Dicke Luft im Kindergarten St. Josef in Giebelstadt: Ausgerechnet das Mittagessen sorgt dort für Ärger. Doch es geht nicht darum, ob zu viel Fleisch oder Fisch auf dem Teller landet. Für Unmut sorgt die Entscheidung des Kindergartenträgers, ein verbindliches Mittagessen für die Kinder einzuführen. Einigen Eltern passt das nicht. Sie starteten eine Petition – obwohl es eine Kompromisslösung gibt. Im Kreuzfeuer der Kritik ist der Vorstand des Vereins Elisabethenheim Würzburg.
Worum geht es in dem Vorfall?
Bisher gibt es laut Informationen auf der Internetseite des Kindergartens drei Möglichkeiten für das Mittagessen. Kinder können zum Beispiel kaltes Essen wie Brot oder Joghurt mitnehmen. Eine zweite Option ist, dass die Mitarbeiter mitgebrachtes Essen in der Mikrowelle aufwärmen. Wer diese Möglichkeiten nicht nutzen will, kann warmes Essen im Kindergarten bestellen, es kostet drei Euro pro Essen. Die Essensbestellung soll ab September jedoch verbindlich werden, darüber wurden die Eltern in einem Schreiben vom Mai informiert. "Durch das Mittagessen wird das Gemeinschaftsgefühl gestärkt, Tischkultur erlernt und gemeinsam neue Geschmacksrichtungen ausprobiert", heißt es in dem Brief, der dieser Redaktion vorliegt. Kosten soll das monatlich 60 Euro für ein Regelkind, 45 Euro für ein Kind unter drei Jahren.
Warum sind einige Eltern damit nicht einverstanden?
"Wir lehnen nicht das 'Kindergartenessen' per se ab, wir wollen lediglich, dass es wie bisher auf Freiwilligkeit beruht", heißt es in einer Petition, die Eltern im Internet ins Leben gerufen haben. 56 Unterzeichner hatte sie am Donnerstagvormittag. Vor allem den Informationsfluss kritisieren Mütter und Väter. Über die neue Regelung seien sie nicht umfassend in Kenntnis gesetzt worden. Die Schreiben seien zudem sehr spät oder gar nicht bei den Betroffenen angekommen. "Die Entscheidung ist hinter dem Rücken der Eltern getroffen worden", meint eine Mutter, die namentlich nicht genannt werden möchte. Gerade beim Thema Essen sei es wichtig, die Eltern mit ins Boot zu holen, teilt eine andere Mutter mit. Das traditionelle Mittagessen mit der gesamten Familie sei so nicht mehr möglich, weil das Kind verpflichtend im Kindergarten essen müsse. Zudem seien die Kosten des Essens nicht zu unterschätzen, die pauschal geleistet werden müssen – auch, wenn das Kind krank sein sollte und das Essen nicht in Anspruch nimmt. "Bei drei Kindern wären das 180 Euro, die finanziell für Familien schwer zu stemmen sind", meint eine weitere Mutter im Telefonat mit dieser Redaktion.
Kann die Änderung einfach so für alle in Kraft treten?
Dies bezweifeln die Unterstützer der Petition, die sich eigenen Angaben zufolge bereits Rechtsbeistand geholt haben. Denn Eltern mit bestehenden Verträgen haben diese noch ohne ein verbindliches Mittagessen abgeschlossen.
Wie sieht die Kompromisslösung aus?
Der Träger des Kindergartens reagierte auf den "Proteststurm", wie er ihn in einem Brief betitelt, der mit dem 10. Juni datiert ist. Die Verantwortlichen erklären darin, wie die Änderungen konkret ablaufen sollen. Eltern, die bereits einen bestehenden Vertrag mit der Einrichtung haben, können sich entscheiden, ob sie für die gesamte Vertragsdauer das verbindliche Mittagessen bestellen oder nicht. Falls nicht, könne den Kindern weiterhin Essen mitgegeben werden. "Jedoch wird zukünftig keinerlei Zubereitung des Essens, auch kein Erwärmen, durch das Personal des Kindergartens stattfinden", heißt es im Schreiben. Dies bestätigt Simon Kuttenkeuler, geschäftsführender Vorstand, auf Nachfrage der Redaktion. Das Aufwärmen vieler verschiedener Gerichte führe zu teilweise chaotischen Zuständen und sei mit Hygieneregeln nicht mehr vereinbar. Für alle Neuverträge ab 1. September soll es keine Wahl mehr geben. Dann muss das Essen verbindlich mitgebucht werden.
Sind die Eltern mit der Lösung zufrieden?
