
Revolutionäre Neuerung oder Schildbürgerstreich? Was nach einer längeren Vorbereitungszeit seit Dienstagmorgen endlich in Betrieb ist, hat schon im Vorfeld - vor allem in den sozialen Medien - für Wirbel gesorgt: Das sogenannte "indirekte Linksabbiegen" für Radfahrer an der Kreuzung Friedrich-Ebert-Ring/Am Studentenhaus. Das ist in Würzburg bislang einzigartig, sieht der Straßenmarkierung nach kompliziert aus - und dürfte zumindest "gewöhnungsbedürftig" sein, wie Friedrich Schneider, Verkehrsexperte der Würzburger Polizei vermutet.
Was ist das Besondere am indirekten Linksabbiegen? Die Radfahrer fahren auf dem markierten Radstreifen aus der Jehuda-Amichai-Straße (entgegen der Fahrtrichtung dieser Einbahnstraße) geradeaus über die Kreuzung in Richtung der Straße Am Exerzierplatz. Diejenigen Radler, die an dieser Stelle nach links auf den Ebert-Ring einbiegen wollen, bleiben auf einem extra markierten Aufstellbereich neben dem Radstreifen stehen und warten, bis sie an der Ampel ein separates Grün-Signal bekommen und können so gefahrlos nach links abbiegen.
Einsatz an "komplizierten Kreuzungen"
Klingt kompliziert, funktioniert aber bereits in vielen Städten wie in Düsseldorf, Gelsenkirchen, Hamburg, Berlin - oder Herford. Dort wird seit Sommer 2017 indirekt abgebogen und dort hat sich Friedrich Schneider von der Polizei informiert. Seine Erkenntnis: "Es funktioniert so weit." Im Vorfeld der Planung gab es einen Ortstermin und laut Auskunft der Stadt bestand "Einvernehmen mit der Polizei". Zudem habe der Radverkehrsbeirat, in dem unter anderem der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) vertreten sind, dem Novum zugestimmt.

Wie Thilo Wagenhöfer vom Würzburger ADFC-Vorstand gegenüber der Redaktion erklärt, sei für Radfahrer, die die Regelung nicht kennen, diese zunächst ungewohnt. "Aber nach der ersten Absolvierung des Abbiegevorgangs sollte es keine Schwierigkeit mehr bereiten." Das ist die große Frage. "Man muss sehen, ob und wie es sich bewährt", kommentiert Hans-Jürgen Beck vom Radverkehrsbeirat die Neuerung. Diese werde nach Auskunft von Experten in vielen Großstädten wie etwa in Berlin seit Jahren praktiziert und kommt vor allem an "komplizierten Kreuzungen" wie jetzt eben am Ebert-Ring zum Einsatz.
Der Redaktionstest: Kurzes Grün und enger Bogen
Die Redaktion begutachtete vor Ort die Neuerung. Erster Eindruck: Die Radler dürfen sich beim Abbiegen nicht viel Zeit lassen, sie haben nur drei Sekunden lang "Grün". Redaktions-Praktikantin Kathrin Lang testete per Rad. Ihr Urteil: "Schön, dass die Radwege nach und nach ausgebaut werden. Das ist sicherer und stressfreier. Die neue Linksabbiegespur ist schön gemacht, leider muss man eine enge Kurve fahren, um über den vorgezeichneten Fahrradstreifen auf den Ebert-Ring zu kommen, sonst landet man auf dem Fußgängerüberweg. Steht nur ein einzelner Radfahrer an der Ampel, ist die zeitliche Taktung der Ampelschaltung wohl angemessen, bei mehreren Linksabbiegern könnte es gefährlich werden."
Nichts neues ist die Neuerung für Malte Meyn. "Ich weiß, wie's funktioniert." Der Student kennt das indirekte Linksabbiegen bereits aus anderen Städten - und probierte es gleich mal in Würzburg aus. Sein erstes Resümee: Bei mehreren Radlern sei die Aufstellspur möglicherweise etwas zu klein. "Und beim Linksabbiegen muss man einen sehr engen Bogen fahren, ist aber okay."
