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WÜRZBURG
Gedenkstele: Eine Station der Erinnerung
Enthüllung einer Gedenkstele für Juden: Die Stele im Kaisergärtchen erinnert an frühere jüdische Geschäfte, Praxen und Kanzleien in der Kaiserstraße. Die Enthüllung nahmen der Oberbürgermeister der Stadt Würzburg Christian Schuchardt und der Künstler Matthias Braun vor.
Foto: Alexander W. Kraus | Enthüllung einer Gedenkstele für Juden: Die Stele im Kaisergärtchen erinnert an frühere jüdische Geschäfte, Praxen und Kanzleien in der Kaiserstraße.
vga
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:44 Uhr

Ein weiterer wichtiger Punkt der Würzburger Gedenkkultur an die Opfer des Nationalsozialismus ist am Freitag entstanden. Mit einer Stele am Kaisergärtchen wird an die von den Nationalsozialisten vertriebenen jüdischen Geschäftsleute in der Kaiserstraße erinnert. Auf der von den beiden Architekten Matthias Braun und Juhani Karanka entworfenen Stele, sind die damals in der Straße ansässigen jüdischen Geschäfte dokumentiert.

Erben hatten die Idee

Angestoßen wurde die Idee einer Gedenkstelle an die lebendige und integrale jüdische Geschäftswelt in der Kaiserstraße von John Stern, dessen Großvater Bruno Stern zusammen mit Gerson Haas eine angesehene Rechtsanwaltskanzlei in der Kaiserstraße betrieb. Bis Bruno Stern deportiert und die Kanzlei von den Nationalsozialisten aufgelöst wurde. Es war dann vor allem die Projektgruppe „Wir wollen uns erinnern“ und das Johanna-Stahl-Zentrum, die die Errichtung einer Gedenkstele vorantrieben.

Oberbürgermeister Christian Schuchardt eröffnete die Einweihung mit einer Rede, in der er die Errichtung als „ein deutliches Signal gegen Hetze und Parolen“ bezeichnete. Gerade in Bezug auf gesellschaftliche Tendenzen, in denen Rassismus und Antisemitismus wieder salonfähig würden, sei es seiner Ansicht nach umso dringender ein Zeichen zu setzen, wofür die Würzburger Stadtgesellschaft stehe. Und für diese so bekräftigt er, sei die jüdische Gemeinschaft ein fester Bestandteil der Stadtgesellschaft in Würzburg.

Familienbetriebe prägten lange das Straßenbild

Im Anschluss daran gab Rotraud Ries vom Johanna-Stahl-Zentrum für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken eine Einführung in die Zeitgeschichte, in der die jüdische Geschäftswelt ein ökonomisches Schwergewicht in der Kaiserstraße darstellte. 20 jüdische Betriebe, zum Teil in traditionellen Familienbesitz befindlich, prägten das Straßenbild lange Zeit.

Es waren Ärzte- und Anwaltspraxen, Versicherungen, Weinhandlungen und Textilhandwerksbetriebe die die jüdischen Gewerbetreibenden dort unterhielten. Bis 1938 war es den Nationalsozialisten dann gelungen nach und nach durch Enteignung und politischen Druck auch das letzte jüdische Geschäft zum Schließen zu bringen.

Biografien jüdischer Geschäftsleute

Rotraud Ries erzählte exemplarisch einige Biografien jüdischer Würzburger Geschäftsleute. Sie dokumentierte die Entstehungsgeschichte der Familienbetriebe, deren langjähriges generationenübergreifendes Bestehen, beschrieb deren Gemeinnützigkeit und das soziale Engagement vieler Gewerbetreibenden und endete bei deren Vertreibung und Deportation.

Die Mehrzahl konnte den Deportationen entgehen und ins Ausland emigrieren. Ein wichtiger Aspekt für Rotraud Ries. „Es ist wichtig den Fokus nicht nur auf die Verfolgten und Ermordeten zu richten, sondern auch eine Erinnerungskultur an die Überlebenden zu etablieren“, erklärt sie.

John Stern und Michael Haas, die Enkel der Rechtsanwaltskanzlei von Bruno Stern und Gerson Haas, die nun in Amerika und Großbritannien leben, sprachen am Mikrofon von einem Geist der Versöhnung und dass eine neue Generation nichts für die Sünden der Elterngeneration könne. Dass die Stele, aber als Mahnmal dafürstehe, dass sich so etwas nie mehr wiederhole. „Unser Großvater hätte dem zugestimmt“, verkündet Michael Haas. Am Ende identifizierten sich beide in Anlehnung an das Zitat von John F. Kennedy mit der Stadt und sprachen gemeinsam „Wir sind Würzburger“.

 
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