Die Entscheidung ist gefallen: Die Sammlung „Die Maler der Brücke“ von Hermann Gerlinger bleibt dauerhaft im Buchheim Museum am Starnberger See. In Würzburg sollen die Werke deutscher Expressionisten regelmäßig in Wechselausstellungen auf der Festung zu sehen sein.
Gerlinger: „Das ist eine gute Lösung“
„Das ist für alle Beteiligten eine gute Lösung“, sagt der 86-jährige Gerlinger gegenüber dieser Zeitung. Denn die Suche nach einer dauerhaften, adäquaten Unterbringung in seiner Heimatstadt Würzburg war nicht erfolgreich. „Obwohl sich Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Landtagsabgeordneter Oliver Jörg stark darum bemüht haben“, so Gerlinger.
Aber weder kurz- noch langfristig gebe es für seine Sammlung mit derzeit 1030 Werken geeignete Ausstellungsflächen in der Stadt. Oberbürgermeister Schuchardt sagt dazu auf Anfrage dieser Zeitung: „Die Sammlung selbst als eigenes Museum ist einerseits nicht füllend und braucht andererseits eine Verschränkung mit anderen Sammlungen, die thematisch passt. Das ist in Würzburg nicht gegeben.“
Sammlung passt nicht ins Konzept des Fränkischen Landesmuseums
Nachdem der Würzburger den Leihvertrag mit der Moritzburg in Halle/Saale Ende vergangenen Jahres gekündigt hatte, war die Hoffnung entstanden, die Aquarelle, Zeichnungen, Druckgrafiken und Gemälde eventuell im Museum für Franken unterzubringen. Die Würzburger Festung wird innerhalb der kommenden zehn Jahre zu diesem neuen Museum des Freistaats umgebaut. Doch diese Möglichkeit wurde inzwischen verworfen.
Main-Post, 15. November 2016: Sammlung Gerlinger verlässt Moritzburg - Chance für Würzburg?
Main-Post:, 3.März 2017: Gerlinger-Bilder (noch) nicht in Würzburg
Der Gründungsdirektor des Landesmuseums, Erich Schneider, erklärt, dass eine dauerhafte Einbettung aller Werke der expressionistischen Sammlung nicht ins Konzept des Museums für Fränkische Geschichte passe. „Das hätte dem Museum konzeptionell ein völlig anderes Gesicht gegeben“, sagt Schneider.
Sonderausstellungen auf der Festung
Ins Buchheim Museum in Bernried passt die Gerlinger-Sammlung dagegen thematisch perfekt. In dem modernen Bau am Starnberger See werden die Expressionisten von Lothar-Günther Buchheim (1918 bis 2007) ausgestellt. Die Sammlung des Künstlers und Autors („Das Boot“) punktet mit bedeutenden Hauptwerken von „Brücke“-Künstlern, die Gerlinger-Sammlung mit der breiten und tiefen Erschließung des Themas.
„Die Werke meiner Sammlung gewinnen durch die Buchheims und umgekehrt“, sagt Gerlinger.
Zunächst hatte Gerlinger den Leihvertrag mit dem Buchheim Museum auf zehn Jahre befristet. Jetzt wird diese Befristung aufgehoben. Darüber sich der Leiter des Museums, Daniel J. Schreiber, riesig: „Das ist unsere größtes Glück.“ Die erste Ausstellung, „Brückenschlag: Gerlinger – Buchheim“, die aus beiden Sammlungen konzipiert ist, wird Schreiber am 28. Oktober eröffnen.
Demnächst sollen solche Ausstellungen des Buchheim Museums auch in Würzburg zu sehen sein. Denn Gerlinger ist es wichtig, dass die unterfränkischen Kunstfreunde nicht leer ausgehen. Deshalb habe er mit dem Buchheim Museum vereinbart, dass diese in regelmäßigen Abständen ans Landesmuseum auf der Festung ausgeliehen werden. „Damit kommen Kulturinteressierte in den Genuss kunsthistorisch interessanter Werke aus beiden Sammlungen“, sagt der Würzburger.
„Die Sammlungen ergänzen sich auf perfekte Weise“
Gründungsdirektor Schneider begrüßt die gefundene Lösung sowohl aus kunsthistorischer als auch aus museal-konservatorischer Sicht. „Denn die Sammlung Gerlinger und die Sammlung Buchheim ergänzen einander auf geradezu perfekte Weise und steigern die Bedeutung des jeweils anderen Sammlungsteils“, sagt Schneider, der auch Mitglied im Stiftungsrat der Buchheim Stiftung ist.
„Eine wunderbare Erweiterung“ sei es dagegen, wenn in Zusammenarbeit mit dem Buchheim Museum Sonderausstellung mit expressionistischen Werken zeitlich und räumlich begrenzt auf der Festung präsentiert würden. Vorstellbar sei das ab 2019.
Für Landtagsabgeordneten Oliver Jörg ist das „eine gute Lösung“. Ihm ist vor allem wichtig, „dass die Sammlung auch in längerer Zukunft in Würzburg zu sehen sein wird.“ Denn Versuche, die Werke in ein eigenes Museum nach Würzburg zu holen, waren in den 90er und 2000er Jahren unter anderem am Geld gescheitert. Deshalb freut sich Jörg jetzt, dass Gerlinger sich für Sonderausstellungen in Würzburg einsetzt.
OB Schuchardt: „Aus städtischer Sicht geht es darum, möglichst häufig Bilder oder ganze Ausstellungen in Würzburg zeigen zu können. Wenn dies gelingt, ist damit die Sammlung präsenter und näher in Würzburg als jemals zuvor."
„Die Maler der Brücke“
Die Sammlung widmet sich den Werken der expressionistischen Künstlergruppe "Brücke", die von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Fritz Bleyl 1905 in Dresden gegründet wurde. Etwas später kamen weitere Maler wie Emil Nolde, Max Pechstein und Otto Mueller dazu. Der expressionistische Stil zeichnet sich durch den freien Umgang mit Farbe und Form und die Auflösung der traditionellen Perspektive aus.
Hermann Gerlinger hat gemeinsam mit seiner Frau Hertha über 1030 Werke aus allen Schaffensphasen der Künstler - von den Anfängen über den gemeinsamen Gruppenstil bis hin zum individuellen Spätwerk gesammelt. Darunter Gemälde, Zeichnungen, Holzschnitte, Aquarelle, Skulpturen sowie persönliche Dokumente. Das Ehepaar lebt in Würzburg.
Von 1995 bis 2001 war die Sammlung im Museum Schloss Gottorf, dem Landesmuseum von Schleswig-Holstein, erstmals öffentlich zu sehen. Danach kam sie in das Kunstmuseum Moritzburg in Halle an der Saale. Bis dort ein Bild verschwand und der Sammler seinen Leihvertrag Ende 2016 auflöste. Im Frühjahr 2017 wurden die Werke ins Buchheim Museum in Bernried am Starnberger See gebracht. Das 2001 eröffnete Museum beherbergt die Expressionisten-Sammlung des Autors und Künstlers von Lothar-Günther Buchheim. Träger ist die Stiftung Buchheim.