Wie hieß nochmal der Kollege ein Stockwerk tiefer? Und wie lautete gleich nochmal das Passwort für den Computer? Gedächtnisprobleme kannte Fabian Saal früher auch gut. Als Schüler konnte er sich selbst die eigene Telefonnummer kaum merken. Doch dann stieß er in einem Buch auf Lerntechniken wie die Loci-Methode. "Schlagartig konnte ich mir innerhalb kürzester Zeit 50 Ziffern einprägen," sagt Saal. Ein Schlüsselerlebnis für ihn."Ich war total begeistert. Plötzlich hatte ich eine Eins in Geschichte."
Sich mit der Loci-Methode Einkaufslisten oder Biochemie einprägen
Fabian Saal kommt ursprünglich aus Junkersdorf (Lkr. Haßberge) und hat in Würzburg Molekularbiologie und Medizin studiert. Mittlerweile hat sich der 31-Jährige selbstständig gemacht und die Plattform "HappyHippocampus" gegründet. Dort erklären er und seine Freundin Felicitas Schneider mithilfe von Videos Biochemie und Anatomie für Medizinstudenten.
"Unser Steckenpferd ist der so genannte Gedächtnispalast", erklärt Saal. "Das nennt sich auch Loci-Methode. Dafür stellt man sich einen bekannten Raum vor und legt da das Wissen in Form von Bildern ab." Dabei kann diese Methode nicht nur beim Anatomie-Lernen helfen, sondern auch als imaginäre Einkaufsliste. "Ich suche mir an meinem Körper markante Punkte aus und stelle mir dann vor, dass beispielsweise Tomaten unten an meinen Füßen kleben. Das fühlt sich eklig an", erklärt Saal. "Je abgefahrener das Bild ist, desto leichter kann man es sich merken: Eine Gurke steckt im Knie und ich reibe mir meine schmerzende Hüfte mit Zucker ein." Auch Zahlen wandelt Saal in Bilder um. Die Null wird zu einem Osterei, die Eins zu einem Zauberstab und die Vier stellt er sich als vierbeinigen Stuhl vor.
Gedächtnissport: Sich möglichst schnell Namen, Zahlen und Daten einprägen
Saal ist ein ehrgeiziger Mensch und misst sich gern im Sport. Früher spielte der über zwei Meter große Geschäftsführer Basketball in der zweiten Regionalliga. Dann verlegte er sich auf Gedächtnissport, bis er schließlich an Weltmeisterschaften teilnahm. 2015 stellte Saal einen Weltrekord auf: In zufälliger Reihenfolge ließ er sich die ersten 100 Nachkommastellen von Pi abfragen. 35 Sekunden brauchte er dafür. Auch am Weltrekord im Merken von Farbfolgen versuchte sich Saal in diesem Jahr.
Der klassische Gedächtnissport umfasst zehn Disziplinen, in denen sich Teilnehmer zufällige Zahlen, Namen oder Gesichter einprägen. "Der Klassiker ist das Merken von Spielkartendecks. Alles, was man nicht vorbereiten kann. Dann geht es darum, sich das möglichst schnell einzuprägen", erläutert Saal. Mittlerweile wird die Sportart immer beliebter, vor allem in China. Dort werden Gedächtnissportler sogar vom Staat gefördert.
Zum Auswendiglernen ist kein Naturtalent nötig
Im Studium ging Saal hingegen strategisch vor. "Ich wollte nicht die Eins, sondern einfach durchkommen. Im Medizin-Studium konnte ich zu 90 Prozent mit meinen Lerntechniken den Inhalt abdecken." Einen Blackout hatte Saal mit seiner Methode laut eigener Aussage nie. Vor allem in mündlichen Prüfungen würden die Lerntechniken Panik verhindern. "Das ist wie ein legaler Spickzettel. Das kommt daher, dass einem bei der Loci-Methode der vorgestellte Ort so vertraut ist. Selbst bei Prüfungsangst kann man sich noch daran erinnern, wie das eigene Zimmer aussieht und dann kommen auch automatisch die Bilder."
Wieso Saal seine Merktechniken bekannter machen will? "Alle diese Tricks stammen nicht von mir. Schon Redner wie Cicero benutzten die Loci-Methode", stellt Saal klar. Deshalb findet er es verwunderlich, dass die Techniken so unbekannt sind und in der Schule keine Rolle spielen. "Wir wollten die Methode raus an die Leute bringen", erklärt Saal. Auch deshalb gründete er die Lernplattform "HappyHippocampus". Nach positiver Resonanz wollen er und Schneider ihr Angebot auf andere Studiengänge und Schulen ausweiten. Zudem bieten die beiden auch allgemeine Lern-Workshops und Vorträge für Firmen oder Schulen an.
Doktorarbeit über die Effizienz von Merktechniken
Dabei sagt Saal von sich selbst, dass er kein gutes Gedächtnis habe. "Ich weiß, wie es ist, wenn man nicht so gut lernt und wie viel Zeit und Stress das kostet", betont Saal."Ich denke das kann motivierend für andere sein, weil es beweist, dass die Techniken funktionieren. Das will ich Leuten weitergeben." Nebenher schreibt Saal auch noch an zwei Doktorarbeiten. Darin untersucht er, wie sich seine Lernvideos auf die Noten von Studenten auswirken – um die Effizienz seiner Methoden auch wissenschaftlich belegen zu können.