Kurz vor der Freigabe: Erlaubtes Radeln entgegen Einbahnrichtung
Malte Meyn und andere Radfahrer, die die Redaktion an der Kreuzung getroffen hat, finden vor allem eine weitere Neuerung "toll": Das Radeln entgegen der Fahrtrichtung in den Einbahnstraßen Peter- und Münzstraße auf der "Radachse Altstadt" Richtung Amichai-Straße und Ebert-Ring/Studentenhaus. Das praktizieren Radler dort zwar schon länger, doch jetzt wird es offiziell erlaubt. Zumindest bald. Wegen "Verzögerungen im Bauablauf in der Münzstraße", unter anderem fehlen noch Markierungen, müsse die "formale Öffnung" noch etwas warten, teilt das Rathaus auf Anfrage mit.

Der ADFC begrüßt die neue Regelung, die seit vielen Jahren gefordert worden sei. Sicherheitsprobleme sieht Thilo Wagenhöfer nicht. Sollten sich trotzdem noch Probleme zeigen, könne "durch zusätzliche Markierungen, Schilder oder Wegnahme von Stellplätzen nachgebessert werden", so der ADFC-Vertreter.
Radeln entgegen der Einbahnrichtung gibt es in der Stadt schon häufiger, beispielsweise in der Semmel- oder Karmelitenstraße. "Und das funktioniert gut. Da gibt es keine Auffälligkeiten mit Unfällen", lautet die Bilanz vom Verkehrsexperten Schneider.
Als Radfahrer wird man zu wenig wahrgenommen. Zu oft werden fähige Fahrradfahrer, die mit dem Tempo des Stadtverkehrs mithalten können, gefährlich überholt oder ausgebremst, weil das Hirn des gemeinen Autofahrers ein Fahrrad nicht als schnell einordnen kann. Und da sind wir beim Thema: Im Verkehr muss jeder aufmerksam und umsichtig sein. Der Radfahrer der kein Handzeichen gibt ist genauso problematisch, wie Fußgänger mit mangelnder Umgebungswahrnehmung und zu guterletzt Autofahrer mit mangelnder Um- und Vorsicht.
Die Markierung ist "für die Katz", da sich die wenigsten sich daran halten werden, die fahren eh über Rot.
nausgschmissenes Geld ...
Wochen in Würzburg aufgemalt wurden
sind stellenweise nicht nachvollziehbar.
Zwischen zwei PKW/LKW Fahrspuren
eine Fahrradspur - hier Sieboldstraße,
Friedrich Ebert Ring - und die Fahrspur
für KFZ auf ca. 2,8 Meter begrenzt
ist für Omnibusse und LKW-Züge
ein sehr schweres Hinderniss.
Des weiteren in der Gneisenaustraße
beiderseitig Radwege und in der
Werner von Siemens Straße den
Radweg auf die Straße zu verlegen
ist nicht nachvollziehbar.
Hier ist der Unfallschwerpunkt
auf jeden Fall erhöht.
Ja, das habe ich erst am Sonntag gegen 19 Uhr in der Domerpfarrgasse neben der Sparkassenbaustelle erlebt, als mit ein dunkelgekleideter Radfahrer ohne Beleuchtung entgegen kam.
Wie im Artikel schon geschrieben, ist das indirekte Linksabbiegen in vielen anderen Städten schon länger üblich. Ich kenne das bereits aus meiner Studienzeit in Dortmund und München und die ist jetzt auch schon gute 10 Jahre her. Funktioniert völlig problemlos.
Wer das für revolutionär oder gar einen Schildbürgerstreich hält, sollte sich dringend mal aus dem Mikrokosmus Würzburg heraus bewegen.