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WÜRZBURG
Genussbotschafter sollen Kinder herausfordern
Lecker und gesund: Bei den Fortbildungen der Sarah-Wiener-Stiftung wie hier in der Schulküche der Kolpingschule geht es darum, Kindern und Jugendlichen ein Gespür für sinnvolles und gesundes Verhalten beim Kochen und Essen zu geben. Erzieher und Pädagogen folgen den Rezepten der Köchin Sarah Wiener.
Foto: Thomas Obermeier | Lecker und gesund: Bei den Fortbildungen der Sarah-Wiener-Stiftung wie hier in der Schulküche der Kolpingschule geht es darum, Kindern und Jugendlichen ein Gespür für sinnvolles und gesundes Verhalten beim Kochen und ...
Regina Urbon
 |  aktualisiert: 27.04.2023 03:06 Uhr

Omas Küche mit selbst gemachten Knödeln zu Schweinebraten und Blaukraut – welches Kind, welcher Teenager kann heutzutage noch ein solches Gericht kochen? Oder Gemüse und Salat zu leckerem Hähnchengeschnetzeltem? Kann der Nachwuchs überhaupt kochen?

Viele Kochfertigkeiten gehen verloren, das wissen die Pädagogen der Adolph-Kolping-Schule, in der Mädchen und Jungen mit hohem sonderpädagogischen Förderbedarf beschult und betreut werden. Und so stehen auf dem Stundenplan neben den üblichen Lernfächern auch Zeiten für die Schülerfirma.

„Mich berührt, dass immer mehr Kinder noch nie eine selbst gekochte Mahlzeit gegessen haben“
Sarah Wiener, Stiftungsgründerin und Köchin

In dieser geht es um regionales und saisonal ausgerichtetes Einkaufsverhalten, auch um das Herrichten von Pausensnacks bis hin zum Catering. Das Ganze gipfelte in diesen Tagen in einer Kochveranstaltung für die Pädagogen in der Schulküche. Die Lehrer sollen das erworbene Wissen an ihre Schüler weitergeben. Brühe aus Gemüseresten gehört ebenso dazu wie Rotkohlsalat mit Granatapfel, Herbst-/Wintersalate mit Fisch und Gemüsequiche mit Kartoffeln und Äpfeln.

Dass sich die Lehrer ohnehin über die Schülerfirma so um die Jugendlichen bemühen, erfuhr die Sarah-Wiener-Stiftung (Berlin) übers Internet. Die Stiftung wandte sich an die Schule und bot das Fortbildungsseminar in der Küche an.

Gemüsequiche mit Kartoffeln und Äpfeln selber kochen

Sarah Wiener, Stiftungsgründerin und Köchin, erklärt auf ihrer Homepage: „Mich berührt, dass immer mehr Kinder an ernährungsbedingten Krankheiten leiden oder noch nie eine selbst gekochte Mahlzeit gegessen haben. Denn in immer weniger Haushalten wird gekocht. So verlieren nachfolgende Generationen wichtige Kompetenzen im Bereich Ernährung. Mit unserem Bildungsprogramm möchte ich dem praktisch entgegenwirken.“

So gibt es eine Kooperation der Stiftung mit der Barmer Ersatzkasse, mit zahlreichen pädagogischen Einrichtungen und nun auch der Kolpingschule in der Würzburger Goerdelerstraße. Ziel war es, Multiplikatoren anzusprechen und ihnen zu vermitteln, wie ihre Schützlinge einfach, kostengünstig, vor allem aber gesund und auch lecker Essen zustande bringen. Beispiele zum Weitergeben also, zu denen Spaß und Neugierde gehören – beim Selberkochen.

Elf Lehrer und Erzieher, Frauen und Männer (davon fünf der Kolpingschule), waren dabei, und so wurde in der Schulküche geschnippelt, was das Zeug hielt, wurden Hintergründe – woher kommen die Zutaten, worauf ist zu achten – erläutert. In einem zweiten Schritt werden die Kinder Freude am Kochen erleben und durch ihr Tun auch mehr Selbstbewusstsein erhalten, weil ihnen etwas gelingt.

Die Barmer stellt fest: „Bereits 1,9 Millionen Kinder in Deutschland sind übergewichtig, 800 000 davon sogar fettleibig. Vor zehn Jahren waren es noch halb so viele.“ Kinder mit einem Bewusstsein für gutes Essen und natürliche Lebensmittel, heißt es in einem Prospekt der Barmer zum Thema, „werden auch als Erwachsene anders mit dem Thema Ernährung umgehen. Denn die in der Kindheit erlernten Essgewohnheiten behalten sie in der Regel mit geringen Variationen ein Leben lang bei. Deshalb ist es für die Kinder äußerst wichtig, schon früh gesundheitsförderliches Essverhalten kennenzulernen und dabei tatkräftig unterstützt zu werden. Weil wir heute wissen: Bei einer ausgewogenen Ernährung sind Kinder fit und weniger anfällig für Krankheiten.“

Die so von der Sarah-Wiener-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Barmer ausgebildeten Pädagogen und darüber hinaus auch Erzieherinnen aus Kindertagesstätten nennt die Barmer „Genussbotschafter“.

Kartoffelpufferfest, Syrisches Essen, gekocht von 8. und 9. Klasse für die gesamte Schule, mit Hähnchenkeulen, Gewürzreis, Minztee, arabischem Salat und zum Nachtisch arabischem Schichtpudding – die Schule ist längst auf dem Weg, ihren Schützlingen zum richtigen Essverhalten auch noch Zusammenhänge zu vermitteln – auch den Blick über den Zaun zu den Nachbarn: beispielsweise den Flüchtlingen aus Syrien, die nebenan untergekommen sind.

Die Schülerfirma mausert sich: Ab sofort ist die Abo-Kiste Schwarzach beauftragt, frische Saisonware anzuliefern, und dieses Jahr soll ein Schulgarten entstehen. Die Schüler – Mitarbeiter der Firma – kaufen selbst ein und rechnen selbst ab, erläutert Schulleiter Andreas Feiler. Zwar erhalten die Schüler ihr Mittagessen außerhalb der Schule, aber dass sie es selbst kochen können, beweisen sie immer wieder neu.

Köchin und Buchautorin Sarah Wiener setzt sich mit ihrer gemeinnützigen Stiftung für gesunde Kinder „und etwas Vernünftiges zu Essen“ ein. Weitere Infos: www.sarah-wiener-stiftung.de

 
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    Ich kenne beruflich viele Häuser von innen. Sehe oft sehr teure aufwändige Küchen, genutzt aber nur als Abstellfläche für die Kaffeemaschine.
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    wenn ihre Eltern nicht kochen. Aber warum nicht? Es ist ein Teufelskreis: Ein verdienst reicht nicht, also arbeiten gehen. Aber essen gehen, FastFood, Restaurant usw ist unter dem Strich immer teurer als selbst kochen. Mittags nicht daheim, abends keine Zeit zum Kochen. Selbstverwirklichung? Kinder in die KiTa, egal was es kostet? Daheimbleiben, um Kinder zu erziehen? Ist doch nicht mehr modern. Mehrfamilienhaus, damit Oma und Opa daheim sind? Es wird langsam Zeit, sich wieder auf alte und vor allem bewährte Werte zu besinnen. Es ist nicht alles gut, was heute für modern gehalten wird. Es war aber auch nicht alles schlecht, was heute abgelehnt wird, was wir (Generation geb. Ende 40er) und und unsere Eltern getan haben. Aber dazwischen gibt es einen vernünftigen Kompromiß.
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