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Würzburg
Gewerbeaufsicht: Kein Hitzefrei am Arbeitsplatz
Die Hitze hält auch die Region Würzburg fest im Griff. Doch wer an die Schulzeit denkt und bei bestimmten Temperaturen einfach von der Arbeit nach Hause gehen will, irrt.
Wer jetzt keinen Urlaub hat, muss am Arbeitsplatz schwitzen.  Hitzefrei sieht die Arbeitsstättenverordnung nicht vor. Foto: Gettyimages
| Wer jetzt keinen Urlaub hat, muss am Arbeitsplatz schwitzen.  Hitzefrei sieht die Arbeitsstättenverordnung nicht vor. Foto: Gettyimages
Ernst Jerg
Ernst Jerg
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:54 Uhr

Große Hitze in der Innenstadt und kein Ende in Sicht: Auch in den nächsten Tagen wird es tropische Temperaturen bei über 30 Grad in Würzburg geben. Schön für den, der sich ins Freibad oder an den Badesee legen kann. Doch die Menschen, die in Würzburg und in der Region am Arbeitsplatz ausharren und Leistung bringen müssen, stöhnen unter der heftigen Hitzewelle.

Heiße Luft am Arbeitsplatz

Am Beispiel des Modehauses H&M in der Schönbornstraße wurden die Schattenseiten des andauernden Hochsommers deutlich: Eine vorhandene Raumluftanlage ist laut einer H&M -Sprecherin  an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gestoßen. Im Modehaus selbst gehen die Temperaturen laut Betriebsrat jeden Tag deutlich über die 29-Grad-Marke hinaus. Die Folgen: Umkleidekabinen, in denen die Hitze zu groß wird, müssen zum Schutz der Mitarbeiter und Kunden gesperrt werden, Ausfälle durch Krankheiten häufen sich.

Gewerbeaufsicht fordert neue Prüfberichte für Anlage

Das Gewerbeaufsichtsamt hatte den Fall unter die Lupe genommen und ordnete die Vorlage neuester Prüfberichte der Anlage zum Schutz der Mitarbeiter an.  Alle weiteren flankierenden Maßnahmen bei Temperaturen bis 30 Grad im Modehaus wie steuerbarer Sonnenschutz, Nachtauskühlung, Lüftung am kühleren Morgen und bereitgestelltes Trinkwasser  würden von H&M umgesetzt, so das Fazit der Prüfer. Nach einer Rücksprache mit dem Gewerbeaufsichtsamt ist die Hitze-Problematik in der H&M-Filiale in der Schönbornstraße ein Einzelfall im Würzburger Einzelhandel, teilt Nicolas Rupp, Mitarbeiter der Pressestelle der Regierung, auf Anfrage mit. Dem Gewerbeaufsichtsamt, eine Behörde, die der Regierung angegliedert ist, seien keine weiteren solcher Hitzefälle bekannt.

Mehr Ventilatoren und bezahlte Zusatzpausen

Mittlerweile hat die Filialleitung in der Schönbornstraße mit ersten Aktionen reagiert. Nach Angaben des Betriebsrates sind die Hälfte der heißen Strahler im Modehaus abgeschaltet. Die Verantwortlichen sind dabei, mehr  Ventilatoren zu besorgen und in einem Meeting wurde  kommuniziert, dass jeder Angestellte die vom Arbeitgeber bezahlte Zusatzpause von zehn Minuten pro Stunde nutzen soll. Die Gewerkschaft Ver.di hat sich ebenfalls eine Hilfsaktion einfallen lassen, die bei den H&M-Bediensteten gut ankam: Es gab für alle Wassersprays zur Kühlung.   Der H&M-Betriebsrat ist davon überzeugt, dass die Gewerkschaftsaktion, mit den Problemen des Modehauses bei Hitze an die Öffentlich zu gehen, Wirkung zeigte. 

Klare Vorgaben vom Gesetzgeber

Aber wie sollen die vielen Beschäftigten in der Region Würzburg bei der Arbeit mit der großen Hitze umgehen? In einer Pressemitteilung hat sich das Gewerbeaufsichtsamt dazu geäußert. Vom Gesetzgeber gebe es klare Vorgaben. Die Raumtemperaturen am Arbeitsplatz müssten für Arbeitnehmer erträglich sein. Diese Forderung sei erfüllt, wenn unter  Messbedingungen 26 Grad nicht überschritten werden. Doch auch bei höheren Temperaturen dürfe gearbeitet werden. Voraussetzung sei jedoch, dass im Betrieb geeignete Maßnahmen gegen die Hitze durchgeführt würden. Damit bestünde für die Mitarbeiter ein Anspruch auf Hitzeschutz, nicht jedoch auf „Hitzefrei“.

