
Es ist kalt an diesem Morgen. So kalt, dass die Betreibenden ihre Marktstände teils mit Seitenwänden verkleidet und das Gemüse mit Decken eingepackt haben. Sie wollen es vor den niedrigen Temperaturen schützen, es frisch und gesund halten. Das Angebot auf dem Grünen Markt ist trotz des Winters groß, man kann sogar Paprika kaufen. Auch an den Obstständen, die zu dieser Jahreszeit nur Äpfel anbieten, sind die Kisten über den Rand gefüllt. Die Lebensmittel werden gut nachgefragt, an fast allen Ständen herrscht den ganzen Tag über reger Betrieb. Und trotzdem bleibt jeden Abend Ware übrig. Was passiert damit?
Die Marktfrauen und -männer müssen sich an die gleichen Vorschriften halten, die auch für Supermärkte gelten. Das bedeutet: Das Obst und Gemüse, das sie verkaufen, muss gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften erfüllen. Die Lebensmittel müssen unter anderem ganz und sauber sein und dürfen nicht faulen.
Äpfel halten sich lange
Marktfrau Luzvisminda Götz aus Margetshöchheim verkauft Obst aus integriertem Anbau. Zurzeit hat sie etliche Apfelsorten im Angebot. Dass bei ihr Ware anfalle, die nicht mehr verkauft werden könne, komme selten vor. Schließlich sind Äpfel Lagerware, sie halten sich lange. "Und wenn doch mal einer schlecht ist, kommt er nebenhin", sagt Götz. Die aussortierten Äpfel sammele sie und gebe sie einer Kundin für deren Tiere mit.

Auch Norbert Schraut, Leinachtaler Obstbauer, hat mit der Lagerware Apfel kein Problem. "Die kommen über Nacht ins Kühlhaus", sagt er. In den wärmeren Jahreszeiten verkauft Schraut noch anderes Obst, unter anderem verschiedene Beeren. Was davon am Abend noch übrig sei, friere er ein, um später daraus Saft oder Gelee herzustellen. "Wir sind die Einzigen hier, die noch alles weiterverarbeiten", fügt Schraut an.
Teil des aussortierten Gemüses wird an einige Studenten-WGs verkauft
Otmar Zimmermann sortiert hinter seinem Stand Gemüse. Er packt Kisten zusammen, räumt weg, bringt neue Ware. Am Stand von Zimmermann Gartenbau aus Albertshofen ist viel los, auch der Chef kümmert sich immer wieder um die Kundschaft. Zurzeit falle nicht so viel Mangelware an, sagt Zimmermann. Denn im Winter gebe es weniger Produkte und diese würden nicht so schnell schlecht werden wie im Sommer.
Trotzdem bleibt am Abend etwas übrig. Einen Teil des aussortierten Gemüses verkauft Zimmermann zu einem günstigen Preis an einige Studenten-WGs. Des Weiteren versorgt der Marktmann die Verwandtschaft mit Wirsing, Gurken und Co. So bekomme er etwa 80 Prozent der übriggebliebenen Ware verteilt.
Zudem habe er oft Lebensmittel an die Eat Well Organisation gespendet, die Geflüchtete mithilfe einer mobilen Küche mit Essen versorgt. Doch wegen Corona sei das in den vergangenen anderthalb Jahren nicht mehr möglich gewesen. "Manches muss man dann doch entsorgen", sagt Zimmermann. "Ganz ohne geht es nicht."
Über zwei Tonnen Lebensmittel gespendet
Am Stand von Thomas Will, dem Marktmann mit Hut, nimmt sich Verkäuferin Janine Hiemer kurz Zeit für die Reporterin. Bereits beim Aufbau sortierten die Mitarbeitenden Ware aus, die Makel aufweisen. Das Gemüse können Kunden und Kundinnen dann zum halben Preis kaufen. Und was passiert mit den Lebensmitteln, die abends noch übrig sind? "Da kommen die Foodsharer", sagt Hiemer.

Die Gruppe setzt sich dafür ein, dass Lebensmittel geteilt und nicht weggeworfen werden. Das passiert über die sogenannten Fairteiler, online und offline. Auch der Biolandhof Keller gibt einen Teil der unverkäuflichen Lebensmittel an die Foodsharer ab. 2325 Kilogramm waren es allein im vergangenen Jahr, wie Marktfrau Angelika Keller sagt. Das Problem ihrer Meinung nach: "Die Leute wollen immer die volle Auswahl haben, auch am Abend noch."
Keller ist Landwirtin durch und durch, seit 41 Jahren baut sie schon Bio an. Früher habe sie Schweine auf dem Hof gehabt, die alles gefressen hätten, was vom Verkauf übrig gewesen sei. Heute füttere sie zumindest das Grünzeug noch an ihr Geflügel. Und alles, was weder die Foodsharer abholen noch die Tiere fressen, komme auf den Kompost, zurück in den Kreislauf. "Es geht nichts verloren bei uns", sagt Keller.