Die weltberühmte Kunst-Sammlung des Würzburgers Hermann Gerlinger kommt frühestens in zehn Jahren nach Unterfranken. Gerlinger erklärte am Freitag gegenüber dieser Redaktion, dass das Buchheim Museum am Starnberger See zunächst die neue Heimat seiner Sammlung „Die Maler der Brücke“ sein wird. Nachdem vergangenen November bekannt wurde, dass die über 1000 expressionistischen Werke im Frühjahr aus der Moritzburg in Sachsen-Anhalt ausziehen werden (wir berichteten), hatten Kunstfreunde in der Region auf eine neue Chance für Würzburg gehofft.
„Die Tür für Würzburg ist mit der Entscheidung für das Buchheim Museum in Bernried aber nicht geschlossen“, betont der 85 Jahre alte Sammler. Im Gegenteil: „Der Leihvertrag ist auf zehn Jahre befristet, weil es mein Wunsch ist es, dass die Sammlung langfristig nach Würzburg kommt.“ Dafür setzen sich auch Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt und CSU-Landtagsabgeordneter Oliver Jörg ein.
Langfristig in Würzburg
„Da die Museen in Würzburg aktuell keine geeigneten Räumlichkeiten bieten, wird das gemeinsame Ziel verfolgt, in Würzburg im Laufe der nächsten zehn Jahre eine adäquate Unterbringungsmöglichkeit zu schaffen“, erklärt das Rathaus in einer Stellungnahme. Oberbürgermeister Christian Schuchardt freue sich sehr, „dass das Ehepaar Gerlinger die Weichen so gestellt hat, dass die berühmte Sammlung langfristig in Würzburg ein Zuhause finden kann“.
Dieses könnte möglicherweise die Festung Marienberg werden. Bis 2024 will der Freistaat dieses für rund 100 Millionen Euro zum Fränkischen Landesmuseum umbauen. Landtagsabgeordneter Jörg steht seit einigen Wochen im Austausch mit dem Bayerischen Kultus- und dem Finanzministerium. „Unter Einbindung von Gründungsdirektor Erich Schneider soll jetzt geprüft werden, ob die Sammlung konzeptionell wie räumlich in das neue Museum für Franken integrierbar wäre“, sagt Jörg. Er betont, dass die Gründungsmitglieder der „Brücke“ Verbindungen nach Franken hatten. Zur Sammlung zählt etwa die „Landschaft mit drei Brücken“, die Erich Heckel nach einem Würzburger Motiv malte.
Die Präsentation seiner Sammlung in einem Teil des rund 11 500 Quadratmeter großen Landesmuseums auf der Festung wäre auch im Sinne Gerlingers. „Ich bin sehr dankbar, dass sich Oberbürgermeister Schuchardt und Landtagsabgeordneter Jörg so engagiert dafür einsetzen, dass die Sammlung dauerhaft auf die Festung und damit in meine Heimatstadt kommt.“ Frühere Versuche für die über 1000 Gemälde, Druckgrafiken und Aquarelle ein Museum in Würzburg zu finden, waren mehrfach gescheitert. Aber dieses Mal sei man auf einem guten Weg, erklärt Gerlinger.
Jetzt freut sich der Kunstfreund aber erst einmal auf die Zusammenarbeit mit dem Buchheim Museum. Dieses wurde 1999 für die expressionistische Sammlung von Lothar-Günther Buchheim (1918 bis 2007) gebaut. „Unsere beiden Sammlungen ergänzen sich ganz hervorragend“, sagt Gerlinger, der den Künstler und Autor („Das Boot“) Buchheim in den 50er Jahren persönlich kennen lernte.
Ausstellung im Oktober
„Mit dem Umzug der Sammlung Gerlinger nach Bernried wird das Buchheim Museum deutlich und nachhaltig an Anziehungskraft gewinnen“, erklärt das Museum Buchheim in einer Pressemitteilung, nachdem der Stiftungsrat der Buchheim Stiftung am Donnerstag das Leihangebot Gerlingers angenommen hat. „Der Stern des Buchheim Museums wird mit der Sammlung Gerlinger noch heller leuchten.“
Buchheim könne mit glanzvollen frühen Hauptwerken der Brücke-Künstler punkten. Gerlinger würde das Thema systematisch in seiner gesamten historischen Tiefe und Breite der Gattungen erschließen. Durch die Zusammenführung der beiden Bestände nehme die Bedeutung des Buchheim Museums als Hauptmuseum des deutschen Expressionismus in Süddeutschland weiter zu. Der Schwerpunkt „Brücke“ umfasst im Buchheim Museum künftig mehr als 2000 Werke der 1905 in Dresden gegründeten Künstlergruppe.
Die Ankunft der neuen Kunstwerke wird im Oktober mit einer großen Auftaktausstellung gefeiert. Unter dem Titel „Brückenschlag: Gerlinger – Buchheim“ ist im Oktober die erste große monografische Zusammenschau beider Sammlungen auf 1500 Quadratmetern geplant.
Hermann Gerlinger und seine Sammlung
Die Sammlung ist den Malern der expressionistischen Künstlergruppe „Brücke“ gewidmet: den Gründern Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Fritz Bleyl sowie den später beigetretenen Künstlern Emil Nolde, Max Pechstein, Cuno Amiet, Akseli Gallen-Kallela und Otto Mueller.
In ihrer Geschlossenheit ist die Sammlung nahezu einzigartig. Auf höchstem qualitativem Niveau vereint sie 1030 Werke aus allen Schaffensphasen der Künstler – von den Anfängen über den gemeinsamen Gruppenstil bis hin zum individuellen Spätwerk. Zur Sammlung gehören Gemälde, Zeichnungen, Holzschnitte, Aquarelle, Skulpturen und persönliche Dokumente.
Von 1995 bis 2001 war die Sammlung im Museum Schloss Gottorf, dem Landesmuseum von Schleswig-Holstein, erstmals öffentlich zu sehen. Danach kam sie in das Kunstmuseum Moritzburg in Halle an der Saale. Professor Hermann Gerlinger, 1931 geboren, begann seine Sammeltätigkeit in den 1950er Jahren während seines Ingenieurstudiums in München. Danach führte er den mittelständischen Betrieb seines Vaters in Würzburg weiter.
Gemeinsam mit seiner Frau Hertha baute er die Sammlung weiter auf. 1995 erhielt Gerlinger aufgrund seiner Verdienste um die Erforschung der „Brücke“ den Ernst-Ludwig-Kirchner-Preis des Kirchner Museums Davos. Das Ehepaar Gerlinger lebt in Würzburg. gam