidung stirbt? Es kann sich im Einzelfall lohnen, mögliche  Ansprüche prüfen zu lassen. 
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 22.12.2023 03:11 Uhr

Heiraten ist einfach, eine Scheidung kann kompliziert werden. Da geht es auch um die Aufteilung des Vermögens, die Berechnung des Unterhalts oder den Versorgungsausgleich, bei dem der Partner, der während der Ehe mehr verdient hat, Rentenpunkte abgeben muss. Doch was passiert mit diesen Rentenanteilen, wenn der frühere Partner nach der Trennung stirbt? Kann man seine erworbenen Rentenpunkte dann wieder zurückholen?

Ja, man kann. Das zeigt der Fall eines 87-jährigen Würzburgers, der vor Gericht die Rentenanteile seiner geschiedenen Frau einklagte, damit erfolgreich war - und die Punkte zurückerhalten hat.

Fast drei Jahrzehnte lang, von 1958 bis 1986, war der Würzburger verheiratet. Als Schriftsetzer verdiente er ein gutes Gehalt, seine Frau führte den Haushalt und arbeitete später als Hilfskraft. Die Ehe endete 1986 vor dem Scheidungsrichter. Der Schriftsetzer musste beim Versorgungsausgleich seine Rentenansprüche mit seiner Ex-Frau teilen.

Was der Versorgungsausgleich ist und wer über die Aufteilung der Versorgungsrechte entscheidet

Nach einer Scheidung regelt der Versorgungsausgleich die Aufteilung der Renten- und Pensionsansprüche, die während der Ehezeit erworben wurden. Vor dem Familiengericht sie  gleichmäßig auf das Paar aufgeteilt. Wenn der Mann in der Ehe mehr verdient als seine Frau, bedeutet das: Einen Teil seiner Rentenansprüche muss er an sie abgeben. Dies betrifft sowohl die gesetzliche Rente als auch betriebliche Altersversorgung, private Zusatzrentenversicherungen, Beamtenpensionen oder berufsständische Versorgungen.

Im März 2015 starb die geschiedene Frau des Würzburgers, die zu diesem Zeitpunkt bereits seit etwa 19 Jahren Rente bezogen hatte. Auch er selbst war zu dieser Zeit bereits Rentner. Als der heute 87-Jährige 2019 von einer Rückholung von Rentenpunkten in einem Zeitungsartikel las, wandte er sich an einen Anwalt für Familienrecht. Die Frage: Wäre es möglich, seine Rentenanwartschaften zurückzuerhalten?

Wann ein Rückausgleich nach dem Tod des Partners möglich ist

Stirbt ein Partner nach der Scheidung, bleibt es bei dem durchgeführten Versorgungsausgleich, erläutert Julia Ernst, Sozialrechtsexpertin beim Sozialverband VdK in Würzburg. Es gebe grundsätzlich keinen "Rückausgleich".

Allerdings gibt es eine Ausnahme: "Wenn die ausgleichsberechtigte Person verstirbt und für nicht mehr als 36 Monate eine Rente bezogen hat, kann der Versorgungsausgleich ausgesetzt werden", sagt Ernst. Eine solche Rückübertragung der Entgeltpunkte erfolge aber nicht automatisch. Sie muss beim Rentenversicherungsträger beantragt werden. 

Mehr als 36 Monate in Rente: Wer Rentenanteile doch zurückholen kann

Hatte der verstorbene Ex-Partner bereits länger als 36 Monate Rente erhalten, reicht ein einfacher Antrag bei der Rentenversicherung nicht aus, um Rentenpunkte zurückzuholen. Betroffene müssten dann den Weg zum Familiengericht gehen, erklärt Rentenberater Rudi F. Werling. Er ist mit seiner Pforzheimer Kanzlei bundesweit auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs tätig.

"Um die volle Altersrente nach dem Tod des Ex-Partners zurückzuerhalten, ist es wichtig, den Einzelfall individuell zu prüfen", sagt Werling. Dazu benötige man die alten Unterlagen aus dem früheren Scheidungsverfahren. Bestimmte Faktoren würden gute Erfolgsaussichten bieten: "Zum Beispiel, wenn die Ehe zwischen 1977 und 2010 geschieden wurde und der Versorgungsausgleich auf dem bis 31. August 2009 geltenden Recht beruht." Weitere Voraussetzung sei, dass es zwischenzeitlich wesentliche Wertänderungen im Rentenrecht gegeben hat.

"Das ist meist der Fall, wenn während der Ehe vor 1992 Kinder geboren wurden oder Beamtinnen und Beamte nach der Scheidung eine Kürzung ihres Ruhegehaltssatzes erfahren haben", erklärt der Rentenberater. Auch wenn bei der Scheidung eine Betriebsrente oder berufsständische Versorgung geteilt wurde, müsse genauer geprüft werden.

Wie es zu Wertänderungen kommt und was man tun sollte

Der Versorgungsausgleich basiert auf dem zum Zeitpunkt der Scheidung geltenden Recht. Statistisch gesehen werden Ehen in der Regel nach etwa 15 Jahren geschieden, bis zum Rentenbeginn können dann noch Jahre oder sogar Jahrzehnte vergehen. In dieser Zeitspanne kann viel geschehen: beispielsweise Änderungen in den Berechnungsvorschriften oder unvorhergesehene Lebensereignisse wie Krankheit oder vorzeitige Dienstunfähigkeit.