Darüber gibt es verschiedene Auffassungen. Helmut Krämer, Bürgermeister von Giebelstadt, hat sich des Themas ebenfalls angenommen, obwohl er rechtlich keinen Einfluss auf die Entscheidung des Trägers hat. Krämer bezeichnet die Entscheidung als legitim; bei ihm hätten sich jedoch auch Eltern gemeldet, mit denen er im Kontakt stand. Die Kompromisslösung hätte seiner Meinung nach für mehr Akzeptanz gesorgt. Eltern zeigen sich im Gespräch mit dieser Redaktion jedoch nicht begeistert. Die Lösung bezeichnen sie als "Trotzreaktion" und "nicht okay". Eine Mutter will nun aber darauf verzichten, vor Gericht zu ziehen, wie es eigentlich geplant war, nachdem das erste Schreiben vom Mai für viele Unklarheiten gesorgt hatte.
Warum gibt es trotz einer Lösung immer noch Ärger?
Die Fronten sind verhärtet, weil die Kommunikation auf beiden Seiten kritisiert wird. Zuerst meldeten sich mehrere Eltern bei dieser Redaktion. Ihnen sei vom Träger mit dem Rauswurf der Kinder gedroht worden, sollten sie die Lösung nicht akzeptieren. Mails und Anrufe seien zudem nicht beantwortet worden. "Als der Vorstand endlich am Telefon zu erreichen war, war er sehr unhöflich und nicht zu einer Diskussion bereit", beschreibt eine Mutter. Simon Kuttenkeuler wird von einigen Eltern heftig kritisiert. Er weist die Vorwürfe zurück, sich nicht gemeldet zu haben und sagt auf Nachfrage der Redaktion, in Telefonaten beschimpft und mit Drohungen konfrontiert worden zu sein. "Ich habe auch spät abends mit ihnen telefoniert", so Kuttenkeuler. Ihm gehe es nicht darum, irgendjemandem etwas aufzudrängen. "Und ich möchte auch keinen Krach mit den Eltern haben", sagt er. Wenn es um die allgemeine Kommunikation geht, gesteht der Vorstand ein, dass sie nicht optimal gelaufen sei. Ein Grund dafür sei auch die Coronakrise. Elternabende oder Veranstaltungen im Kindergarten seien nicht möglich gewesen, um wie gewohnt mit den Eltern in Kontakt zu treten.
Warum hat sich der Träger jetzt für diesen Schritt entschieden?
Der Zeitpunkt sei nicht unbedingt günstig, gibt Kuttenkeuler an. "Aber irgendwann muss man anfangen." Die Umstellung sei schon länger in Planung und auch im Elternbeirat kommuniziert gewesen. Außerdem greife die Maßnahme ab dem neuen Kindergartenjahr. Für solche Entscheidungen sei dies die beste Zeit. Hätte er sich nicht zum jetzigen Zeitpunkt für die Umstellung entschieden, würde sich der Übergang zu einem verbindlichen Mittagessen um ein weiteres Jahr verzögern.
Kann der Vorstand die Kritik nachvollziehen?
Mit Ärger diesen Ausmaßes hat Simon Kuttenkeuler laut eigener Aussage nicht gerechnet. Dass sich Eltern mit bestehenden Verträgen aufregten, könne er zum Teil nachvollziehen. Aber: "Ich kann es nicht jedem Recht machen", sagt der Vorstand. Wer mit den Maßnahmen nicht einverstanden sei, hätte die Wahl, einen anderen Kindergarten für seine Kinder auszusuchen.
Warum möchte der Träger ein verbindliches Mittagessen?
Kuttenkeuler gibt auf Nachfrage der Redaktion mehrere Gründe hierfür an. Neben der einfacheren Organisation sei es seiner Erfahrung nach sogar der der Wunsch vieler Eltern, dass ihre Kinder ein gemeinsames Mittagessen im Kindergarten zu sich nehmen. Seiner Ansicht nach würde auch ein Großteil bereits Gebrauch davon machen, das Essen zu bestellen. Der pauschale Betrag von 60 Euro für ein Regelkind sei dabei eine Mischkalkulation, in der teurere, günstigere und nicht eingenommene Essen bereits mit eingeplant seien. Zudem habe es für ihn einen pädagogischen Hintergrund, wenn Kinder und Mitarbeiter der Einrichtung gemeinsam und zeitgleich das Mittagessen zu sich nehmen.
Nun liegt es an der Corona Krise und an Hygienevorschriften... immer sind die anderen Schuld
Also ich würde da für mein(e) Kind(er) sofort eine andere Lösung suchen!