Abgestuftes Maßnahmenpaket

Was muss nun der Betrieb tun, wenn die Hitze am Arbeitsplatz unerträglich wird? Antwort darauf gibt laut Gewerbeaufsicht die technische Regel für Arbeitsstätten. Darin habe der Gesetzgeber ein abgestuftes Maßnahmenpaket, in Abhängigkeit von der jeweiligen Raumtemperatur, festgelegt. So soll der Dienstherr bei Raumtemperaturen zwischen 26 und 30 Grad Mindestmaßnahmen anbieten.

Fenster mit Sonnenschutzsystemen

Führe die Sonneneinstrahlung durch Fenster, Oberlichter und Glaswände zu einer Erhöhung der Raumtemperatur über 26 Grad , so müssten sie mit Sonnenschutzsystemen ausgerüstet werden. Störende direkte Sonneneinstrahlung auf den Arbeitsplatz sei zu vermeiden.

Und was passiert bei über 30 Grad?

Anders ist es da schon, wenn die Grenze von 30 Grad überschritten wird, teilt die Behörde mit. Dann müsse der Arbeitgeber durch eine Arbeitsplatzbeurteilung die weiteren Schutzmaßnahmen ermitteln und umsetzen. Einige Beispiele: Dies könne unter anderem die effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen und des Sonnenschutzes sein. Würden dagegen sogar 35 Grad am Arbeitsplatz überschritten, so seien die Tätigkeiten nur zulässig, wenn Luftduschen und zusätzliche Abkühlpausen angeboten werden.

Höheres Unfallrisiko bei Hitze

Das Gewerbeaufsichtsamt erinnert daran, dass mit dem Ansteigen der Temperaturen Leistungsfähigkeit und Konzentration der Arbeitnehmer sinken und gleichzeitig das Unfallrisiko steige. Deshalb trügen die genannten Maßnahmen und Tipps nicht nur zum erträglichen Umgang mit der Hitze, sondern auch zur Gesundheit der Mitarbeiter und der Qualität der Arbeitsergebnisse bei.

Das empfiehlt das Gewerbeaufsichtsamt für die Tage mit tropischen Temperaturen
Rücksicht auf besondere Personengruppen nehmen: Werdende oder stillende Mütter, ältere und gesundheitlich gefährdete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Nachtabkühlung nutzen: Intensive Raumlüftung in den Abend- oder Morgenstunden; früher mit der Arbeit beginnen, zusätzliche Pausen einlegen; Nutzung der Gleitzeitregelung zur Verlagerung der Arbeitszeit. Direkte Sonneneinstrahlung vermeiden: Bei Arbeiten im Freien geeignete Kleidung und Kopfschutz tragen; unbedeckte Haut mit Sonnenschutzmitteln versehen. Bei Arbeiten in Gebäuden Sonnenjalousien benutzen; rechtzeitig und ausreichend Wasser, Säfte, Früchtetees oder Saftschorlen zu sich nehmen (2 bis 3 Liter pro Tag), Mineralverlust durch geeignete Lebensmittel ausgleichen. Richtige Kleidung: Keine enganliegende, sondern helle, lockere Kleidung tragen und auf die Krawatte verzichten.
 
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Kommentare
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  • H. K.
    Habe seit April [!] jeden Tag über 30 im Büro, inzwischen 34 und drüber von 13:00 bis 21:00. Kein einziges WORT vom Arbeitgeber.
    Maßnahmen? Haha.
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  • T. M.
    Verdi oder andere Gewerkschaft informieren, Gewerbeaufsichtsamt informieren. Dann geht das ganz schnell.
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  • K. K.
    Langsam frage ich mich, wie Menschen in wärmeren Gegenden überleben. So ein Aufriss wegen der paar Grade und Tage im Jahr.
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  • R. Ö.
    Es wird im Artikel nur erwähnt, welche Maßnahmen man gegen die Temperaturen am Arbeitsplatz ergreifen könnte! Von einem Aufriss konnte ich nichts feststellen!
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  • T. M.
    Waren sie noch nie in Spanien? Erstens gibt es da viel mehr Klimaanlagen und dann auch noch Siestas!
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    Arbeiten Sie unter solchen Bedingungen?
    Oder ist Ihr Kommentar ein Beispiel dafür, daß nichts zu schwer ist für den, der es nicht selbst machen muß?
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