Deshalb sei es wichtig, den Versorgungsausgleich nicht nur zum Zeitpunkt der Scheidung, sondern auch nach dem Tod eines Partners von einem Experten prüfen zu lassen. "Von einem ablehnenden Bescheid der Rentenversicherung sollte sich niemand abschrecken lassen", rät Rudi F. Werling. Er unterstützt bundesweit Betroffene, die bei den Familiengerichten ihren Versorgungsausgleich neu berechnen lassen.

Klage erfolgreich: 600 Euro mehr Rente

Dass der Gang vors Gericht nicht aussichtslos ist, zeigt der Fall des Seniors aus Würzburg. "Eine Rückholung der Rentenpunkte lohnt sich fast in jedem Fall, denn Rentenpunkte aus damaligen Jahren sind heute eine schöne Summe in Euro", sagt der 87-Jährige. Er und sein Anwalt hatten Erfolg mit der Klage vor dem Familiengericht in Würzburg. Als Ergebnis stieg seine Rente um etwa 600 Euro monatlich.

 
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  • Peter Lorenz
    @Klaus Kiesel,ihre merkwürdige Argumentation kann ich leider überhaupt nicht nachvollziehen.Erstens können sie nicht wissen ob es sich hier um einen extremen Einzelfall handelt u. ob es dem heute 87jährigen "wertvolle Lebenszeit" kostete erst recht nicht.Hätte er nicht gerne " seine Lebenszeit " hiermit verschwendet,hätte er auch keinen Antrag auf Rückerstattung der Entgeltpunkte gestellt.
    im übrigen hat der Kläger diese Entgeltpunkte sich erarbeitet u.deshalb stehen ihm diese nach dem Tod seiner Frau auch wieder zu...das ist in meinen Augen richtig u. auch logisch.
    Ich stimme daher dem Beitrag von Herrn Florian Stenger vollumfänglich zu.
    Der Bericht der Mainpost ist in diesem Sinne sehr interessant u.kann vielen Geschiedenen,die sich in einer ähnlicher Lag befinden,wertvolle Hilfe sein.
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  • Klaus Kiesel
    @ Peter Lorenz, ob Sie meine Argumentation merkwürdig finden oder nicht, ist mir ziemlich egal. Dass es der Fall nicht Schule machen wird ist sicher, und das ist gut so. Bei Scheidung wird geteilt (wenn nicht vor Heirat Abweichungen vom Gesetz vereinbart waren) und wird nur im Ausnahmefall (kurze Leistungsdauer) wieder zurückgegeben.
    Ihre Ansicht, wer sich was erarbeitet hat, ist Gott sei Dank längst überholt.
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  • Klaus Kiesel
    Ich finde es nicht gut, dass die Main-Post solch einen extremen Einzelfall so aufplustert.
    Da war jetzt ein spitzfindiger Anwalt jahrelang mit beschäftigt, dem heute 87jährigen hat es wertvolle Lebenszeit gekostet und die Gerichte hätten bestimmt auch Sinnvolleres leisten können.
    Hier wird das Solidarprinzip: " Alles während eines Ehelebens Erworbene wird geteilt" durch juristische Haarspalterei - die in vielen Bereichen leider viel zu sehr um sich greift - ausgehebelt.
    Was wäre denn, wenn die Frau noch leben würde und der Mann verstorben wäre.
    Müsste sie dann auf die Rente verzichten, nur weil dereinst das Rentenkonto des Mannes damit gefüllt war?
    Bei aller Verbundenheit zur Lokalpresse: Das ist "Vier Buchstaben Stil".
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  • Florian Stenger
    Wieso soll das schlecht sein Recht muss Recht bleiben. Es ist schon alleine ein Unding das sowas nicht automatisch erfolgt sondern nur auf Antrag. Das wird auch bewusst gemacht weil man beim Staat weiß das die meisten das nicht wissen und somit kein Antrag gestellt wird und nichts ausbezahlt werden muss.
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  • Klaus Kiesel
    Recht hat leider oft mit Gerechtigkeit nicht viel zu tun, weil es von Menschen gemacht wird und nun mal nicht alles bedacht werden kann.
    Ich kritisiere hauptsächlich zwei Dinge:
    Zum Einen die um sich greifenden Spitzfindigkeiten machen Anwälte, deren Hauptintension darin liegt, die Gesetze zu konterkarieren (vgl. Cum-Ex Spitzfindigkeiten oder Copyrightverletzungen) um selbst Kasse zu machen.
    Zum Anderen, dass sich die Main-Post an solchen reißerischen Inhalten beteiligt.
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  • Jürgen Huller
    Das ist eine Betrachtungsweise.

    Eine andere wäre:
    Bei einer Scheidung bekommt der eine Partner immer die Hälfte der Rentenpunkte des anderen Partners. In den oben genannten Beispiel war die Verteilung mehr in die eine Richtung, das ändert jedoch nichts. Auch der Ehemann hat die Hälfte der Rentenpunkte seiner Frau bekommen.

    Solange sie verheiratet waren, haben beide gemäß ihres Einkommens in die Rentenkasse eingezahlt. Warum soll der eine Partner also nach dem Tod des anderen Partners auf die Leistungsansprüche verzichten, die man gemeinsam WÄHREND der gemeinsamen Zeit der Ehe erworben hat? Nicht nur sollte alles geteilt werden, umgekehrt sollte auch alles erhalten bleiben , was man gemeinsam erarbeitet hatte. Das wäre gerecht.
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  • Jutta Nöther
    Wurden dem Herrn denn dann die Rentenpunkte der Frau nach ihrem Tod auch gerechterweise wieder abgezogen?
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