In Bayern werden wegen der Corona-Krise die Intensivbetten knapp. Mehrere Städte und Landkreise meldeten am Samstag kein einziges freies Intensivbett mehr, wie aus dem deutschlandweiten DIVI-Register (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin) hervorgeht. Auch in Würzburg ist laut diesem Register kein einziges Intensivbett mehr frei. Etliche Radiosender meldeten dies am Wochenende.
Ein Sprecher der Integrierten Leitstelle Würzburg, die Rettungseinsätze koordiniert, sagte auf Anfrage dieser Redaktion am Sonntag allerdings, dass für die Würzburger Kliniken noch kein Aufnahme-Stopp für Corona-Patienten gelte. "Wenn wir einen entsprechenden Fall haben, fahren wir ihn nach wie vor in die Kliniken hier", hieß es.
Uniklinik-Direktor: "Wir haben noch zwei Betten für Corona-Patienten"
Für Würzburg trifft die Angabe des DIVI-Registers nicht hundertprozentig zu. Auf die Frage, ob an der Uniklinik Würzburg tatsächlich aktuell alle Intensivbetten mit invasiver Beatmungsmöglichkeit belegt seien, sagte der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Prof. Georg Ertl am Sonntag: "Es ist eng, das stimmt. Wir haben aber noch zehn Intensivbetten frei, von denen zwei für Corona-Patienten bestimmt sind." Insgesamt würden aktuell in der Uniklinik Würzburg 48 Corona-Patienten behandelt; 16 von ihnen auf der Intensivstation. Der aktuelle Engpass betrifft Ertl zufolge nicht die Beatmungsmaschinen: "Davon haben wir genug." Vielmehr stünden Ärzte und Pflegekräfte unter immensem Druck. "Es braucht ja die Kräfte, die Intensivpatienten versorgen können."
Im Vergleich zum ersten Lockdown im Frühjahr sei die Lage im Universitätsklinikum allerdings sehr viel angespannter. "Im Frühjahr hatten wir eine Belegung von rund 50 Prozent auf der Inneren Medizin, jetzt sind wir bei 100 Prozent." Dies sei durchaus saisonbedingt; die Erfahrung zeige, dass im November, Dezember und Januar die Zahl der Intensivpatienten immer viel höher sei als im Frühjahr. Die Vollbelegung sei nicht nur Corona geschuldet, sondern auch einer Vielzahl anderer internistischer Leiden. Ertl: "Wir haben aktuell auch viele Herzinfarkt-Patienten."
DIVI-Register: Einträge sind nicht immer tagesaktuell
Weshalb das DIVI-Register für Würzburg keine freien Betten mehr ausweist, kann Ertl nicht ganz nachvollziehen. Allerdings zeigt die Erfahrung der Redaktion mit dem Register, dass Einträge nicht immer tagesaktuell sind.Ertl deutete an, dass etliche andere Kliniken in Stadt und Landkreis Würzburg aktuell sehr stark ausgelastet seien; eine Nachfrage bei allen anderen Krankenhäuser in Stadt und Land war am Sonntag allerdings nicht möglich.
Laut dem DIVI-Register wurde nicht nur für Würzburg, sondern auch für die Landkreise Landshut, Regen, Aichach-Friedberg, Donau-Ries, Altötting und Fürstenfeldbruck eine Komplettbelegung der Intensivstationen gemeldet. Viele andere bayerische Kommunen meldeten am Samstag nur noch ein bis zwei freie Intensivbetten. "In der Gesamtbetrachtung stehen bayernweit noch ausreichend Allgemein- wie auch Intensivbetten-Kapazitäten zur Verfügung", betonte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU).
Die Zahl der freien Intensivbetten mit invasiver Beatmungsmöglichkeit für besonders schwer erkrankte Corona-Patienten liegt nach Humls Worten nur noch bei bayernweit rund 300 Betten. "Vereinzelt ist die Situation - abhängig vom jeweiligen lokalen Infektionsgeschehen - dementsprechend bereits sehr ernst", sagte die Ministerin.
Bei Engpässen werden Corona-Patienten in anderen Gemeinden behandelt
Wenn in einem Landkreis keine Betten mehr frei sind, bedeutet dies nicht, dass keine Behandlung mehr möglich wäre. Aber neue Intensivpatienten müssen zum Teil über weite Entfernungen in andere Krankenhäuser gebracht werden. Bayernweit waren laut Intensivregister am Samstag noch 13 Prozent der gut 3400 Intensivbetten frei. Abgesehen davon wurden Mitte der Woche knapp 3500 Corona-Patienten auf Allgemeinstationen behandelt. "Für den Fall, dass es in einzelnen Krankenhäusern keine Intensivbetten-Kapazitäten mehr geben sollte, erfolgt eine Verteilung der Patienten innerhalb des jeweiligen Leitstellenbereichs in andere Krankenhäuser", sagte Huml. "Mittlerweile verzeichnen aber ganze Leitstellenbereiche nur noch wenig freie Intensiv-Kapazitäten mit invasiver Beatmungsmöglichkeit. In diesen Fällen helfen benachbarte Leitstellen aus."
Die Landkreise, die keine freien Betten mehr haben, sind überwiegend ländlich geprägt, dort gibt es ohnehin weniger Intensivbetten als in den Großstädten. Doch auch in München und Nürnberg spitzt sich die Situation zu. So meldeten die Krankenhäuser der Landeshauptstadt nur noch 37 von 517 Intensivbetten als frei, das entspricht einem Leerstand von sieben Prozent, weit weniger als üblich.
Gesundheitsministerin Huml fordert, Personaluntergrenzen für Pflege auszusetzen
In Nürnberg waren von insgesamt 147 Intensivbetten lediglich 18 nicht belegt. Die bayerischen Krankenhäuser haben zwar eine Notfallreserve von 1159 weiteren Intensivbetten gemeldet, die bei Bedarf aufgestellt werden könnten. "Dies bedeutet aber unter anderem, dass aufschiebbare Behandlungen zurückgestellt und Personal-Notfallpläne in Kraft treten müssen", sagte Huml. Das würde demnach bedeuten, dass Mitarbeiter aus der Elternzeit oder dem Ruhestand zurückgeholt werden.
Huml forderte den Bund auf, die vorgeschriebene Personaluntergrenze für die Pflege vorübergehend auszusetzen. Eine zweite Möglichkeit wäre, dass die Krankenhäuser nicht dringliche Operationen zurückstellen. Dabei spielen aber auch die Finanzen eine Rolle: "Entscheidend für die Bereitschaft der Krankenhäuser, planbare Eingriffe zu verschieben, ist jedoch die Frage, in welchem Umfang sie hierfür Ausgleichszahlungen erhalten", sagte Huml dazu.
So gesehen haben Leerdenker mit dem Verweis auf o.g. Gruppen die gleiche Behandlung nicht verdient.